Tanz der Hexen
zweier Mitglieder des Ordens, die uns allen nicht nur lieb und teuer sind, sondern überdies unschätzbare, erfahrene Ermittler, Vorbild für Novizen und Postulanten.
Wir geben uns selbst die Schuld. Aaron, wir haben Ihnen nicht alles gesagt, was den Fall der Mayfair-Hexen angeht. Wir wollten Ihre Aufmerksamkeit auf die Familie Mayfair konzentrieren und hielten deshalb gewisse relevante Informationen über die Legenden von Donnelaith zurück, genauer gesagt, über die Kelten in jener Gegend von Nordbritannien und Irland. Jetzt sehen wir ein, daß wir von Anfang an deutlicher und offener hätten sein sollen.
Bitte verstehen Sie, daß der Orden niemals die Absicht hatte, Sie zu manipulieren oder auszubeuten. Im Sinne einer guten Ermittlungsarbeit widerstrebte es uns, Ihnen Mutmaßungen oder Verdächtigungen zu präsentieren, um nicht selbst die Antworten auf unsere eigenen Fragen zu beeinflussen.
Wir wissen jetzt, daß wir in einem sehr praktischen Sinne eine Fehleinschätzung begangen haben. Sie haben uns verlassen. Und wir wissen auch, daß dies nicht etwas ist, das Sie jemals leichten Herzens getan hätten. Auch hier lastet die Schuld an dieser Tragödie auf uns.
Lassen Sie uns nun zum entscheidenden Punkt kommen. Sie sind nicht länger Mitglied der Talamasca. Sie sind exkommuniziert; dies bedeutet schlicht, daß Sie ehrenhaft aus dem Orden entlassen werden, enthoben aller Privilegien, Verpflichtungen. Gleichzeitig haben Sie keinen Zugang zu den Archiven mehr und müssen auf die Unterstützung des Ordens verzichten.
Sie haben nicht mehr die Erlaubnis, Unterlagen zu benutzen, die Sie zusammengestellt haben, während Sie sich unter unseren Fittichen befanden. Kenntnisse über den Fall der Mayfair-Hexen, die Sie bereits haben oder vielleicht noch gewinnen werden, dürfen Sie weder vervielfältigen noch erörtern noch in Umlauf bringen. Es ist unser Wunsch, dies ausdrücklich klarzustellen.
Die Ermittlungen zum Fall der Mayfair-Hexen liegen jetzt in den Händen Erich Stolovs und Clement Norgans sowie einiger anderer Männer, die in anderen Weltgegenden mit diesen beiden schon zusammengearbeitet haben. Sie werden nunmehr Kontakt mit der Familie aufnehmen – ohne Ihre Hilfe und unter Offenbarung des Umstandes, daß Sie nichts mehr mit uns zu tun haben und daß sie mit Ihnen in keiner Verbindung stehen.
Wir bitten Sie nur um eines. Greifen Sie nicht ein in das, was jetzt geschehen muß. Wir befreien Sie von allen Verpflichtungen. Aber Sie dürfen für das, was wir zu tun haben, nicht zum Hindernis werden. Es ist uns ein großes und drängendes Anliegen, daß dieses Wesen namens Lasher gefunden werde. Unsere Mitglieder haben ihre Anweisungen. Bitte begreifen Sie, daß sie fortan keine weitere Rücksicht auf Sie nehmen werden.
Irgendwann in der Zukunft werden wir Sie beide einladen, ins Mutterhaus zurückzukehren, um (auf schriftlichem Wege) Ihre Desertion und die Möglichkeit eines Wiedereintritts und der Erneuerung Ihrer Gelübde zu besprechen.
Nun aber müssen wir Ihnen im Namen Ihrer Brüder und Schwestern in der Talamasca, im Namen des neuen Generaloberen Anton Marcus, und im Namen unser aller, die wir Sie lieben und schätzen und die wir betrübt sind, daß Sie nicht länger zu unserer Herde gehören, Lebewohl sagen.
Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß zu gegebener Zeit und durch die entsprechenden Kanäle großzügige Mittel auf Ihre Konten deponiert werden, um Sie für den Trennungsaufwand zu entschädigen. Dies ist die letzte materielle Unterstützung für Sie von der… Talamasca
Yuri faltete die glatten Blätter zusammen und steckte sie in die Jackentasche zu seinem Revolver.
Er blickte auf und schaute Aaron an, der ruhig, ungerührt und nachdenklich wirkte.
»Ist es meine Schuld?« fragte er. »Daß du so schnell exkommuniziert wurdest? Hätte ich nicht kommen sollen-?«
»Nein. Laß dir von diesem Wort nicht bange machen. Ich wurde exkommuniziert, weil ich mich geweigert habe, von hier wegzugehen. Ich wurde exkommuniziert, weil ich nicht aufgehört habe, mich in Amsterdam zu erkundigen, was hier eigentlich vor sich geht. Ich wurde exkommuniziert, weil ich aufgehört habe, ›zu wachen und immer da zu sein‹. Ich bin froh, daß du hier bist, denn jetzt wird mir bang um alle meine Brüder und Schwestern. Ich weiß nicht, wie ich es ihnen sagen soll. Aber du, der du mir neben David der liebste warst, du bist hier, und du weißt, was ich weiß.«
»Was heißt das, du hast Angst um deine Brüder
Weitere Kostenlose Bücher