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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Haut, durch die Fontanelle, durch die Öffnung, die sich nicht geschlossen hatte, bohrte sich die Eisenklaue. Der Mund des Wesens formte sich zu einem makellosen Oval des Erstaunens. Das Blut spritzte in die Höhe wie aus einem Springbrunnen. Lasher riß die Hände hoch, als wolle er den Schwall zurückhalten, und wich zurück, als ihm das Blut in die Augen lief.
    Michael hebelte die Hammerklaue aus der Wunde und schlug noch einmal heftig zu, tiefer noch in das Gehirn des Wesens. Ein Mensch wäre jetzt tot gewesen, dahin, erloschen, aber dieses Ding taumelte nur, schwankte, stolperte, und das Blut quoll aus seinem Kopf wie aus einer Quelle.
    »O Gott, hilf mir!« rief Lasher, und das Blut floß ihm in Rinnsalen an der Nase vorbei in den Mund. »O Gott im Himmel, warum? Warum?« heulte er. Das Blut rann ihm übers Kinn. Wie Christus mit der Dornenkrone blutete er.
    Michael hob den Hammer noch einmal.
    Plötzlich erschien Norgan, aufgebracht, mit rotem Gesicht; er wollte sich auf Michael stürzen und geriet zwischen ihn und Lasher. Michaels Hammer sauste herab. Der Mann war auf der Stelle tot, als das Werkzeug in seine Stirn drang, drei Zoll tief durch den Knochen.
    Norgan kippte vornüber und hing am Hammer; Michael drehte ihn ruckartig heraus.
    Lasher schien zu fallen. Er tänzelte, schwankte, greinte leise; noch immer floß das Blut und verklebte sein glattes schwarzes Haar. Sein starrer Blick war auf das offene Fenster gerichtet. Eine zierliche junge Frau stand draußen im Dunkeln auf dem Verandadach. Der Smaragd funkelte an einer goldenen Kette an ihrem Hals. Sie trug ein kurzes, geblümtes Kleid, das die Knie freiließ, und dunkles Haar umrahmte ihr Gesicht. Sie winkte.
    »Ja, ich komme, meine Liebste«, sagte Lasher benommen; er fiel vornüber und kletterte über das Fenstersims auf das Dach hinaus. »Meine Antha, warte, fall nicht!«
    Während er sich noch einmal zu seiner vollen Größe aufraffte und mühsam um sein Gleichgewicht rang, kletterte Michael auf das Teerdach hinaus und kam gleich wieder auf die Füße. Das Mädchen war nicht mehr da. Die Nacht war erfüllt vom Licht des Mondes. Zwei Stockwerke unter ihnen lagen die Steinplatten des Weges. Michael schwang noch einmal den Hammer. Ein vollendeter Schlag traf Lasher seitlich am Kopf und schleuderte ihn über die Dachkante.
    Kopfüber flog die Gestalt hinunter; kein Schrei kam aus dem Mund, und der Kopf schlug mit voller Wucht unten auf den Steinplatten auf.
    Michael kletterte sofort über das niedrige Geländer. Er stieß sich den Hammer in den Gürtel, packte mit beiden Händen das eiserne Spaliergitter und ließ sich daran hinunter; halb rutschte, halb fiel er zwischen Ranken und dichten Bananenstauden zu Boden, und die Stengel federten seinen Sturz ab, bevor er auf die Erde rollte.
    Das Ding lag auf dem Gartenweg, ein hingestreckter Körper mit langen Armen und Beinen und fließendem schwarzem Haar. Es war tot.
    Seine blauen Augen blickten starr in den Nachthimmel, und der Mund stand offen.
    Michael kniete davor nieder und schlug mit dem Hammer darauf ein, mit dem flachen Ende diesmal, wieder und wieder. Er zermalmte und zerschmetterte die Knochen der Stirn, die Wangenknochen, die Kieferknochen. Immer wieder löste er den Hammer aus dem blutigen Brei, um noch einmal zuzuschlagen.
    Schließlich war von dem Gesicht nichts mehr übrig. Die Knochen waren zu Knorpel geworden. Das Ding war zusammengefallen und verdreht, und es lief aus, als sei es ein Gegenstand aus Gummi oder Plastik. Blut sickerte aus der zerfetzten Hauthülle, die einmal ein Gesicht gewesen war.
    Trotzdem schlug Michael wiederum zu. Er ließ das Klauenende des Hammers in die Kehle des Wesens fahren und riß sie auf, und er schlug und schlug, bis er den Kopf praktisch vom Halse getrennt hatte.
    Schließlich ließ er sich rückwärts gegen den Sockel der Veranda fallen. Atemlos saß er da, den blutigen Hammer in der Hand. Wieder spürte er den Schmerz in seiner Brust, aber er hatte keine Angst dabei. Er starrte den Leichnam an; dann blickte er stumpf in den dunklen Garten hinaus. Er starrte zu dem Lichtschimmer hinauf, der vom dunklen Himmel herunterdrang. Abgebrochene und zerrissene Bananen lagen auf und unter dem Wesen. Schwarze Haare klebten zäh in dem blutigen Brei aus Nase, zersplitterten Zähnen und Knochen.
    Michael kam auf die Beine. Der Schmerz in seiner Brust war jetzt groß und heiß und fast unerträglich. Er trat über den Kadaver hinweg auf das weiche grüne Gras des

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