Tanz der Hexen
Michael an. »Aber eines ist sicher. Es gibt einen Ort, wo du jetzt hingehen könntest, um Rowan zu suchen. Nach Genf zu fliegen wäre Zeitverschwendung. Genf haben wir abgesucht. In Donnelaith haben wir rund um die Uhr einen Privatdetektiv im Einsatz. Die Talamasca ebenfalls, die sich übrigens auf solche Dinge sehr gut versteht. New York? Da haben wir keine richtige Spur, abgesehen von den g e fälschten Schecks. Und die waren nicht groß. Sie haben ke i nen Verdacht erregt.«
»Ich verstehe«, sagte Michael. »Wo sollte ich hingehen? Was sollte ich tun? Das sind die entscheidenden Fragen.«
»Absolut richtig«, sagte Ryan. »Wir wollten dir aus naheliegenden Gründen nicht alles sagen, was wir herausgefunden haben. Aber jetzt weißt du es, und du weißt, daß es am besten ist, wenn du hier bleibst, dich an Dr. Rhodes Ratschlag hältst und abwartest. Das ist in absolut jeglicher Hinsicht vernünftig.«
»Da ist noch etwas«, sagte Pierce.
Sein Vater machte ein verärgertes Gesicht; aber dann schien er doch wieder zu erschöpft zu sein, um zu protestieren. Er hob eine Hand vor die Augen, und sein Ellbogen ruhte auf der Schreibtischkante.
Aber Pierce fuhr fort.
»Du mußt uns genau erzählen, was hier an Weihnachten pa s siert ist. Ich will es wissen. Mayfar Medical liegt praktisch in meinen Händen. Ich möchte damit weitermachen. Viele and e re möchten, daß es weitergeht. Aber es muß jeder mit jedem sprechen. Was ist passiert, Michael? Wer ist dieser Mann? Und was ist er?«
Michael wußte, daß er darauf etwas antworten sollte, aber im Moment war es ihm fast unmöglich. Er lehnte sich zurück und starrte an ihnen vorbei auf die unzähligen Bücherreihen. Den Stapel auf dem Boden und das mysteriöse Grammophon konnte er von seinem Platz aus nicht sehen. Sein Blick wa n derte fast verstohlen zu Mona.
Mona war im Sessel zusammengesackt und hatte ein Bein über die Armlehne gelegt. Sie sah zu alt aus für das weiße Trauerkleidchen, das sie sich sittsam zwischen die Beine geknüllt hatte. Sie beobachtete ihn mit diesem gleichmütigen und irgendwie ironischen Blick – sie war wieder die, die sie vor der Nachricht von Giffords Tod gewesen war.
»Sie ist mit dem Mann weggegangen«, sagte Mona leise, aber sehr deutlich. »Der Mann ist durchgedrungen.«
Es war ihre flache Teenagerstimme, gelangweilt von der Dummheit der anderen, und bar aller Konzessionen ans Wunderbare.
»Sie ist mit ihm weggegangen. Dieser langhaarige Typ, das ist der Mann. Dieser dünne Mutant, der ist es. Der Geist, der Te u fel. Lasher. Michael hat draußen am Pool mit ihm gekämpft, und er hat Michael ins Wasser geworfen. Da draußen ist ein Geruch, der von ihm kommt. Und der Geruch ist auch im Wohnzimmer, wo er geboren wurde.«
»Du hast zuviel Fantasie«, sagte Ryan so erzürnt, daß er fast flüsterte. »Ich habe dir gesagt, du sollst dich da raushalten.«
»Als er und Rowan weggingen«, sagte Mona, »da schaltete Rowan die Alarmanlage ein, damit Hilfe für Michael käme. Oder er war es selbst, der Mann. Jeder Trottel kann aus al l dem schließen – daß es so gewesen sein muß.«
»Mona, ich befehle dir, dieses Zimmer jetzt zu verlassen«, sagte Ryan.
»Nein«, antwortete sie.
Michael sagte gar nichts. Er hatte all die Worte gehört, aber er wußte nicht, was er darauf antworten sollte. Er wollte sagen, daß Rowan versucht hatte, den Mann daran zu hindern, ihn in den Pool zu werfen. Aber was hätte es genützt? Rowan hatte ihn im Pool ertrinken lassen, oder? Aber Rowan wurde g e zwungen!
Ryan gab einen leisen Laut der Verdrossenheit von sich.
»Lassen Sie mich noch ergänzen«, sagte Aaron geduldig, »daß Dr. Larkin über eine Menge Informationen verfügt, die wir nicht kennen. Er hat Röntgenaufnahmen von Händen, Füßen, Wirbelsäule und Becken sowie Tomogramme vom G e hirn und anderes derartige Material. Die Kreatur ist kein Mensch. Die genetische Zusammensetzung ist verwirrend. Es ist ein Säuger. Es ist ein Primat. Es ist ein Warmblüter. Es sieht aus wie wir. Aber es ist kein Mensch.«
»Dad«, sagte Pierce, »wenn du dir die gerichtsmedizinischen Untersuchungsergebnisse ansiehst, findet du das gleiche Bild. Sie sagen, das Material sei kontaminiert oder manipuliert oder verdorben, denn sonst wäre es Blut und Gewebe von nichtmenschlicher genetischer Beschaffenheit.«
»Das hat Mona ja gesagt«, erklärte Michael. Seine Stimme war sehr leise geworden. Er richtete sich ein wenig auf und sah erst Ryan, dann Mona
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