Tanz der Hexen
an.
Etwas in Aarons Verhalten beunruhigte ihn schon die ganze Zeit, aber er wußte nicht, was es war.
»Ich kam nach Hause«, sagte er, »und er war hier. Er sah aus wie sie. Und er sah aus wie ich. Vielleicht kam er aus… unserem Kind. Unserem Baby. Rowan war schwanger.«
Er brach ab und atmete lange und tief aus, schüttelte den Kopf und begriff dann, daß er weiterreden sollte.
»Dieses Mann-Ding war neugeboren«, sagte er. »Er war sehr stark. Er machte sich über mich lustig. Er… er bewegte sich wie die Vogelscheuche im Zauberer von Oz… täppisch, fiel immer wieder hin, lachte, rappelte sich wieder auf. Ich hätte in der Lage sein müssen, ihm den Hals umzudrehen, aber ich war es nicht. Er war viel stärker, als er aussah. Ich habe ihn geschlagen und mehr als einmal getroffen. Hätte ein paar Gesichtsknochen zersplittern müssen. Habe aber nur eine Platzwunde zustandegebracht. Rowan hat versucht, den Kampf zu beenden, aber mir war in dem Augenblick nicht klar… und es ist mir immer noch nicht klar… wen sie beschützen wollte. Mich? Oder ihn?«
Es war ihm zuwider, diese Worte aus seinem eigenen Mund zu hören. Aber es war an der Zeit, alles einmal auszuspr e chen, alles mitzuteilen, den Schmerz und die Niederlage ei n geschlossen.
»Hat sie ihm geholfen, dich in den Pool zu werfen?« fragte Mona.
»Mona, halt den Mund«, sagte Ryan, aber Mona ignorierte ihn. Sie sah Michael an.
»Nein«, sagte Michael. »Und er hätte es allein eigentlich nicht schaffen dürfen. Ich bin ein oder zweimal im Leben verprügelt worden. Es hat große Männer und ein paar Glückstreffer erfordert. Er war dünn und zart, und er rutschte auf dem Eis da draußen aus; aber er gab mir einen Stoß, und ich flog ins Wasser. Ich erinnere mich, daß er mich ansah, als ich unte r ging. Er hat blaue Augen und sehr schwarzes Haar; das habe ich schon erzählt. Seine Haut ist sehr bleich und irgendwie schön. Zumindest war sie es.«
»Wie die Haut eines Säuglings«, sagte Aaron leise.
»Und ihr wollt mir alle erzählen«, sagte Ryan nervös und sehr beunruhigt, »daß es sich nicht um ein menschliches Wesen handelt?«
»Es geht um Naturwissenschaft«, sagte Aaron, »nicht um Voodoo. Es handelt sich sozusagen um eine Kreatur aus Fleisch und Blut. Aber der genetische Bauplan ist nicht menschlich.«
»Das hat Larkin Ihnen gesagt?«
»Nun ja, mehr oder minder«, erwiderte Aaron. »Sagen wir, ich habe seine Andeutungen so verstanden.«
»Gespenster, Geister, Kreaturen«, sagte Ryan. Es war, als beginne das Wachs, aus dem er bestand, vollends zu schmelzen.
»Jetzt komm schon, Dad, beruhige dich«, sagte Pierce, und einen Augenblick lang klang er wie der Ältere.
»Gifford hat mir gesagt, sie glaube, der Mann sei durchgedrungen«, berichtete Ryan. »Es war das letzte Gespräch, das ich mit meiner Frau geführt habe, und sie meinte…« Er brach ab.
Schweigen.
»Ich glaube, in einem Punkt sind wir uns einig, Michael«, sa g te Aaron mit einem Hauch von Ungeduld. »Daß Sie hier ble i ben sollten.«
»Ja, das habe ich schon verstanden«, sagte Michael. »Ich bleibe ja. Aber ich möchte sämtliche Berichte sehen. Und ich will mit diesem Dr. Larkin sprechen.«
»Es gibt noch eine andere sehr wichtige Sache«, sagte Aaron. »Aus naheliegenden Gründen war Ryan nicht damit einverstanden, daß an Gifford eine Autopsie vorgenommen wurde.«
Ryan funkelte ihn an. Michael hatte Ryan noch nie so offenkundig feindselig gesehen. Aaron bemerkte es ebenfalls, und er zögerte und war offensichtlich einen Augenblick lang ratlos, ehe er dann fortfuhr.
»Aber es gibt blutbefleckte Kleidung, die man untersuchen kann.«
»Wozu?« wollte Ryan wissen. »Was geht Sie meine Frau an? Was hat sie mit alldem zu tun?«
Aaron konnte darauf nicht antworten. Er sah plötzlich verzweifelt aus und schwieg.
»Wollen Sie mir erzählen, daß meine Frau etwas mit diesem Wesen zu tun hatte? Daß es sie umgebracht hat?«
Aaron gab keine Antwort.
»Dad, sie hatte dort oben eine Fehlgeburt«, sagte Pierce. »Und du und ich, wir wissen beide…« Der junge Mann sprach nicht weiter, aber der Schlag hatte getroffen. »Meine Mutter war überspannt«, sagte er. »Sie und mein Vater…«
Ryan sagte kein Wort. Seine Wut hatte sich zu etwas Schlimmerem verhärtet. Monas Gesicht war unbeteiligt wie bisher.
»Es gab Hinweise auf eine Fehlgeburt?« fragte Aaron.
»Na ja, sie hatte eine Gebärmutterblutung«, sagte Pierce. »Der Arzt am Ort hat von einer Art Fehlgeburt
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