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Tanz der Kakerlaken

Tanz der Kakerlaken

Titel: Tanz der Kakerlaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Harrington
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Nächten? Die Cerealien? Erinnert ihr euch nicht, wie der Anblick von so vielen von euch alle anderen Geschöpfe aus dem Weg scheuchte? Und bei einer Kröte einen Herzanfall auslöste?«
    Die Mädchen von Stay More hoben in Erinnerung daran stolz die Köpfe und streckten dann die Schnüffelruten empor, um als erste ihre Hilfe anzubieten. Über ihren erhobenen Schnüffelruten sah ich durch die Fenster des Mußeraumes die untergehende Sonne.
    »Wir haben keine Zeit zu verlieren!« rief ich. Meine Adjutanten begannen auf ein Zeichen von mir damit, Kekse mit Schokoladensplittern – hochwertige Energiespender – zu verteilen. Alle nahmen ein zeitiges Frühstück zu sich, während ich mit den Worten schloß »Die Burschen an der Spitze, die Damen im Troß die Kinder zuletzt! Unser Ruf soll sein: ›RETTET IHN!‹ Okay, gehen wir!«
    »RETTET IHN!« rief die Menge und beendete das Frühstück, dann machten sich alle zu den Ausgangslöchern des Heiligen Hauses auf.
    Auf der Roamin Road bildeten wir noch keine Figur oder Reihe, sondern marschierten in loser Formation unter meiner Führung die Viertelmeile bis zum Parthenon. Vögel kreisten über uns, und einige von ihnen stießen herab, um uns aus der Nähe zu inspizieren, wagten aber keinen Angriff. Schlangen glitten rasch aus unserem Weg. Ein Opossum konnte sein Glück zuerst kaum fassen, bekam es dann aber mit der Angst zu tun und huschte davon. Eine Tarantel machte hektisch einen großen Satz, um uns Platz zu machen. Eine Mannesanbeterin betete, aber nicht, um Beute zu machen. Wir gelangten ohne den Verlust einer einzigen Knackerlake zum Parthenon.
    Wie erwartet, saß Sharon in Ihrem Schaukelstuhl auf Ihrer Veranda, in der einen Hand einen Drink, den Sie gerade an die Lippen hob. Sie hörte Musik, die aus Ihrem Haus kam, und Ihr Blick schweifte hinüber zum Heiligen Haus.
    Rasch gab ich meinen Adjutanten, Archy als erster unter ihnen, Befehl, alle zu einer Figur zu gruppieren:
    Ich selbst nahm in der vordersten Spitze des Pfeils Aufstellung, mit Archy etwas weiter unten an meiner rechten Flanke, während Doc Swain oben zu meiner Linken einherhumpelte. Ich gab den Marschtritt an: »Hopp. Zwo, sechs, zwölf! Hopp. Zwo, sechs, zwölf!« Die Menge skandierte: »RETTET IHN!« Wir bewegten uns stetig, aber nicht langsam in Richtung aufs Heilige Haus, bis ich sicher war, daß wir außer Sichtweite waren, dann lösten wir die Formation auf und eilten zurück zum Vorgarten des Parthenon, gruppierten uns neu und wiederholten den ganzen Vorgang. Als der Pfeil zum drittenmal gebildet war, gab ich meine Position an Archy ab und lief zur Veranda des Parthenon, um den Pfeil von Sharons Blickwinkel aus zu begutachten und, was noch wichtiger war, Sharon zu beobachten, um zu sehen, was Sie tat.
    Sie tat nichts. Ob Sie den Pfeil überhaupt sah, konnte ich nicht sagen. Ihr Blick war nicht nach unten auf den Vorgarten, auf die Straße und die riesige Menge der Marschierenden gerichtet, sondern eher in die Ferne zum Heiligen Haus hinüber. Ich dachte daran, mich in Ihren Schoß zu stürzen, um Ihre Aufmerksamkeit zu erregen und Ihren starren Blick vom Heiligen Haus nach unten zu lenken, entschied aber, daß das nicht funktionieren würde; es würde Ihr vielleicht nur angst machen und Sie dazu bringen, ins Haus zu stürzen.
    Die Dunkelheit brach rasch herein. Bald würde es so dunkel sein, daß Sie, auch wenn Sie in diese Richtung blickte, den Pfeil nicht mehr würde sehen können. Ich war ratlos, und mich überkam deprimierende Hoffnungslosigkeit.
    Mit einem Mal kam die gesamte Menge, die den Pfeil bildete, zurück zum Parthenon gerannt. Ich dachte zuerst, sie kämen zurück, um sich noch einmal neu zu formieren. Aber sie rannten aus Angst vor einem Geschöpf das nicht von ihrer Anzahl oder ihrer Pfeilform eingeschüchtert wurde. Einer großen weißen Maus. Der Großen Weißen Maus. Und hinter der Maus her kam eine weibliche Knackerlake, und die, so teilten mir meine Augen und dann meine Schnüffelruten mit, warst du.
     
    30.
    Doc folgte ihnen nicht. Er verließ seinen Posten als Führer der linken Flanke, löste sich aus der Formation und stand abseits auf seinen drei müden Krabblern, um dem hektischen Rückzug zuzusehen. Er empfand Wut und ein Gefühl der Ohnmacht, der Vergeblichkeit. Diese Leute hatten keine Angst gehabt vor der Schlange, der Tarantel, der Mantis, den Vögeln oder dem Opossum, die ihnen auf dem Weg zum Parthenon begegnet waren, und doch rannten sie jetzt vor der Großen

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