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Tanz der Kakerlaken

Tanz der Kakerlaken

Titel: Tanz der Kakerlaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Harrington
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dachte.«
    »Schön, das zu hören«, log Chid, dann wollte er wissen: »Weiß sonst jemand, daß Ihr noch im Osten seid?«
    »Bloß Josie«, sagte Junker John.
    Chid berichtete Jack und Josie von den jüngsten Ereignissen im Heiligen Haus bis hin zum Tod von Junker Hank, der vom Mann verschluckt wurde.
    »Na, ich will nicht mehr Junker John heißen, wenn das nicht das Verrückteste ist, was ich je gehört hab!« erklärte Jack, als Chid mit seiner Geschichte zu Ende war. »Da bleibt einem doch wirklich die Spucke weg!«
    »Wie es scheint, sind die Ingledews also nicht länger die Herren des Parthenon, vielmehr seid Ihr, Junker John, jetzt Herr des Hauses.«
    »Nee, echt?« fragte Junker John verdutzt und blickte erhaben und gebieterisch seine Frau an, die ihrem Gatten gegenüber ganz Ehrerbietigkeit war.
    »Und unser gütiger Heiland und Erlöser ist nicht länger der Mann, dessen Krabbler aus Erde und Staub gemacht, der auf einer Waage gewogen und zu leicht befunden wurde und der außerdem trunk'ner als ein Kesselflicker war, sondern statt dessen die Frau, Schönste der Schönen, Mächtigste der Mächtigen, Graziöseste der Grazien, Gütigste der Gütigen und Vollkommenste der Vollkommenen!« Chid genoß diese neuen Töne, die aus seinem Mund kamen. Er wandte sich Junker John zu und fragte: »Wo ist Sie?«
    »Ich schätze, Sie schläft tief und fest drüben in Ihrem Schlafzimmer«, sagte Junker John.
    »Zeigt mir den Weg, daß ich zu Ihr bete«, bat Chid. Junker John ging ihm voraus zum Schlafzimmer. Die anderen wollten ihm folgen, aber Chid drehte sich um und sagte: »Josie, warum machst du mit unseren Brüdern nicht einen Rundgang durch die Kochstatt?« Er wollte mit Junker John allein sein.
    Chid war sich noch nicht klar, welches die beste Methode sei, um den Mord an Junker John zu begehen. Er könnte ihn womöglich in den Thorax beißen und seine edlen Teile zerfleischen, aber das würde Dreck und Unordnung machen. Und es würde womöglich nicht nach einem Unfall aussehen. Nein, es war besser, er faßte sich in Geduld, wartete den rechten Augenblick ab und ging mit Vorsicht zu Werke.
    Wie sie feststellten, schlief die Frau nicht. Eine Kerosinlampe brannte auf Ihrem Nachttischchen, und Sie saß aufrecht an Ihre Kissen gelehnt und hielt Papiere in den Händen, die Chid als die Blätter erkannte, auf denen der Mann Briefe an Sie zu verfassen pflegte. Junker John schlug Chid vor, das Kaminsims zu erklimmen, wo sie die Frau gut im Blick hatten, und sie beobachteten Sie: Sie las ein paar Blätter, faltete sie dann wieder zusammen, steckte sie in einen Umschlag und legte sie in eine Schachtel zurück, dann nahm Sie einen anderen Umschlag aus der Schachtel und faltete die neuen Blätter auseinander. Häufig lächelte Sie. Gelegentlich lachte Sie so laut auf, daß Chid heftig zusammenfuhr. Er merkte, daß Sie keinen neuen Brief von dem Mann erhalten hatte, sondern bloß Seine alten las. Chid hatte nie zuvor ein menschliches Lachen gehört. Der Mann hatte niemals gelacht und kaum jemals auch nur gelächelt.
    Wenn ihm das kurze helle Lachen der Frau schon einen kleinen Schreck einjagte, so sollte ihm ein noch größerer bevorstehen. Direkt hinter ihm erklang mit gewaltiger Stimme »ECLAIR!« Chid machte einen Satz von mehreren Zentimetern in die Luft und fiel dann vom Kaminsims hinunter auf den Boden. Den ganzen Weg hinunter kreischte er aus Leibeskräften »HHILLFEEE!«, aber sein Schrei war nicht laut genug, um die Frau zu erreichen, die ihn nicht einmal bemerkt hätte, wenn Sie nicht gerade in diese Richtung geblickt hätte, um die Übereinstimmung der Uhrzeiger mit dem Schlagen der Stunde zu prüfen.
    Ihr Auge, das zur Uhr hinblickte, sah die schwarze Knackerlake hinunterfallen, und Ihr Lachen über das, was Sie gelesen hatte, wurde von Lauten der Angst und des Abscheus abgelöst. Sie sprang aus dem Bett, schlüpfte mit Ihren Krabblern in Hüllen und versuchte dann, Bruder Chidiock Tichborne mit diesen Hüllen zu zerstampfen. Der Sturz vom Kaminsims hatte ihn nicht im mindesten verletzt, sondern nur für einen Augenblick betäubt, aber jetzt war er gezwungen, einen Fluchtweg vor Ihren stampfenden Krabblern zu suchen. Er fühlte sich an die letzte Entrückung durch den Mann erinnert, dessen beschuhte Krabbler furchterregender gewesen waren als Ihre Pantoffelhüllen. Vielleicht hätte es mehr von einer Entrückung an sich, vom Pantoffel der Frau statt vom Schuh des Mannes zertreten zu werden. Er war fast versucht,

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