Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tanz der Liebenden

Tanz der Liebenden

Titel: Tanz der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Sajlo-Lucich Nora Roberts
Vom Netzwerk:
bei ihm im Bett schlafen.
    Jack sah auf, um seinen Vater zu fragen, ob er nicht schon groß genug für einen Hund sei, aber sein Vater hatte eine tiefe Falte auf der Stirn. Nein, er war nicht wütend. So sah er immer aus, wenn er arbeitete. Wenn man ihn dann unterbrach, egal mit welcher Frage, kam immer die gleiche Antwort: „Nicht jetzt.“
    Aber das Alphabet war so langweilig. Er wollte das Haus malen oder mit seinen Autos oder am Computer spielen. Oder mal draußen nachsehen, ob es nicht schon schneite.
    Er rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Sein Fuß traf die Schreibtischwand. Er rutschte weiter. Noch ein Tritt gegen das Holz.
    „Jack, lass den Schreibtisch in Ruhe.“
    „Muss ich denn das ganze Alphabet schreiben?“
    „Ja.“
    „Warum?“
    „Darum.“
    „Aber ich bin doch schon bei P.“
    „Wenn du die restlichen Buchstaben nicht auch noch machst, wirst du nie Wörter mit den Buchstaben lernen können, die du jetzt nicht schreibst.“
    „Warum?“
    „‘Warum’ wirst du zum Beispiel nie schreiben können. W-A-R-U-M.“
    Jack seufzte, ein sehr schwerer Seufzer für einen Sechsjährigen. Also schrieb er die nächsten drei Buchstaben, dann hob er wieder vorsichtig den Kopf. „Dad.“
    „Hm?“
    „Dad, Dad, Dad. D-A-D.“
    Brody sah auf. Jack grinste ihn breit an. „Ganz schön neunmalklug, mein Sohn. Woher hast du nur dein vorlautes Mundwerk?“
    „Grandma sagt, das habe ich von dir geerbt. Darf ich sehen, was du da malst? Du hast gesagt, das ist für die tanzende Lady.“
    „Ja, das ist für die Tänzerin, und nein, du darfst es erst sehen, wenn du deine Arbeit fertig hast.“ Wie gerne hätte er eine Pause gemacht und mit seinem Sohn gespielt, ihn sich über die Schulter geworfen und mit ihm herumgetobt. Aber wenn man einem Kind Verantwortung beibringen wollte, musste man mit gutem Beispiel vorangehen und Verantwortung zeigen.
    „Was passiert, wenn du es nicht fertig machst?“
    „Nichts.“ Jack zog einen Schmollmund.
    „Eben.“
    Jack seufzte noch mal und beugte sich wieder über sein Alphabet. Er sah nicht, dass sein Vater sich das Grinsen verkneifen musste.
    Ob sein Vater ihn je so angesehen hatte? Wahrscheinlich, dachte Brody. Aber er hatte es sich nie anmerken lassen. Bob O’Connell war auch nicht der Typ Vater gewesen, der mit seinem Sohn auf dem Wohnzimmerteppich herumgerollt war oder rumgeblödelt hatte. Bob O’Connell war zur Arbeit gegangen, nach Hause gekommen und hatte erwartet, dass jeden Abend pünktlich um sechs das Essen auf dem Tisch stand. Er hatte vorausgesetzt, dass sein Sohn die ihm aufgetragenen Pflichten erfüllte und aufs Wort folgte, ohne Fragen zu stellen. Und er hatte nie daran gezweifelt, dass sein Sohn in seine Fußstapfen trat.
    Brody nahm an, dass er seinen Vater in jedem einzelnen Punkt enttäuscht hatte. So wie sein Vater ihn enttäuscht hatte. Seinem Sohn würde er das nie antun.
    „Z! Z! Z!“ Jack wedelte wild mit dem Blatt umher. „Fertig!“
    „He, halt still, damit ich es mir ansehen kann.“ Weit davon entfernt, sauber und ordentlich zu sein, aber immerhin, es war vollbracht. „Gut gemacht. Willst du jetzt Zeichenpapier?“
    „Kann ich dir nicht bei deinem Bild helfen?“
    „Sicher.“ Na, dann würde er eben heute Abend eine Stunde dranhängen, das war ihm die Zeit mit seinem Sohn wert. Er zog Jack auf seinen Schoß. „Also, hier haben wir die Wohnung über der Schule.“
    „Warum tragen die eigentlich immer so komische Sachen, wenn sie tanzen?“
    „Keine Ahnung. Woher weißt du eigentlich, dass sie komische Sachen tragen?“
    „Ich habe ein Cartoon gesehen, da haben Elefanten solche Röcke getragen. Und sie haben auf ihren Zehenspitzen getanzt. Haben Elefanten Zehenspitzen?“
    „Sicher.“ Hatten sie die? „Wir können ja mal in unserem schlauen Buch nachschlagen, später. Hier, nimm den Bleistift und zieh eine gerade Linie, hier direkt am Rand.“
    Vater und Sohn arbeiteten zusammen, die große Hand führte die kleine über das Papier. Als Jack zu gähnen begann, drückte Brody den blonden Kopf an seine Schulter und erhob sich vorsichtig.
    „Ich bin aber gar nicht müde, Dad“, behauptete Jack noch, als seine Lider schon schwer wurden.
    „Ich weiß. Aber wenn du aufwachst, sind es nur noch fünf Tage bis Weihnachten.“
    „Kann ich dann ein Geschenk haben?“
    Brody lächelte still in sich hinein und sog tief den Duft seines Sohnes ein.
    Nachdem er Jack zu Bett gebracht hatte, kam er wieder herunter und brühte sich eine

Weitere Kostenlose Bücher