Tanz der Liebenden
klar. „Du hast Recht. Das war genau das, was ich jetzt hören musste. Also.“ Sie gab ihm das Taschentuch zurück. „Bring mich auf andere Gedanken. Erzähl, wie habt ihr Weihnachten verbracht? Die laute Version, mit Familie und allem?“
„Jack macht genug Lärm für alle. Er hat mich um fünf Uhr morgens aus dem Bett geholt.“ Bei der Erinnerung musste Brody lächeln. „So gegen zwei hätte ich ihn fast festgebunden, weil er vor lauter Aufregung herumhüpfte wie ein Gummiball.“
„Hat er bis zum Weihnachtsessen durchgehalten?“
„So eben. Wir sind zu seinen Großeltern gefahren.“ Das Lächeln auf seinem Gesicht erstarb. „Wir leben zwar in der gleichen Stadt, aber man könnte sagen, wir sind Tausende von Meilen voneinander entfernt.“
„Das tut mir Leid.“
„Aber sie vergöttern Jack. Das allein zählt.“
Und warum, zum Teufel, hatte er überhaupt damit angefangen? Vielleicht weil es seit seiner Jugend an ihm nagte. Vielleicht weil sein Vater auch heute noch alles kritisierte, was er, Brody, tat und tun wollte.
„Ich lasse die Erde, die wir aus dem Keller holen, an der Hinterseite des Hauses aufschütten. Vielleicht willst du ja dort im Frühjahr einen Garten anlegen.“
„Das ist eine gute Idee.“
„Also …“ Er stand auf. „Ich mache mich wieder an die Arbeit, sonst kürzt mein Boss mir noch den Lohn.“
„Brody …“ Sie wusste nicht, was genau sie hatte sagen wollen oder wie sie es sagen sollte. Und dann war der Moment vorbei, denn Brandon bog mit seinem schnittigen Leihwagen um die Ecke.
„Dad!“ Jack machte sich aus dem Sicherheitsgurt frei, kaum dass der Wagen stand. „Stell dir vor! Brand hat mir seinen Baseballhandschuh geschenkt. Und einen Baseball, auf dem er selbst unterschreibt hat.“
„Unterschrieben“, verbesserte Brody automatisch, dann fing er den Blitz ab, der sein Sohn war. „Lass mal sehen.“ Der Handschuh und der Ball waren warm, so fest hatte Jack die beiden Sachen gehalten. „Das ist etwas ganz Besonderes, und du musst auch ganz besonders darauf aufpassen.“
„Das werde ich! Ganz bestimmt! Danke, Brand! Können wir die Sachen den anderen zeigen?“
„Aber sicher.“ Brody hob Jack auf seine Hüfte. „Danke für alles“, sagte er zu Brandon.
„Keine Ursache. Und Jack, immer daran denken: Die Augen fest auf den Ball gerichtet.“
„Das mache ich. Bye!“
„Gute Reise“, fügte Brody hinzu und drehte sich um, damit sein Sohn seine Schätze den anderen zeigen konnte.
Kate lehnte sich an das offene Wagenfenster. „Vielleicht bist du ja doch nicht so ein Unmensch.“
„Der Junge ist großartig.“ Er kniff Kate leicht ins Kinn. „Und der Vater ist auch nicht schlecht, was? Du hast ein Auge auf ihn geworfen, gib’s zu.“
„Nein!“ Dann lachte sie. „Beide Augen.“ Sie beugte sich in den Wagen und küsste ihren Bruder auf die Wange. „Kümmere du dich um deine kalifornischen Supermädels. Ich ziehe kernige Kerle vom Land vor.“
„Benimm dich.“
„Wohl kaum.“
Er lachte, hob die Hand zum Abschied und startete den Motor. „Bis dann, Schönheit.“
Sie trat zurück und winkte. „Bis dann, Bruderherz.“
An Silvester blieb der Spielzeugladen geschlossen, das war Tradition. Diesen Tag verbrachte Natasha in der Küche, um die Unzahl an Gerichten vorzubereiten, die sie am Neujahrstag bereitstellen würde, wenn Familie, Freunde und Nachbarn ins Haus strömten.
„Brand hätte für die Party bleiben sollen.“
„Das hätte ich mir auch gewünscht.“ Natasha rührte die Aprikosen für das Kompott, die in einem Topf auf dem Herd köchelten. „Jetzt schmoll nicht, Katie. Es gab Zeiten, da hat deine Arbeit dich auch von uns fern gehalten.“
„Ich weiß.“ Kate rollte den Kuchenteig fester als nötig aus. „Der Blödmann fehlt mir einfach, das ist alles.“
„Mir auch.“
Auf dem Herd dampften Töpfe, im Ofen brutzelte ein riesiger Schinkenbraten. Natasha musste daran denken, wie vor Jahren noch drei Kinder um sie herumgeschwirrt waren. Drei sich zankende, kichernde, Unsinn machende Geschwister. Damals waren ihre Nerven oft überstrapaziert gewesen.
Eine wundervolle Zeit.
Jetzt war nur Kate da, die Kuchenteig ausrollte.
„Du bist unruhig.“ Natasha klopfte den Kochlöffel ab und legte ihn beiseite.
„Ich plane.“
„Ja, ich weiß.“ Sie schenkte zwei Tassen Tee ein und brachte sie zum Tisch. „Setz dich.“
„Mama, ich …“
„Setz dich. Du bist genau wie ich“, fuhr Natasha fort, während sie
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