Tanz der Sinne
finden.
Mit Hilfe des Seils kletterte er zu den Schornsteinen hinauf. Als er dort ankam, war der Dieb bereits auf der Flucht, aber immer noch nahe genug, daß Lucien ihn von hinten greifen konnte.
»Nicht so schnell, mein krimineller Freund. Ich muß Ihnen danken, daß Sie mir das Leben gerettet haben.«
Der Dieb versuchte sich loszureißen, aber er rutschte auf dem eisigen Dach aus und fiel nach hinten auf Lucien. Zusammen rollten sie in den sicheren Winkel zwischen Schornstein und Dach, Lucien unten, sein Opfer der Länge nach auf ihm.
Als Lucien zu Atem gekommen war, merkte er, daß die schlanke Gestalt des Diebes ihm eigenartig vertraut war.
Ebenso der leichte Nelkenduft, den man bei einem Einbrecher kaum erwarten durfte.
Er hatte erst vor kurzem jemanden getroffen, der nach Nelken duftete. Er zerrte den schwarzen Schal herunter, der das Gesicht des Diebes verbarg. Das blasse ovale Gesicht war sogar im Dunkeln unverkennbar.
Lucien grinste, als er die lange, reizvoll weibliche Gestalt an sich drückte. »So sehen wir uns wieder, Lady Jane. Oder was auch immer Ihr Name heute nacht ist. Allmählich glaube ich, das Schicksal will es so.«
»Das hier ist höchstens ein schlechter Witz, nicht Schicksal«, schimpfte Jane.
Sie bekräftigte ihre Bemerkung mit einem heftigen Stoß in Luciens Bauch, um sich zu befreien. Es hätte weh getan, wenn sein Körper und sein Verstand nur richtig miteinander verbunden gewesen wären. »Sie haben offenbar eine geheime Sehnsucht nach Neu Südwales«, stellte er fest, als er sie mit einer festen Umarmung unschädlich machte, »sonst wären sie nicht in ein Haus eingebrochen, in dem eine Gesellschaft stattfindet.«
»Ich dachte, Lord Mace ist ausgegangen. Die Fenster waren dunkel.« Ihrer Arme beraubt, versuchte sie, ihn mit dem Knie in die Leisten zu stoßen.
Zum Glück hielt er sie so dicht, daß sie nicht weit genug ausholen konnte. »Sie haben sehr viel Kraft für eine Frau«, sagte er außer Atem. »Sonst würden Sie sich vermutlich nicht über die Dächer von London schwingen wie ein wildgewordener Affe.«
»Ausgerechnet Sie sagen das! Sie sind völlig verrückte Risiken eingegangen. Erstaunlich, daß Sie nicht eher abgestürzt sind.« Ihre Fäuste und Ellbogen bohrten sich in seinen Körper, während sie versuchte, sich ihm zu entwinden. »Lassen Sie mich los, Sie Lümmel!«
»Aber ich will Sie nicht loslassen«, sagte er mit atemberaubender Schlichtheit. »Und im Moment tue ich nur, was mir paßt.«
»Ich hätte Sie vom Dach fallen lassen sollen!«
»Vermutlich«, stimmte er zu. »Aber da Sie das versäumt haben, habe ich eine bessere Idee.« Er küßte sie.
Kapitel 9
Ärgerlich merkte Kit, daß sie Strathmores Kuß erwiderte. Das war Wahnsinn, da oben auf dem eisigen Dach, nachdem sie gerade ein Verbrechen begangen hatte. Aber der Humor und die Sinnlichkeit des Mannes waren unwiderstehlich.
Seine Arme bildeten wärmende Zuflucht in der bitterkalten Nacht, sein Mund und seine neckende Zunge eine Aufforderung zu sinnlicher Lust.
Als ihr Körper nachgab, lockerte er seinen stählernen Griff und begann, sie zu liebkosen.
Selbst mit den dicken Schichten winterlicher Kleidung zwischen ihnen prickelte ihre Haut, wo immer er sie berührte. Eine Hand glitt über ihre Hüfte und unter ihren Mantel und begann ihre Taille zu streicheln, in einem Rhythmus, der ihren verspannten Muskeln unendlich wohltat.
Zentimeter für Zentimeter, mit Lippen, Händen und Oberkörper, gab sie nach und schmiegte sich instinktiv an ihn.
Sie merkte nicht, daß er ihr das Hemd aus dem Hosenbund gezogen hatte, bis seine Hand auf ihrem nackten Rücken lag. Es wäre wunderbar gewesen, wenn seine Finger nicht eiskalt gewesen wären. Der Zauber des Augenblicks verflog. Sie schrie entsetzt auf und riß sich los. »So’ ein Wahnsinn«, sagte sie ärgerlich, als sei sie nicht eben’ noch ganz bei der Sache gewesen. »Bleiben Sie hier, wenn sie wollen, aber ich will hier herunter, bevor ich mich zu Tode friere.«
Er hob seine Hand und strich ihr hauchzart über die Wange. »Ich kann Sie wärmen.«
Er versuchte, sie noch einmal an sich zu ziehen, aber sie richtete sich hastig auf und lehnte sich an den Schornstein. Er war anders heute nacht.
Sprache und Bewegungen waren von betonter Trägheit, ganz anders als die konzentrierte Intensität ihrer vorigen Begegnungen. Schroff sagte sie: »Sie sind betrunken. Kein Wunder, daß Sie sich aufführen wie ein Narr.«
Er fuhr mit den Fingern durch ihr
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