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Tanz der Sinne

Tanz der Sinne

Titel: Tanz der Sinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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halfen. Bitter sagte sie: »Wenn Sie sich nicht eingemischt hätten, hätte ich vollkommen unauffällig verschwinden können. Jetzt muß ich mir ein neues Seil kaufen.«
    »Ich kauf Ihnen eins.« Er dachte nach. »Vielleicht auch nicht. Das letzte, was ich will, ist, Sie in ihrem verbrecherischen Tun zu bestärken. Nicht, daß Sie das nötig hätten. Ich vermute, Sie haben nicht gefragt, wie man zu meinem Haus kommt, weil es schon auf Ihrer Liste steht. Stimmt’s?«
    Es stimmte, und sie ließ sich nicht zu einer Antwort herab.
    Zuerst unterhielt er sie mit einem Strom sinnlosen Geschwätzes, aber schon bald wurde er still, und sein Atem ging schwerer. Das schlechte Wetter hatte wenigstens den einen Vorteil, daß die Straßen menschenleer waren.
    Kurz vor ihrem Ziel war das Pflaster wieder eisig, und sie rutschten beide aus. Kit war unverletzt, aber der Graf atmete scharf ein. Als sie ihm aufhalf, keuchte er: »Der Effekt des Lachgases läßt nach. Unglücklicherweise.«
    Die letzten zweihundert Meter schienen endlos.
    Als sie endlich sein Haus erreichten, warf sie einen skeptischen Blick auf die hohen Marmorstufen. »Ich hole Ihre Diener. Wir brauchen ein paar Männer, um Sie da hochzuschaffen.«
    »Ich hab’ eine bessere Idee«, keuchte er. »Da entlang.«
    Als sie die ebenerdige Tür auf der anderen Seite des Hauses erreicht hatten, war sie so erschöpft, daß sie nicht mehr sicher war, wer wen stützte.
    Als er befahl: »Drehen Sie sich einen Augenblick um«, gehorchte sie, ohne auch nur daran zu denken, einen Blick über die Schulter zu werfen.
    Steine schabten aufeinander, und ein Schlüssel knirschte. Mit wiedererwachter Neugier drehte sie sich um.
    »Wenn Sie einen Schlüssel in der Mauer versteckt haben, machen Sie so etwas sicher öfter. Warum benutzen Sie nicht den Vordereingang wie ein anständiger Graf?«
    »Manchmal ziehe ich es vor, unbeobachtet zu kommen und zu gehen.« Er öffnete die Tür, die in einen schmalen, trübe erleuchteten Gang führte.
    »Ich fange an zu glauben, daß Sie genauso ein Heimlichtuer sind wie ich.« Ganz bestimmt war es gefährlich, wenn sie sich einem ihrer Verdächtigen so verbunden fühlte. Sie half ihm hinein. »Da in der Ecke steht ein Stock. Ich nehme an, Sie kommen jetzt ohne mich zurecht.« Sie reichte ihm den Stock. »Gute Nacht, Lord Strathmore.«
    Es war zu spät. Bevor sie einen Schritt machen konnte, schlang sich ein langer, kräftiger Arm um ihre Taille und hielt sie fest. »Nicht so schnell, meine kriminelle Schöne.«
    Sie machte sich zum Kampf bereit, aber er sagte beruhigend: »Waffenstillstand, meine Liebe, wenigstens für heute abend. Es wäre nicht gerade höflich, Sie der Polizei zu übergeben, wo Sie mir gerade das Leben gerettet haben.«
    »Was wollen Sie dann?« fragte sie mißtrauisch.
    »Ich möchte, daß Sie mit nach oben kommen und sich aufwärmen, damit sie nicht erfroren in irgendeiner Gosse landen.«
    Der Graf hatte recht, jetzt, da sein Körper sie nicht länger wärmte, zitterte sie unkontrollierbar.
    Nachdem er die Tür abgeschlossen hatte, folgte sie ihm die Treppe hinauf.
    Strathmore stützte sich zwar schwer auf seinen Stock, aber er kam recht gut ohne Kits Hilfe zurecht. Sie fragte sich, ob er seine Verletzung übertrieben hatte, um sie dazu zu bringen, mit ihm zu kommen. Höchstwahrscheinlich, der Graf war eindeutig skrupellos – genau die Sorte Übeltäter, nach der sie suchte.
    Doch trotz ihrer Vermutungen empfand sie keine Angst vor ihm. Sie fühlte eine eigenartige Nähe zwischen ihnen, ein Gefühl, als seien sie gleichgestimmte Seelen. Ihr Verstand sagte ihr, daß dieses Gefühl eine Illusion war, hervorgerufen durch ihre Sehnsucht nach einem Gefährten. Sie war nie gerne alleine gewesen; und das brachte sie in die schreckliche Versuchung, ihre Probleme anderen aufzubürden. Wenn sie Strathmore nur trauen könnte. Vielleicht wäre sie das Risiko eingegangen, wenn sie dabei nur ihr eigenes Leben aufs Spiel gesetzt hätte, aber sie konnte unmöglich die Sicherheit eines anderen Menschen gefährden.
    Und doch, selbst wenn der Graf ein Ungeheuer war, für heute nacht war sie sicher. Sie hatte ihn gerettet, und das brachte ihr ein Quentchen Gnade ein. Sie zuckte zusammen, als sie daran dachte, wie entsetzt sie gewesen war, als er dem sicheren Tod entgegenfiel. So erschreckend und unbequem Strathmore sein mochte, seinen Tod wollte sie nicht.
    Als sie in der nächsten Etage ankamen, führte er sie in die Bibliothek, wo noch Reste eines

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