Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tanz der Sinne

Tanz der Sinne

Titel: Tanz der Sinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
Vom Netzwerk:
unterdrücktes Husten. Es war eine wesentlich größere Gruppe, etwa zwei Dutzend Personen. Irgend jemand drehte Lucien nach rechts und zog an seiner Kapuze. Plötzlich konnte er wieder sehen.
    Auf dem Hügel vor ihm dehnte sich eine mittelalterliche Burg, deren Gemäuer vom Vollmond in ein kaltes, unwirkliches Licht getaucht wurde. Das schicksalsträchtige, melancholische Läuten der Glocke ließ Lucien die Haare zu Berge stehen. Er ermähnte sich, sich nichts anmerken zu lassen. Es war bloß Theater, aber ziemlich effektiv. Wenn er abergläubisch gewesen wäre, hätte er den Verstand verloren vor Angst.
    Um ihn herum standen etwa dreißig Männer in weißen Kutten, flackernde Kerzen in den Händen.
    Sie wirkten wie eine Versammlung von Gespenstern. Sein eigenes Gewand war schwarz, vermutlich wegen seines Novizentums.
    Ihm am nächsten stand Roderick Harford. Er hob die Arme und rief: »Wie lautet unser Wahlspruch?«
    »Tu, was dir beliebt!«
    »Was ist unser Begehr!«
    »Vergnügen!«
    »Dann folgt mir, meine Brüder, zu unserem geheiligten Ritual.«
    Ein Mann, der ein Medaillon um den Hals trug, ging den Hügel hinauf, und der Rest der Gruppe schloß sich ihm der Reihe nach an. Der Wind peitschte in die Kerzenflammen und warf groteske Schatten über die Landschaft. Harford bedeutete Lucien, sich am Ende der Prozession einzureihen und trat hinter ihn.
    Die Burg war von hohen Mauern umgeben. Ein schweres Eisentor öffnete sich vor den Wallfahrern. Der Pfad wand sich zwischen den Büschen und schwach beleuchteten Statuen eines gepflegten Gartens. Soweit Lucien erkennen konnte, stellte eine der Statuen einen riesigen marmornen Phallus dar. Reines Wunschdenken zweifellos.
    Ihr Ziel war die Kapelle, die das einzig intakte Gebäude zu sein schien. Als sie näher kamen, sah er, daß die Tür von den Statuen eines nackten Mannes und einer ebenso nackten Frau flankiert wurde, die beide in einer Mahnung zum Schweigen einen Finger an die Lippen legten.
    Über dem Eingang eingemeißelt waren die Worte Fais ce que voudras. Tu, was dir beliebt. Die Worte waren ihm gleich bekannt vorgekommen, und jetzt erkannte Lucien das Motto des alten Höllenfeuerclubs. Er fragte sich, was Jane von all dieser männlichen Selbstüberschätzung halten würde, und unterdrückte ein Lächeln bei dem Gedanken.
    Die eisenbeschlagene Tür öffnete sich ächzend, und die Prozession trat in die Kapelle ein. Überall glühten Fackeln und erfüllten die Luft mit überwältigendem Weihraucharoma. Der Anschein von Alter war sorgfältig gewahrt worden, aber Lucien vermutete, daß das Gebäude vor kurzem restauriert worden war. Ganz sicher waren die Glasfenster mit den Darstellungen der zwölf Apostel in lasterhaften Stellungen neu und unbestreitbar phantasievoll.
    Er sah nach oben und entdeckte, daß das Deckengewölbe mit einem entsprechend obszönen Fresko dekoriert worden war. Wie der Rest der Abtei entsprangen die Bilder einer wilden Mischung aus christlichen und heidnischen Elementen. Ziegenfüßige Satyrn paarten sich mit Engeln, und wollüstige Mönche verfolgten griechische Nymphen. Offenbar hatten die Höllenhunde Spaß an der Vielfalt.
    Während die Mönche einen Kreis bildeten, flüsterte Harford: »Gehen Sie zum Altargitter und legen Sie sich mit ausgebreiteten Armen auf den Boden. Wenn die Priester Ihnen befehlen, sich zu erheben, bleiben sie am Gitter stehen. Sprechen Sie den Priester mit Meister an.«

    Lucien gehorchte mit dem unehrerbietigen Gedanken, daß er etwas gegessen hätte, wenn man ihm gesagt hätte, daß er so lange auf sein Essen warten mußte. Sich mit leerem Bauch auf einen kalten Steinboden zu legen war kein besonderes Vergnügen.
    Eine Tür hinter dem Altar öffnete sich, und das Geräusch von Schritten und raschelndem Brokat war zu hören. Lucien sah nicht auf, aber Maces rauhe Stimme war leicht zu identifizieren.
    »Erkennst du den Ernst deines Unterfangens, Novize?«
    Bemüht um angemessene Ehrfurcht erwiderte Lucien: »Ja, Meister.« Die Steine unter seiner Wange waren schmierig.
    »Steh auf und sieh mich an, Novize.« Lucien gehorchte, und Mace fuhr fort: »Schwörst du feierlich, dieser Bruderschaft anzugehören?
    Begreifst du, daß Verrat den Fluch der Höllenhunde über dich bringen wird?« Seine Worte rollten wie Donner, und in seinen Augen lag echte Drohung.
    Luciens Erheiterung verflog. Er ermähnte sich, daß man seinen Gegner nie unterschätzen sollte, und sagte: »Das schwöre ich, Meister.«
    Maces Blick war

Weitere Kostenlose Bücher