Tanz des Lebens

in schwarzen Lederklamotten gehüllt; ihre Lippen und Fingernägel glänzten in einem satten Pinkton und sie strahlte eine Aura aus Warmherzigkeit aus.
    Faye gefiel ihre liebe und süße Art auf Anhieb. Aber im Gegensatz zu ihr schien Quin das Mädchen nicht zu mögen. Aus den Augenwinkeln sah Faye verwundert zu ihm hinüber. Er stand mit zusammengepressten Lippen in gebührendem Abstand zu der weißen Hexe und ihrer Nichte.
    Als Melissas dunkle Augen auf ihn fielen, blieb er bewegungslos stehen, verschränkte abwehrend die Arme über der Brust und erwiderte ihren herausfordernden Blick mit gleichgültiger Miene. Die Situation wurde unterbrochen, als hinter ihnen ein glockenhelles Lachen erklang.
    »Hi, wie ich sehe, hat Liam tatsächlich Besuch auf unseren Mark mitgebracht.« Mit einem herablassenden Lächeln begrüßte Nia die Neuankömmlinge; dann reckte sie sich hoch und ihre dunkellila geschminkten Lippen streiften Quins äußersten Mundwinkel. Danach schmiegte sie sich besitzergreifend an seinen Arm. »Ich hoffe, dass sie dir nicht allzu sehr auf die Nerven gehen. Wenn es dir zu viel wird, dann komm mit und tanz mit mir.«
    Quin sah sie abschätzenden, dann leicht ironischen Blickes an. »Hör mit den Spielchen auf, Nia. Liam hat dir doch schon erzählt, dass er mich gezwungen hat, heute Nacht mit Faye tanzen.«
    Aus den Augenwinkeln bemerkte er, dass Faye bei seinen Worten entgeistert zusammenzuckte. Mit einer gelangweilten Geste löste er Nias lilafarbene Fingernägel, die sich in den Ärmel seines weißen Hemdes gekrallt hatten. Wütend sah sie zu ihm auf. »Seit wann respektierst du Anordnungen? Du bist entsetzlich langweilig geworden.«
    Er schnippte einen imaginären Fussel vom Ärmel und lächelte nonchalant. »Und du bist ein Snob!«
    Beleidigt drehte sie sich um und lief so schnell weg, dass sich ihr langes, dunkellila Plisseekleid an der Ecke eines Verkaufstandes verfing. Ein unterdrückter Fluch hallte durch die sternenklare Nacht. Als Quin sich wieder umwandte, begegnete sein Blick Fayes herausfordernder, trotziger Miene. Langsam löste sich die dichtgedrängte Menschenmenge um sie herum auf.
    Wie auch Quin waren alle männlichen Tänzer in ein weißes, langärmliges Leinenhemd gehüllt, das die dunklen, dämonischen Mächte von ihren Partnerinnen ablenken sollte. Die Frauen hingegen trugen traditionelle Kostüme und lange, bunte Kleider, um die Geister mit ihrem Liebreiz und ihrer Schönheit anzulocken. In einen Nebel aus heiligem Weihrauch, Räucherstäbchen und tanzenden Feenlichtern gehüllt, begab sich die eindrucksvolle Prozession in Richtung See.
     

     
    »Komm mit. Liam bat mich, dich mit unseren Ritualen vertraut zu machen«, raunte Shiva ihr ins Ohr. Wortlos ließ Faye es zu, dass Shiva sie in eine kleine, etwas abseits gelegene Höhle zog. Dort zündete sie drei Räucherstäbchen an. Dann hielt sie diese in die Luft und wartete einen Augenblick. Ein leichter Windzug kam auf. Das Feuer erlosch und der würzige Duft von Weihrauch umwehte sie beide. Mit einer Verbeugung kniete sie sich vor eine lebensgroße Nat-Statue aus Sandstein und steckte dort die Stäbchen in den Sand.
    Danach holte sie aus ihrer bestickten Tasche ein kleines Briefchen. Darin eingewickelt glänzte hauchdünnes Blattgold. Fragend sah Faye sie an, als sie eines der Goldblättchen nahm und vorsichtig auf die Fingerspitze legte. Lächelnd nahm Shiva ihren Finger und führte ihn zum Herzen des Nat-Geistes. Fest rieb sie das Goldblättchen auf diese Stelle. Das wiederholte sie schweigend am Bauch und am Kopf der Statue.
    »Das sind die drei wichtigsten Stellen an dem Körper eines Nat-Charmers. Sie ehren wir mit dem Gold und einem gleichzeitig gesprochenen Bannspruch, damit der Ice Whisperer dort nicht eindringen kann«, flüsterte sie ihr leise zu.
    Mit geschmeidigen Bewegungen erhob sie sich und führte sie zu einer silbernen Schüssel. Wieder leitete sie ihre Hand und gemeinsam gossen sie drei Schöpfe Öl in eine Lampe. »Das machen wir, damit die heilige Flamme zu Ehren der guten Nat-Geister niemals verlischt«, erzählte sie mit ihrer melodischen Stimme. »Und jetzt komm. Es ist Zeit, dich umzukleiden.« Hinter einem Bambusparavent reichte sie Faye ein meergrünes, seidenes Kleid. Während sie sich umzog, versorgte Shiva sie mit wichtigen Informationen.
    »Die Wahrscheinlichkeit, dass der Nat erscheint, ist höher, wenn man eine innere Verbindung zum Ice Whisperer hat und dessen wahren Namen kennt. Im Prinzip ist es