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Tanz im Dunkel

Tanz im Dunkel

Titel: Tanz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Bett war leer. Die blutigen Handtücher weichten in kaltem Wasser in der Badewanne ein, und die leeren Flaschen befanden sich im Mülleimer.
    Rue lächelte erleichtert. “Nur du und ich, Martha”, sagte sie zur Katze, die nun, nachdem die fremden Leute weg waren, wieder aus ihrem Versteck auftauchte. Ihr Bett, so schmal und hart es auch sein mochte, erschien Rue plötzlich als der wunderbarste Platz auf Erden. Rasch wusch sie sich noch das Gesicht, putzte sich die Zähne und zog ihr Nachthemd an. Martha sprang zu ihr ins Bett und suchte sich ein Plätzchen, und nach einigem Hin und Her hatte Rue sich mit der Katze so weit geeinigt, dass auch sie selbst Platz hatte, die Beine auszustrecken.
    Rue war sehr müde, doch auch aufgewühlt. Immerhin lag da draußen irgendwo ein toter Mensch auf der Straße. Sie wartete darauf, dass sie von Schuldgefühlen überschwemmt würde, doch nichts dergleichen geschah. Denn Rue wusste, dass es Hallie gewesen wäre, die jetzt blutend auf der Straße läge, wenn der Kerl sie erwischt hätte.
    Alles schon erlebt, dachte Rue bitter. Und alles, was ich davon hatte, sind die verdammten Narben.
    Bezüglich des Schocks bei den Jaslows – ausgelöst durch den Blick, den sie auf ein Gesicht erhascht hatte, das sie mehr als alles andere fürchtete – glaubte Rue nun fast, dass sie sich alles eingebildet hatte. Falls er sie erkannt hätte, hätte er schon dafür gesorgt, dass sie ihn bemerkte. Er hätte sie nicht in Ruhe gelassen.
    Denn er hatte geschworen, dass er sie nie in Ruhe lassen würde.
    Doch es war seltsam, dass sie ausgerechnet heute Abend geglaubt hatte, ihn zu sehen. Anfangs hatte sie sich noch eingebildet, ihn überall zu sehen – egal, wie oft sie deshalb schon bei der Polizei nachgefragt hatte, um sich zu vergewissern, dass er noch im Krankenhaus war. Vielleicht war es – wieder einmal – Zeit, Will Kryder anzurufen.
    Sie stellte sich vor, wie Sean in einem Sarg lag und ein kleines Lächeln seinen Mund umspielte. Dann schlief sie ein.
    Sean allerdings lag nirgendwo. Er war unterwegs.
    Sean wusste im Grunde, dass es falsch war, hinter Rues – Laylas – Rücken etwas zu unternehmen, doch er war entschlossen, es trotzdem zu tun. Wenn er Thompson um Hilfe gebeten hätte, hätte der jüngere Vampir ihm zweifellos im Internet alle Informationen beschaffen können, die Sean brauchte. Sean selbst hatte sich nie an Computer gewöhnen können, und es würde vermutlich noch zwanzig Jahre dauern, bis er sich mit den Dingern anfreundete.
    Wie bei Autos. Autos waren auch so eine Sache. Sean hatte erst in den Sechzigerjahren fahren gelernt. Was er allerdings liebte, waren die modernen CD-Player, und er hatte sich sofort einen gekauft, als es ihm möglich war. Mit Worten hatte Sean sich immer schwergetan, und so war immer das Tanzen seine Art gewesen, sich auszudrücken – ab jenem Zeitpunkt, als er tanzen durfte.
    Tja, heute Nacht würde er sich also die Informationen, die er wollte, auf die gute, altmodische Art und Weise besorgen. Er würde nach Pineville fahren, dort einen Platz finden, wo er sich verkriechen konnte, bis er am nächsten Abend aufwachte, und dann mit seinen Recherchen beginnen.
    Sean wusste, dass Rues Angst so tief saß, dass sie nicht darüber reden konnte. Und seit er sich für Rue verantwortlich fühlte, hatte er es sich zur Aufgabe gemacht herauszufinden, wovor genau sie Angst hatte. Im Laufe der Jahrhunderte hatte er zwar ein paar Veränderungen durchgemacht, doch er war so erzogen worden (und immer noch überzeugt davon), dass ein Mann seine Frau – seine Freundin – beschützen musste.
    Und wie sollte er sie beschützen, wenn er nicht wusste, wovon sie sich bedroht fühlte?
    Während Rue spät aufstand, gemütlich frühstückte, ihre Wohnung sauber machte und sich um die Wäsche kümmerte, schlief Sean im einzigen Vampir-Zimmer eines Hotels an der Autobahn kurz vor der Ausfahrt nach Pineville. Er hatte den Verdacht, dass es für den Portier das erste Mal war, dass ein richtiger Vampir sich ein Zimmer nahm. Sean hatte gehört, dass sich manche Paare – Menschen – das Zimmer manchmal für irgendwelche seltsamen Sex-Spielchen nahmen. Er selbst fand das ziemlich widerlich. In dem fensterlosen Raum, den man durch eine Doppeltür mit schweren Schlössern und einem schwarzen Samtvorhang betrat, befanden sich zwei Särge, die nebeneinander auf dem Boden standen. In der Ecke stand ein kleiner Kühlschrank mit einigen Flaschen voll synthetischem Blut. Das

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