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Tanz im Mondlicht

Tanz im Mondlicht

Titel: Tanz im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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irischen Leinennachthemd parat. Gemeinsam hievten sie Margaret ins Bett.
    »Sylvie, sie braucht …«, begann Jane, als sie die Treppe hinuntergingen.
    Aber Sylvie ging schneller, bog um die Ecke und betrat die Küche. Dort begann sie, Tee zu kochen. Ihr blaues T-Shirt war tropfnass. Ihre schlanken Arme wirkten vom vielen Heben drahtig und muskulös. Die goldblonden Haare fielen ihr bis auf die Schultern, verbargen ihr Gesicht.
    »Ich weiß, was sie braucht.« Sylvies Stimme klang erschöpft. »Wir haben den Tagesablauf ganz gut im Griff.«
    Jane blickte sie an. Sie bemühte sich, einfühlsam zu sein, Zurückhaltung zu üben. Sich einzumischen war in diesem Haus früher gang und gäbe gewesen. Aber Sylvie war ihre kleine Schwester. In den letzten Monaten war es ihr schwergefallen, ihre Zunge im Zaum zu halten, als sie von Sylvies Entschluss erfahren hatte, sich auf unbestimmte Zeit von ihrer heißgeliebten Tätigkeit beurlauben zu lassen; sie hatte den Stress in ihrer Stimme wahrgenommen und sie nun bei ihren täglichen Routineverrichtungen erlebt.
    »Was du für sie tust, ist bewundernswert, Sylvie«, sagte Jane.
    Sylvie zuckte die Achseln, beobachtete den Wasserkessel auf dem Herd. Die Tropfen, die an den Seiten heruntergelaufen waren, zischten auf der heißen Platte. »Das Schaumbad hat ihr gefallen. Und es gefällt ihr, dass du hier bist.«
    »Du weißt, warum ich gekommen bin, oder?«
    Sylvie blickte Jane in die Augen. Jane schluckte, als wäre sie von derjenigen Person ertappt worden, die sie besser als jeder andere Mensch auf der Welt kannte. Die Sekunden verstrichen, und Jane hatte das Gefühl, als sähe Sylvie bis auf den Grund ihrer Seele.
    »Ich wünschte, ich wüsste es nicht«, erwiderte Sylvie. »Aber ich kann es mir denken. Vermutlich ist das der Grund, warum du dir auch weiterhin den Wagen ausleihen willst.«
    Errötend schlug Jane die Augen nieder.
    »Nein, es hat mit Mom zu tun. Und mit dir. Sie braucht professionelle Pflege, und das übersteigt deine Kräfte.«
    »Wir schaffen das schon.«
    »Du bist erschöpft. Ich habe keinen blassen Schimmer, wie du es schaffst, sie ohne fremde Hilfe hochzuheben, wenn ich nicht da bin.«
    »Du unterschätzt mich.« Sylvie spannte ihre Muskeln an. Der Wasserkessel pfiff, und sie schaltete den Herd aus.
    »Du hast deinen Beruf an den Nagel gehängt.«
    »Das sagst ausgerechnet du! Wer kümmert sich denn um deine Konditorei?«
    »Ich brauchte Urlaub«, erwiderte Jane beherrscht. »Es ist fünfzehn Jahre her, seit ich zum letzten Mal …«
    »Wie auch immer. Ich habe mich nur auf unbestimmte Zeit beurlauben lassen. Dafür hat jeder Verständnis. Mom war sehr beliebt in der Schule – schließlich war sie dort Rektorin.«
    »Besser gesagt, sie war geliebt und gefürchtet, eine seltene Kombination.« Jane lächelte. »Genau wie auf der privaten Ebene zu Hause.«
    »Sie musste uns Vater und Mutter zugleich sein.«
    Janes Magen verkrampfte sich. Ihre Mutter pflegte sie ständig daran zu erinnern. Der Vater hatte sich seiner Familie nach und nach entfremdet. Ein Vertreter, der Papierwaren verkaufte und immer mehr Zeit auf der Landstraße verbrachte. Jane erinnerte sich, dass sie vor dem Fenster ihres Zimmers gekniet und nach seinem Wagen Ausschau gehalten hatte. Sie war so darauf geeicht, dass sie auf Anhieb die Scheinwerfer erkennen konnte – unter sämtlichen Fahrzeugen, die vorüberfuhren. Sie hatte ihn so heiß und innig geliebt, dass sie sich wie ausgewechselt fühlte, wenn er nicht zu Hause war.
    »Fragst du dich jemals, wo er wohl stecken mag?«, sagte Jane.
    »Nie«, beteuerte Sylvie angespannt.
    »Wirklich?« Sie sah zu, wie Sylvie losen Tee in die blaue Teekanne schüttete und sie mit heißem Wasser füllte. Ihre Mutter rief von oben.
    »Du etwa?«
    »Ständig«, gestand Jane leise.
    »Dann suchen dich die Gespenster der Vergangenheit doppelt heim.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich weiß, wohin du mit dem Wagen fährst, Jane. Zur Plantage.«
    Jane starrte in den Dampf, der aus der Tülle der Teekanne aufstieg.
     
    Jane hatte ihr Baby behalten wollen, doch ihre Mutter hatte es ihr ausgeredet. Sie sah ein, dass die Pläne ihrer Mutter zu »ihrem eigenen Besten und dem des Kindes« gewesen waren. Es hatte ein gutes Zuhause gefunden, besser als alles, was Jane ihr hätte bieten können.
    Für Margaret war es schlimm genug gewesen, dass Jane ein ganzes Semester aussetzen musste. Sie hatte das ganze Leben schließlich noch vor sich … konnte sie sich

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