Tanz mit dem Schafsmann
Moment kam sie mir vor wie eine TV-Moderatorin. Schön wär’s. Und nun zu den nächsten Nachrichten …
Ich erzählte ihr, dass ich am Morgen nach Hawaii fliegen würde.
»Aha«, sagte sie ungerührt. Damit war unser Gespräch beendet. Wir verabschiedeten uns und legten auf. Ich trank noch einen Whiskey, löschte das Licht und legte mich schlafen.
28
Und nun zu den nächsten Nachrichten. Ich faulenzte am Strand von Fort De Russy und schaute zu den Palmwedeln und Möwen am blauen Himmel empor, als ich diesen Satz laut vor mich hin sagte. Yuki lag neben mir auf dem Bauch und döste. An ihrer Seite stand ein Sanyo-Ghettoblaster, aus dem Eric Claptons neuester Hit schallte. Yuki trug einen olivgrünen Bikini und war von Kopf bis Fuß mit Kokosöl eingerieben. Glatt und geschmeidig wie ein Delphinbaby. Ein junger Samoaner stapfte mit einem Surfbrett vorbei, ein tief gebräunter Bademeister mit blitzendem Goldkettchen beobachtete von seinem Hochsitz aus das Geschehen. Die ganze Stadt roch nach Blumen, Früchten und Sonnenöl. Hawaii.
Und nun zu den nächsten Nachrichten.
Dinge geschehen, verschiedene Personen treten auf, die Szenen wechseln. Noch vor kurzem war ich durch das verschneite Sapporo geirrt. Jetzt aalte ich mich am Strand von Waikiki und blickte zum blauen Himmel empor. Der Lauf der Welt. Indem ich die Punkte zu einer Linie verband, hatte sich alles so ergeben. Indem ich einfach zur Musik tanzte, war ich schließlich hier gelandet. Tanze ich gut? Ich ließ meine Schritte der Reihe nach Revue passieren und überdachte jeden einzelnen. Gar nicht so übel, lautete mein Fazit. Nicht überragend, aber auch nicht schlecht. Stünde ich noch einmal am gleichen Ausgangspunkt, würde ich genauso handeln. Eben mit System. Hauptsache, ich hielt die Füße in Bewegung. Schritt für Schritt, ohne anzuhalten.
Und jetzt war ich in Honolulu. Pause!
Pause. Ich wollte das Wort eigentlich nur leise hauchen, aber Yuki hatte es offenbar gehört. Sie rollte sich zu mir herum, nahm die Sonnenbrille ab und blickte mich argwöhnisch an.
»Über was grübelst du eigentlich die ganze Zeit nach?«, fragte sie heiser.
»Ach, über nichts Besonderes, über dies und das«, erwiderte ich.
»Meinetwegen tu, was du willst, aber könntest du bitte aufhören, neben mir herumzubrabbeln? Führ deine Selbstgespräche, wenn du allein auf deinem Zimmer bist.«
»Entschuldigung. Von nun an verhalte ich mich ganz leise.«
Sie warf mir einen milden Blick zu. »Sei doch nicht so ein Trottel, bitte.«
»Hm«, machte ich.
»Du führst dich auf wie ein alter Kauz, der es nicht gewohnt ist, unter Leuten zu sein«, sagte sie noch und rollte sich wieder auf den Bauch.
Wir waren mit dem Taxi vom Flughafen zum Apartmenthotel gefahren, hatten uns T-Shirts und Shorts angezogen und waren dann auf Yukis Wunsch hin als Erstes in das nächste Shopping-Center gegangen, um einen tragbaren Radio-Rekorder zu kaufen.
»Ich will einen richtigen Ghettoblaster«, sagte sie.
Ich bezahlte das Gerät, ausreichend Reservebatterien und Kassetten mit einem Scheck von Makimura. Ich fragte sie, ob sie noch andere Sachen bräuchte. Kleidung? Badeanzug? Sie schüttelte den Kopf. Wenn wir zum Strand gingen, musste der Rekorder unbedingt mit. Ich durfte ihn natürlich tragen. Das Gerät geschultert, stapfte ich hinter ihr her wie der drollige Eingeborene im Tarzanfilm (Master, nicht weitergehen, Teufel wohnen da). Der DJ spielte nonstop Popsongs, daher kenne ich alle aktuellen Hits aus jenem Frühjahr. Wie eine Epidemie breiteten sich die Songs von Michael Jackson über den gesamten Erdball aus. Die mittelmäßigen Hall & Oats versuchten immerhin tapfer, ihren eigenen Stil zu wahren, während die etwas phantasielosen Duran Duran zwar einen gewissen Glamour besaßen, ihn jedoch nicht zur Entfaltung brachten.
Die Zimmer waren tatsächlich nicht übel. Die Innenausstattung (vor allem die Bilder) war natürlich unter ästhetischen Gesichtspunkten alles andere als chic, jedoch sehr komfortabel. (Wer sucht denn auf Hawaii schon Eleganz?) Der Strand war bequem zu erreichen. Unsere Zimmer im zehnten Stock waren ruhig und hatten einen schönen Ausblick. Man konnte sich auf dem Balkon sonnen und aufs Meer schauen. Die Küche war geräumig, sauber, funktional und komplett ausgestattet, von der Mikrowelle bis zum Geschirrspüler. Yukis Zimmer nebenan war nicht so groß und hatte nur eine Kochnische – klein, aber fein. Die anderen Gäste, denen man unterwegs begegnete, wirkten
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