Tanz, Pueppchen, Tanz
daneben.«
»Du liegst völlig daneben«, stimmt Amanda ihm zu.
»Du kreuzt nur mitten in der Nacht in meiner Wohnung
auf …«
»Mitternacht ist ja wohl kaum mitten in der Nacht.«
»… mit Informationen, die, so faszinierend sie auch sein mögen …«
»Tut mir Leid, dass ich dich gestört habe. Ich dachte, es würde dich vielleicht interessieren.«
»… auch bis morgen hätten warten können.«
»Als ich das letzte Mal Informationen vorenthalten habe, bist du wütend geworden.«
»Ich war wütend, weil du einfach planlos alleine losgelegt und dich damit in Gefahr gebracht hast.«
»Jetzt bin ich aber nicht in Gefahr«, sagt Amanda.
»Und ich bin nicht derjenige, der wütend ist.«
Amanda strampelt mit dem rechten Fuß, bis der halb angezogene Stiefel Richtung Tür segelt. »Okay, so kommen wir nicht weiter. Und subtile Andeutungen waren noch nie meine Stärke, also spuck es aus. Was genau willst du sagen? Dass du glaubst, ich wäre hierher gekommen, um dich zu verführen?«
»Bist du?«
»Ich bin gekommen, weil ich etwas gefunden habe, das ich für potenziell wichtig gehalten habe. Und vielleicht hätte es auch bis morgen warten können, mag sein. Aber ich nicht. Und das war vielleicht egoistisch, aber ich war aufgeregt und durcheinander und wusste, dass ich sowieso nicht wieder einschlafen würde. Ich hab versucht, dich anzurufen, aber ich hab mich verwählt, und dann habe ich es noch mal versucht, aber die Vorwahl vergessen, und ich konnte einfach keine Minute länger in diesem Haus bleiben. Es hat mich wahnsinnig gemacht. Ich musste da raus. Und wohin, wenn nicht hierher, hätte ich gehen sollen? Und es tut mir wirklich Leid. Entschuldige, dass ich dich gestört habe. Entschuldige, dass du den falschen Eindruck bekommen hast. Entschuldige alle schrecklichen Dinge, die ich dir je angetan habe.«
»Tut es dir Leid, dass du mich geheiratet hast?«
Die Frage erwischt sie unvorbereitet und raubt ihr für den Bruchteil einer Sekunde den Atem. Sie schüttelt den Kopf. »Nein, das tut mir nicht Leid.«
Er lächelt. »In dem Fall ist deine Entschuldigung angenommen.«
Amanda versucht, sein Lächeln zu erwidern, doch es kommt nur ein Zucken ihrer Lippen dabei heraus. »Danke.«
»Mir tut es auch Leid.«
»Was?«
»Dass ich so daneben lag und so egoistisch war.« Er zuckt mit den Schultern, streckt beide Hände halb aus und verharrt so, als wüsste er nicht, was er als Nächstes tun soll.
»War wahrscheinlich bloß Wunschdenken.«
Wieder hat Amanda das Gefühl, dass ihr der Atem aus der Lunge gesaugt wird. »Was soll das heißen?«
»Was glaubst du?«
»Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll. Sag es mir lieber.«
»Was soll ich dir sagen? Dass ich dich so dringend umarmen möchte, dass ich kaum noch geradeaus gucken kann? Dass ich dir diesen blöden lila Pullover vom Leib reißen wollte, seit du zur Tür reingekommen bist?«
»Du magst kein Lila?« Mit einem Griff zieht sich Amanda den Mohair-Pullover über den Kopf und wirft ihn in Richtung des hohen Tisches an der Wand. Einen Fuß in einem schweren Lederstiefel, den anderen nackt und mit erwartungsvoll bebenden, nackten Brüsten steht sie vor ihrem Ex-Mann. »Kann ich dich jetzt verführen?«
Und plötzlich ist sie in seinen Armen, er presst seinen Mund auf ihren, und sie öffnet die Lippen, um seine sanfte Zunge zu empfangen, die sich genauso anfühlt wie beim ersten Mal, als sie sich geküsst haben, jeder Kuss von derselben drängenden Zärtlichkeit, nur dass es heute noch viel besser ist, weil seine Hände, die über ihren Körper gleiten, jetzt erfahren und wissend sind, als hätten sie nie aufgehört, sie zu berühren, als wären sie nie getrennt gewesen, als ob es schon immer so gewesen wäre und für immer so sein würde.
Es klingelt.
Sie lösen sich aus ihrer Umarmung.
Für immer ist vorbei.
»Scheiße«, sagt er und blickt zur Tür.
»Scheiße,« bestätigt sie und sieht ihn an.
So stehen sie, bis es zum zweiten Mal klingelt.
»Du musst nicht aufmachen«, sagt sie.
»Wenn ich nicht aufmache, geht sie weg.«
»Das ist der Plan.«
»Und du?«, fragt er, hebt den Blick und sieht sie direkt an. »Wann gehst du weg?«
Amanda atmet tief ein. Was sie sagen möchte, ist: nie. Was sie sagt, ist: »Freitag, spätestens Samstag.«
Ben bückt sich nach ihrem Pullover auf dem Fußboden.
»Das dachte ich mir«, sagt er, als es zum dritten Mal klingelt.
»Gerettet vom sprichwörtlichen Klingeln.« Amanda nimmt ihm den Pullover
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