Tanz, Pueppchen, Tanz
war, oder?«
»Ich habe mich ernsthaft bedroht gefühlt«, beharrt die Zeugin.
»So ernsthaft, dass Sie am Abend nach der Arbeit nach Hause zurückgekehrt sind?«
»Ich habe ein Baby, um das ich mich kümmern musste.«
»Ein Baby, das Sie ohne Probleme mit einem Mann alleine gelassen hatten, der Sie, wie Sie behaupten, geschlagen und vergewaltigt hat. Von der Morddrohung ganz zu schweigen.«
»Derek würde dem Baby nie etwas tun.«
»Oh, da bin ich mir ziemlich sicher«, stimmt Amanda ihr herzlich zu und lächelt den Angeklagten an. »Tatsache ist, dass Derek Clemens ein wundervoller Vater ist, oder nicht?«
»Er ist ein guter Vater«, räumt die Zeugin sichtlich widerstrebend ein.
»Er ist Tiffanys Hauptbezugsperson, oder nicht?«
»Na ja, er war derjenige, der tagsüber zu Hause war.«
»Und jetzt?«
»Was jetzt?«
»Wer kümmert sich jetzt um Tiffany, nachdem Sie und Derek Clemens sich getrennt haben?«
»Wir beide.«
»Ist es nicht so, dass sie bei ihrem Vater lebt?«
»Die meiste Zeit.«
»Und Sie leben jetzt mit einem anderen Mann zusammen?« Amanda konsultiert ihre Notizen. »Mit einem Adam Johnson?«
»Nicht mehr.«
»Sie haben sich getrennt? Warum?«
Der stellvertretende Distriktstaatsanwalt ist sofort auf den Beinen. »Einspruch, Euer Ehren. Ich kann nicht erkennen, inwiefern die Intention dieser Frage für die Verhandlung relevant sein soll.«
»Ich glaube, dass ich die Relevanz mit der nächsten Frage deutlich machen kann, Euer Ehren.«
»Fahren Sie fort.«
»Ist es wahr, dass Adam Johnson eine Verfügung gegen Sie erwirkt hat, Miss Fletcher?«
»Einspruch.«
»Abgelehnt.«
»Warum hat Adam Johnson eine Verfügung gegen Sie erwirkt, Miss Fletcher?«
Die Zeugin schüttelt den Kopf und fängt an, nervös am Lack des Mittelfingers ihrer linken Hand zu kauen. »Adam Johnson ist ein Lügner. Er will mir bloß Ärger machen.«
»Ach so. Es hat also nichts mit der Tatsache zu tun, dass Sie ihn mit einer Schere angegriffen haben?«
»Es war bloß eine Nagelschere«, protestiert Caroline Fletcher matt.
»Ich habe keine weiteren Fragen an die Zeugin.« Als Amanda zu ihrem Verteidigertisch geht, bemüht sie sich, nicht zu lächeln.
Das Telefon klingelt, als Amanda an ihrer Sekretärin vorbei in ihr kleines Büro eilt. »Ich bin nicht da«, sagt sie im Vorbeigehen, macht die Tür hinter sich zu und blättert die Nachrichten durch, die sich auf ihrem Schreibtisch stapeln. Sie zieht ihre Jacke aus, streift die schwarzen Leinenpumps ab, die den ganzen Nachmittag gekniffen haben, und lässt sich in ihren schwarzen Ledersessel fallen. Sie ist kurz versucht, die Füße triumphierend auf die Tischplatte zu legen, wie es Männer in Filmen tun, wenn sie besonders selbstzufrieden sind, doch dafür ist es noch zu früh. Der Prozess ist noch lange nicht gelaufen, bloß weil die wichtigste Belastungszeugin des Anklägers keinen Starauftritt hingelegt hat. Da ist immer noch die Sache mit den grässlichen Bissspuren. Kann Derek Clemens es wirklich schaffen, die Geschworenen zu überzeugen, die Beweise vor ihren Augen zu übersehen?
Ein weiterer Grund, warum Amanda zögert, die Füße hochzulegen, ist der Umstand, dass dafür kein Platz ist. Ihr Blick schweift von dem leeren Computerbildschirm in der Mitte des Schreibtischs über diverse Akten und Unterlagen, die sich an beiden Seiten stapeln. Ein Dutzend schwarzer Filzstifte liegt zwischen einer wahllosen Sammlung von Briefbeschweren und Kristallminiaturen verstreut – ein kleiner Pudel, ein aufgeschlagenes Buch, ein vergoldeter Federkiel mit einem winzigen Tintenfass. Seltsame Erwerbungen für jemanden, der Nippes eigentlich nicht leiden kann, denkt sie abwesend, während sie aus dem Fenster ihres Büros im zweiten Stock blickt und wie jedes Mal das Gesicht verzieht, als sie das kaugummipinke Gebäude gegenüber sieht. Dabei ist sie in Dekorationsfragen nicht unbedingt in der Position, den ersten Stein zu werfen, nachdem ihr Versuch gescheitert ist, die Mächtigen bei Beatty und Rowe dazu zu überreden, ihre kanariengelbe Fassade mit einem gefälligeren Weiß zu überstreichen.
Es klopft leise, bevor die Tür aufgeht und Amandas Sekretärin den Kopf hereinsteckt. Unter ihrem orangeroten Schopf schielt Kelly Jamieson leicht, trotz einer Augenoperation und dicker Brille. Sie hat ein Mondgesicht mit einer langen, dünnen Nase; ihre Brust ist flach, ihre Beine sind kurz und etwas gebogen. Seltsamerweise ergeben diese kleinen Makel zusammen ein
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