Tanz um Mitternacht
sie jetzt vor. Sie wird schon morgen früh abreisen. Obwohl sie eigentlich länger hier bleiben wollte.«
Zufrieden nickte Elizabeth, öffnete ihren pflaumenblauen Seidenfächer, der zu ihrem Kleid passte, und wedelte ihn langsam durch die Luft. Sie mochte die Duchess, und Rand, der einmal das Leben ihres Mannes gerettet hatte, würde stets einen Platz in ihrem Herzen behalten.
Aber Rand war anders als Nick, von starken Gefühlen erfüllt, die er nicht kontrollieren konnte. Hoffentlich würden ihn diese Emotionen nicht in eheliche Schwierigkeiten bringen. Auf ihre Art war Caitlin ebenso stark wie er. Und vielleicht auch genauso unversöhnlich, dachte Elizabeth, wenn er sie unfair behandelt.
Hinter ihrem Fächer verborgen, beobachtete sie, wie Lady Hadleigh in einer verführerischen Wolke aus weißer changierender Seide, die schwarzen Locken stilvoll hochgetürmt, zu Caitlin eilte. Verwirrt runzelte Elizabeth die Stirn. Warum wollte Rands ehemalige Geliebte mit seiner Frau sprechen? Das konnte sich Elizabeth beim besten Willen nicht vorstellen. Aber ein Instinkt warnte sie vor den Absichten dieser Intrigantin.
Nach ihrer Ansicht dauerte die Konversation etwas zu lange. Schließlich wandte sich Caitlin ab. Die Wangen leicht gerötet, eilte sie zur hohen Doppeltür und verließ den Ballsaal. Elizabeth folgte ihr besorgt und hoffte, ihr Gefühl würde sie trügen und Lady Hadleigh hätte sich in ihrer Eifersucht auf die schöne Gemahlin des Dukes nicht zu einer Beleidigung hinreißen lassen.
Vergeblich schaute sich Elizabeth im Flur um. Sie rannte die Treppen zum Erdgeschoss hinab, spähte in die verschiedenen Empfangsräume und den Spielsalon. Überall wimmelte es von Gästen. Nur Caitlin ließ sich nicht blicken.
Nachdem Elizabeth die Terrasse und den Garten abgesucht hatte, stieg sie die Stufen zum Ostflügel hinauf, wo die Gästezimmer lagen. Dort lief ihr Caitlin über den Weg, ein pelzbesetztes Cape um die Schultern.
»Um Himmels willen, Caitlin, wohin gehst du?«
Caitlins Unterlippe bebte, und Elizabeths Sorge wuchs. »Sei so nett und sag Maggie, ich danke ihr für die Gastfreundschaft. Leider ist etwas dazwischengekommen. Ich fahre sofort nach London.«
»Jetzt? So spät am Abend? Du wirst erst gegen Mitternacht in der Stadt eintreffen.«
»Das muss ich in Kauf nehmen. Ich habe meinem Kutscher Bescheid gegeben. Wahrscheinlich ist der Wagen schon vorgefahren. Kannst du Maggie ausrichten, ich würde meine Sachen im Lauf der nächsten Tage holen lassen?«
»Bitte, Cait, erzähl mir, was geschehen ist.«
»Ich weiß es nicht genau«, entgegnete Cait mit tränenerstickter Stimme. »Noch nicht. Aber ich werde es herausfinden.« Ohne ein weiteres Wort rannte sie die Treppe hinab.
Aufgeregt kehrte Elizabeth in den Ballsaal zurück, um ihre Schwägerin zu informieren. Was immer auch passiert war - sie hoffte inständig, Rands Frau würde ihr Ziel wohlbehalten erreichen. »Und dass er nicht getan hat, was ich befürchte«, flüsterte sie vor sich hin.
20
Kurz vor Mitternacht, immer noch in ihrem smaragdgrünen Ballkleid, betrat Cait das imposante Haus des Dukes am Grosvenor Square.
Zu ihrer Enttäuschung war Rand nicht daheim.
Das dürfte sie eigentlich nicht überraschen. Aber in ihrer Naivität hatte sie sich vorgestellt, er würde seine vier Wände nicht verlassen und einsam um sein Kind trauern, so wie auf seinem Landsitz. Offenbar hatte er seinen Kummer längst verwunden.
Stimmte es, was Lavinia Wentworth, Lady Hadleigh, behauptet hatte? Besuchte er wieder seine ehemalige Geliebte, Hannah Reese? Natürlich war die Dame nicht direkt mit dieser Neuigkeit herausgerückt. Stattdessen begnügte sie sich mit Anspielungen und erwähnte gewisse Gerüchte, die sie gehört hatte.
»Tut mir Leid, Sie irren sich«, entgegnete Caitlin kühl. »Mein Mann ist aus geschäftlichen Gründen nach London gefahren.« Dann ging sie davon und ließ die Frau einfach stehen. Aber die Erinnerung an das triumphierende, selbstgefällige Lächeln hatte sie während der ganzen Fahrt in die Stadt verfolgt.
Das glaube ich nicht, redete sie sich ein. Immerhin war Rand ihr nach Santo Amaro gefolgt, wo er sie mit List und Tücke zur Heirat gezwungen hatte. Wenn er so großen Wert auf seine Ehe legte, würde er sie wohl kaum aufs Spiel setzen.
Andererseits hatte Cait von Anfang an gewusst, dass er nur an dem Kind interessiert gewesen war. Jetzt lebte es nicht mehr. Bei diesem Gedanken wurde ihr das Herz noch schwerer.
Vom
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