Tanz um Mitternacht
er die andere Seite der Schlucht, und Cait lächelte - genauso erleichtert, wie er sich vorhin gefühlt hatte.
»Alles in Ordnung?«, fragte Rand, während sie die steile Felswand erklommen.
»Ja. Hoffentlich gibt’s einen anderen Weg nach unten.«
»Um die Wahrheit zu gestehen«, erwiderte er grinsend, »das hoffe ich auch.«
Danach sagte sie nichts mehr. Wie üblich blieb er hinter ihr und ließ sie nicht aus den Augen. Immer wieder erinnerte er sich, welche Höllenqualen er ertragen hatte, als sie über die Brücke gegangen war. Wenn sie den Gipfel erreichten, würde ihm eine bleischwere Last von der Seele fallen.
Den ganzen Tag stiegen sie bergauf. Langsam, aber stetig kamen sie voran. Am späten Vormittag gerieten sie in die dichten grauen Wolken an den oberen Hängen des Pico de Maligno, und nachmittags genossen sie den warmen Sonnenschein nahe dem Gipfel.
In zwei Tagen würden sie die Stelle erreichen, die auf der Landkarte eingezeichnet war - wo Leonard Metz die Halskette der Kleopatra versteckt hatte. Zumindest hofften sie, den Schatz dort zu finden. Am vergangenen Morgen waren sie an einer Kreuzung der Bergpfade dem Weg gefolgt, den Metz auf der Karte markiert hatte. Dieses kostbare vergilbte Pergament trug der Professor stets bei sich.
Die tagelange Bergtour hatte Caits Beine gekräftigt. Aber die Muskeln in ihren Armen und am Rücken schmerzten natürlich noch. Dankbar atmete sie auf, als Max von Schnell eine Ruhepause einlegte. Sie beobachtete, wie Rand mit dem Deutschen sprach. Die Worte verstand sie nicht. Dann ging der Führer davon, und Maruba schlenderte zu Rand.
Wie erstarrt stand Caitlin zwischen den Felsen. Maruba
war schön und anmutig und exotisch - und die Geliebte des Barons. Das hatte Cait längst herausgefunden. Zweimal hatte sie das Mädchen auch an Geoffrey St. Anthonys Seite gesehen und sich gefragt, ob auch er den Reizen der Eingeborenen erlag. Dieser Gedanke irritierte sie ein wenig, da er sie immer noch zur Heirat drängte. Warum fühlten sich die Männer in ihrem Leben pausenlos zu anderen Frauen hingezogen?
Unglücklich verfolgte sie die Ereignisse. Maruba lächelte den Duke verführerisch an und strich mit einem braunen Finger über seine nackte Brust unter dem teilweise aufgeknöpften Hemd. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Caits Herz hämmerte schmerzhaft gegen die Rippen.
Mit sanfter Gewalt ergriff Rand die Hand des Mädchens, schob sie beiseite und schüttelte entschieden den Kopf. Ohne einen Blick zurückzuwerfen, entfernte er sich, und Maruba starrte ihm nach.
Während er den Bergpfad hinaufstieg, verebbte der Schmerz in Caits Brust. Kurz danach kam Maruba zu ihr, sichtlich zerknirscht, das hübsche kaffeebraune Gesicht von Schuldgefühlen verdüstert. Ein paar Schritte vor Cait blieb sie stehen und wies mit dem Kinn in Rands Richtung. »Guter Ehemann.«
Cait fand keine Worte, und Maruba schenkte ihr ein wissendes Lächeln von Frau zu Frau, bevor sie weiterging. Wusste sie, dass Caitlin jene Szene beobachtet hatte? Wahrscheinlich. Aber Rand hatte es nicht bemerkt. Seine ehelichen Schwierigkeiten waren Maruba wohl kaum verborgen geblieben. In einer Gruppe, die so eng zusammenlebte, gab es keine Geheimnisse.
Vielleicht hatte Maruba ihn einer Prüfung unterzogen. Und dass er das Angebot des schönen Mädchens abgelehnt hatte, erwärmte Caits Herz.
Lächerlich... Das bedeutete gar nichts. Vermutlich begehrte er Maruba nicht. Viel mehr steckte sicher nicht dahinter.
Trotzdem - Cait fühlte sich erleichtert, sogar glücklich.
Abends aßen sie ungesäuertes Brot, einen wässerigen Eintopf aus Kräutern und Wildfleisch. Welches Fleisch Cait aß, wusste sie nicht so genau. Danach wollte sie vorsichtshalber nicht fragen. Später ging sie spazieren, um ihre schmerzenden Muskeln zu entspannen, wagte sich aber nicht allzu weit in den Dschungel hinein.
Sie stand im Schatten und betrachtete das Lagerfeuer, als sie Blätter rascheln und schwere Schritte hinter sich hörte. War Rand ihr gefolgt? Ihr Atem stockte.
Ehe sie sich umdrehen konnte, hielt ihr eine große, schwielige Hand den Mund zu. Sofort wurde ihre freudige Erregung von kalter Angst verdrängt. Sie packte die harten Finger und versuchte, sie wegzuschieben. Da umschlang ein starker Arm ihre Taille. Mühelos hob Max von Schnell sie hoch und trug sie in ein dichtes Gebüsch. Wachsende Furcht beschleunigte ihren Puls. Mit aller Kraft wehrte sie sich, trat mit ihren
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