Tanz um Mitternacht
gebeizten Lachs, Würstchen, gekochte Eier, Äpfel, ein großes Stück Cheshire-Käse, einen knusprigen Brotlaib, Plumpudding und Ingwer-Lebkuchen zum Dessert.
»Nun muss ich Ihnen zustimmen, Rand - das würde für ein mittelgroßes Regiment genügen.«
»Für ein ganzes Heer! Mal sehen, ob wir die Mühe meiner Köchin zu würdigen wissen...«
Cait setzte sich auf die Decke, zog die Beine an und nahm ihren Hut ab. Achtlos warf sie ihn beiseite. »Wie ich diese verdammten Dinger hasse! Wenn ich unter der tropischen Sonne von Santo Amaro arbeite, vergesse ich ständig, einen Hut aufzusetzen. Deshalb habe ich so viele Sommersprossen auf der Nase.«
Während er eine Weinflasche entkorkte, hielt er inne. »Die stehen Ihnen ausgezeichnet, Cait. Und was Sie auch tragen - Sie werden immer hinreißend aussehen.« Nun schaute er ihr tief in die Augen. »Am besten ohne alles.«
Ihre Wangen brannten. Hastig ergriff sie den Teller, den er für sie gefüllt hatte, und kostete den Lachs. »Einfach köstlich...«
»Ja, meine Köchin Tansy ist ein Engel. Nun arbeitet sie schon fast zwanzig Jahre für meine Familie.«
»Meine Mutter war auch eine sehr gute Köchin. Natürlich hatten wir eine Küchenhilfe, aber Mutter liebte es, selber zu backen - Kekse, Kuchen und Plundergebäck. Nach so vielen Jahren entsinne ich mich immer noch ganz genau, wie das alles schmeckte.«
»Vor ein paar Monaten ist meine Mutter an einer Fieberkrankheit gestorben. Eine wunderbare Frau - liebevoll, intelligent und energisch. Ich denke oft an sie. Und ich vermisse sie sehr.«
Schmerzlich krampfte sich ihr Herz zusammen. »Meine Mutter war bildschön - und der gütigste Mensch, den ich jemals kannte. Bei einem heftigen Gewittersturm kam unser
Wagen von der Straße ab, stürzte in einen Fluss - und sie ertrank.«
»Sind Sie mit ihr zusammen gewesen?«
Sie nickte und unterdrückte das Schluchzen, das in ihrer Kehle aufstieg. Seit jener Tragödie waren elf Jahre verstrichen. Aber die Erinnerung erschien ihr immer noch so qualvoll wie in den Tagen danach. »Ich lag unter einem Wagenrad, hilflos festgeklemmt. Zweifellos wäre ich ertrunken, hätte meine Mutter nicht alles getan, um mich zu retten. Immer wieder tauchte sie unter, bis sie mich endlich befreien konnte. Dann verließen sie die Kräfte, und sie wurde von der Strömung mitgerissen. Zwei Tage später fand man ihre Leiche. Mir zuliebe hat sie ihr Leben geopfert.«
Voller Mitleid betrachtete er ihr trauriges Gesicht. »Da Sie Ihre Mutter so innig liebten, muss es schrecklich für Sie gewesen sein.«
Sekundenlang schloss sie die Augen, und die alten Phantasiebilder tauchten auf, die sie nicht sehen wollte. Entschlossen kämpfte sie dagegen an. »Für meinen Vater war es noch viel schwerer. Schon bei der ersten Begegnung hatte sie ihn verzaubert. Er liebte sie abgöttisch. Nach dem Unfall war er untröstlich. Und was ich am allerschlimmsten fand -ich gab mir die Schuld an ihrem Tod. Hätte sie mich nicht gerettet, würde sie vielleicht noch leben.«
Das Glas, das der Duke an seine Lippen führen wollte, erstarrte mitten in der Bewegung. »Deshalb dürfen Sie sich keine Vorwürfe machen.«
Den Kopf gesenkt, stocherte sie mit der Gabel auf ihrem Teller herum. »Wie könnte ich mir jemals verzeihen?«
»Um Gottes willen, Cait!«, stieß er bestürzt hervor. »Damals waren Sie ein Kind. Ihre Mutter liebte sie und fühlte sich für Sie verantwortlich. Natürlich wollte sie ihr Bestes tun, um Sie vor dem Ertrinken zu bewahren.«
»Vielleicht...« Ihre Lippen zitterten. Wie waren sie nur auf dieses Thema gekommen? »Aber mein Vater versank in grenzenloser Verzweiflung. Außer mir hatte er niemanden, an den er sich wenden konnte. Dabei ist es geblieben - bis zum heutigen Tag.«
»Und Sie stellen seine Interessen immer noch über Ihre eigenen.«
Darauf gab sie keine Antwort. Sie schuldete ihrem Vater sehr viel. Ihretwegen hatte er die geliebte Frau verloren. Daran würde sich nichts ändern - niemals.
Der Duke ergriff ihre Hand. Behutsam drückte er ihre Finger. »Sosehr ich Ihre Hingabe und Ihr Pflichtbewusstsein auch bewundere, Cait - Sie müssen endlich an sich selbst denken.«
Mühsam rang sie nach Atem, nahm einen Schluck aus ihrem Weinglas und beobachtete die Wellen der Themse. Eine Zeit lang aßen sie schweigend. Das gefiel ihr an ihm - in seiner Gesellschaft fühlte sie sich auch wohl, wenn sie nicht miteinander sprachen.
Nach der Mahlzeit zog er sie auf die Beine. »Gehen wir
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