Tanz um Mitternacht
handelte, glaubte Rand zu wissen.
Zwei Stunden später führte er Ephram Barclay ins Arbeitszimmer. »Ich nehme an, es gibt wichtige Neuigkeiten«, bemerkte er, als sie in den tiefen Ledersesseln vor dem Kamin Platz nahmen.
»Ja - und nein.« Ephram öffnete die schmale Ledertasche, die auf seinem Schoß lag. »Gestern Abend erhielt ich eine Information, für die Sie sich vielleicht interessieren, Euer Gnaden. Leider ist’s nur ein Gerücht, ohne Bestätigung.«
»Also haben Sie etwas über Talmadge erfahren, aber Sie können nichts beweisen.«
»Genau.«
In Rands Wange zuckte ein Muskel. »Nun? Was wollen Sie mir erzählen?«
»Heute Morgen erhielt ich die Antwort auf meine Erkundigungen nach der Maiden. In Südkalifornien kursiert das Gerücht, das Schiff sei nicht gesunken. Angeblich erzählten mehrere Seeleute, es habe unter dem Namen Sea Nymph eine Ladung Kopra nach Charleston gebracht.«
Rand nahm den Bericht aus Ephrams Hand, überflog die erste Seite und stieß erbost hervor: »Wo ist die Sea Nymph jetzt?«
»Bedauerlicherweise hat sie den Hafen von Charleston schon wieder verlassen. Unser Informant glaubt, sie würde Post entlang der Küste transportieren. Vermutlich versuchen die Schiffseigner gerade Geld im amerikanischen Osten zu beschaffen - für eine weitere Seereise, der ein schlimmes Ende droht.« Der Duke sprang fluchend auf und trat vor den Kamin. Eine Zeit lang starrte er schweigend in die Flammen, dann wandte er sich wieder zu Ephram, einen Arm auf das Sims gestützt. »Irgendwie müssen wir diesen Schurken das Handwerk legen.«
»Ja, früher oder später wird’s uns gelingen. Die Behörden halten nach ihnen Ausschau. Haben Sie noch etwas Geduld, Euer Gnaden.«
Rand schlug mit seiner Faust auf den schwarzen Marmor. »Diese Tugend besitze ich nicht. Die Bastarde müssen büßen, was sie meinem Vetter Jonathan angetan haben. Und ich möchte verhindern, dass ein anderer armer Teufel das gleiche Schicksal erleidet.«
Auch Ephram erhob sich und legte eine Hand auf die Schulter des Dukes. »Wir tun unser Bestes. In der Zwischenzeit finden wir hoffentlich heraus, was Phillip Rutherford mit Donovan Harmon vorhat.«
»Wahrscheinlich reist er bald ab«, seufzte Rand.
»Dann können Sie ihn nicht zurückhalten. Wie gesagt, es gibt keine stichhaltigen Beweise.«
»Und es könnte Monate, sogar Jahre dauern, bis wir welche finden.«
»Da die Machenschaften dieser Gauner an verschiedenen, weit entfernten Schauplätzen stattfinden, kostet es viel Zeit, Informationen zu beschaffen.«
»Jedenfalls ist Talmadge in verbrecherische Aktivitäten verwickelt, demzufolge auch Harmon. Aber an Caitlins Schuld glaube ich nicht mehr. Sie hatte niemals ihre Hand im Spiel.«
»Vielleicht nicht«, erwiderte der Jurist. »Das müssten Sie besser wissen als ich.«
Rand warf ihm einen kurzen Blick zu. Aber Ephram sagte nichts mehr. »Wie auch immer, ich will wissen, was da vorgeht.«
Verständnisvoll nickte der Anwalt. Er kannte seinen Klienten. Wenn Beldon sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, würde er nicht lockerlassen, bis er sein Ziel erreichte. »Seien Sie bloß vorsichtig, Euer Gnaden. Der Mann, mit dem Sie’s zu tun haben, kennt keine Skrupel. Und man kann nie voraussehen, was er unternehmen wird.«
Das war ein verdammt guter Rat, und Rand beschloss, ihn zu beherzigen. Aber er würde weder ruhen noch rasten, bevor Talmadge und dessen Spießgesellen für ihre Verbrechen gebüßt hatten.
Er begleitete Ephram zur Tür und wartete, bis der Anwalt in einen Mietwagen gestiegen war. Dann kehrte er ins Arbeitszimmer zurück.
Zum hundertsten Mal an diesem Tag starrte er auf die Uhr. Die Minuten schienen sich im Schneckentempo dahinzuschleppen. Doch der große Moment rückte unaufhaltsam näher. An diesem Abend würde er mit Caitlin Harmon nach River Willows fahren. Nie zuvor hatte er eine Frau auf eines seiner Landgüter gebracht. Heiß und leidenschaftlich würde er sie lieben, eine lange Nacht voller Sinnenlust genießen und erst von ihr lassen, wenn das Verlangen restlos gestillt war.
Bei diesem Gedanken pulsierte das Blut schneller durch seine Adern. Als er die Augen schloss, erschien Caits schönes Gesicht in seiner Phantasie, die schmale Nase mit den Sommersprossen, die vollen rosigen Lippen. Er stellte sich vor, wie er die Nadeln aus dem langen rotgoldenen Haar ziehen und die üppigen Brüste liebkosen würde.
O Gott, wie er sie begehrte... Ungeduldig schaute er wieder auf die Uhr.
9
»Tut mit
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