Tanz um Mitternacht
hast keinen Grund zur Sorge«, flüsterte er.
»Wir werden ganz langsam vorgehen. Wie ich dir bereits versichert habe - niemals würde ich etwas tun, das dir widerstrebt. Das meine ich ernst. Und wir haben so viel Zeit. Vertraust du mir? Ich weiß, was gut und richtig ist, für uns beide.«
Allmählich verebbte ihr Zittern, und sie nickte an seiner Brust. »Tut mir Leid. Ich benehme mich wie eine Närrin.«
»Unsinn, es fehlt dir nur an gewissen Erfahrungen. Wenn du mir vertraust, werde ich dich glücklich machen.«
Und sie fühlte sich in seiner Obhut tatsächlich sicher und geborgen. Trotz aller Warnungen und der nicht verstummenden mahnenden inneren Stimme vertraute sie ihm wie keinem anderen Mann, außer ihrem Vater. Die Angst verflog, ihre Nerven entspannten sich. Bei der Ankunft in River Willows lachte sie fröhlich über Rands Scherze und freute sich auf das große Abenteuer, das ihr bevorstand - das Abenteuer, die Gefühle einer Frau kennen zu lernen.
Rand führte sie in ein weitläufiges Ziegelgebäude mit Giebeln, Türmen und Schornsteinen. In der großen Eingangshalle verdüsterte eine dunkle Holztäfelung den Steinboden. River Willows war weder modern noch besonders stilvoll eingerichtet. Aber er hatte das Haus, das altehrwürdige Traditionen ausstrahlte, stets geliebt, und es gefiel ihm viel besser als alle seiner anderen Landgüter.
»Genauso habe ich’s mir vorgestellt.« Bewundernd schaute Cait zu den Deckenbalken hinauf. Dann betrachtete sie entzückt die massiven, reich geschnitzten Möbel im Salon. Die roten und blauen Polstersessel und Sofas wirkten etwas fadenscheinig, und die Orientteppiche zeigten die Spuren unzähliger Schritte. »Ein richtiges Heim, nicht wahr? In solchen Mauern erwartet man, Kinderstimmen und Gelächter zu hören.«
Ihre Worte erfüllten ihn mit einer sonderbaren Freude, die er eigentlich nicht empfinden wollte. Gewiss, das Haus war alt und musste dringend renoviert werden. Darum hätte er sich schon vor J ahren kümmern sollen. Aber aus unerklärlichen Gründen wollte er nichts verändern.
»Hast du jemals hier gelebt, Rand?«
Er schüttelte den Kopf. Wie oft hatte er sich gewünscht, einfach davonzulaufen, zu seiner Tante und seinem Onkel zu übersiedeln... »Auf diesem Landsitz wohnte der Bruder meines Vaters. So oft es möglich war, besuchte ich ihn. Dann spielte ich mit drei Kusinen und einem Vetter, was ich in vollen Zügen genoss. Daheim war ich immer allein. Und hier wurde ich in den Kreis einer wunderbaren Familie aufgenommen.«
»Wo sind deine Verwandten jetzt?«
Seine Miene verdüsterte sich. »Seit einiger Zeit sind mein Onkel und meine Tante tot, die Mädchen haben geheiratet ...« Und sein Vetter Jonathan, der jüngste der vier Kinder, war mit zweiundzwanzig gestorben - ein Jahr älter als Cait. Gewissermaßen von Phillip Rutherford ermordet... Unwillkürlich warf er ihr einen kühlen Blick zu. »Komm, das Dinner ist im Oberstock angerichtet.« Er nahm ihre Hand und führte sie die breite Eichentreppe zur Herrschaftssuite hinauf.
Für diesen Abend hatte er das Hauspersonal entlassen. Nur ein Lakai, die Köchin und eine Zofe waren zurückgeblieben, um den Duke und seinen Gast zu bedienen.
Im Kamin loderte ein helles Feuer. So wie die anderen Räume von River Willows war das Wohnzimmer mit dunkler Eiche getäfelt. Aus dem gleichen Holz bestanden die Deckenbalken. Durch eine offene Tür sah Caitlin das breite Vierpfostenbett, in dem Rands Tante ihre vier Kinder geboren hatte.
Seine Stimmung verschlechterte sich. Als er beschlossen hatte, mit Cait hierher zu fahren, war ihm nicht bewusst gewesen, Jonathans Geist könnte ihn verfolgen.
»Rand...?«
Nur zögernd sprach sie seinen Namen aus, und er wandte sich zu ihr. Sie stand vor dem Feuer. Inzwischen hatte sie ihren Hut abgenommen, und ihr Haar, in weichen Locken am Oberkopf festgesteckt, schimmerte im selben Goldrot wie die Flammen. Ihren Umhang hatte sie über einen Stuhl gelegt. Das dunkelgrüne Seidenkleid entblößte ihren Busenansatz. Viel zu schnell hoben und senkten sich ihre Brüste. Offensichtlich war ihre Nervosität zurückgekehrt.
Rands Gewissen meldete sich. Nein, er durfte seinen Zorn nicht gegen sie richten. Deshalb war er nicht mit ihr nach River Willows gefahren. An Jonathans Tod trug sie keine Schuld. Das musste er beherzigen.
Entschlossen verdrängte er seine trübe Stimmung, eilte zu ihr und ergriff ihre Hand. »Entschuldige«, bat er und lächelte etwas gezwungen. »Ich bin
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