Tanz um Mitternacht
Rand.
»Gewiss, Euer Gnaden.« Nach einer förmlichen Verbeugung zog sich der Kammerdiener zurück.
Rand legte die Serviette neben seinen leeren Teller. »Seltsam - ich fühle mich schon jetzt besser, obwohl ich noch gar nicht zu meiner Reise aufgebrochen bin.«
»Hab ich’s nicht gesagt? Dieser Urlaub auf dem Land ist genau das Richtige für dich.« Zumindest hoffte Nick, er würde Recht behalten - wenn er auch daran zweifelte, weil Rands eigentliches Problem mit Caitlin Harmon zusammenhing.
Nicht einmal die frische Landluft konnte ein gebrochenes Herz heilen.
Die Insel war genauso schön wie in Caits Erinnerung. Azurblau spiegelte das Meer, das sich bis zum Horizont erstreckte, das Himmelsgewölbe wider. Heiß schien die Sonne auf den weißen Sandstrand herab, schäumende Wellen rollten heran, und eine tropische Brise versuchte, die salzige Luft zu kühlen.
In einem braunen Baumwollrock, einer weißen Bluse und derben Lederstiefeln lag Cait auf allen vieren und grub mit einer kleinen Metallschaufel den Sand um, auf der Suche nach einem weiteren der zahlreichen holländischen Silbergulden, die sie nach der Rückkehr gefunden hatte.
Seit der Abreise aus England waren über zwei Monate verstrichen. Ein paar Tage hatte sich die Reisegesellschaft in der Stadt Dakar an der afrikanischen Küste aufgehalten, dann war sie nach Santo Amaro gesegelt, um die Suche nach Kleopatras Halskette fortzusetzen. Da sie das Lager der Überlebenden von der Zilverijder bereits entdeckt hatten -kurz bevor die Expedition wegen Geldmangels notgedrungen abgebrochen worden war, erzielten sie jetzt Erfolge, die sogar die kühnsten Hoffnungen des Professors übertrafen.
Außer den silbernen Münzen, die den Strand zu übersäen schienen, hatten sie die rostige Lafette einer alten Messingkanone im seichten Wasser einer Lagune in Küstennähe entdeckt. Küchengeräte, Besteck, zerbrochenes Geschirr und sogar eine verrostete Pistole ergänzten die täglich wachsende Sammlung.
Eifrig stürzten sich alle in die harte Arbeit, klagten niemals über die langen, anstrengenden Stunden im grellen Sonnenlicht oder Donovan Harmons ständige Forderung, noch mehr zu leisten. Sogar Lord Talmadge - zumeist mit der Verteilung der Vorräte und der Löhne für die hoch gewachsenen, feingliedrigen dunkelhäutigen Eingeborenen befasst, die ihnen zur Hand gingen - wühlte manchmal im Sand. Zunächst war Cait ihm mit Vorsicht begegnet, um Rands Warnung zu beherzigen. Aber bis jetzt sah sie keinen Grund zur Sorge, und sie fragte sich, ob der Duke den Baron vielleicht zu Unrecht verdächtigte.
Trotz der kurzen tropischen Regenschauer, die jeden Nachmittag auf die Insel herabprasselten, herrschte ein angenehmes Wetter. Und niemand bezweifelte, dass sie die Halskette und andere Schätze, die sich vermutlich an Bord der Zilverijder befunden hatten, bald entdecken würden.
Cait versuchte die gleiche Begeisterung aufzubringen wie die anderen Teilnehmer der Expedition. Und das wäre ihr sicher gelungen - hätte sie nicht vor kurzem festgestellt, dass sie ein Kind von Rand erwartete.
Die Schaufel in ihrer Hand begann zu zittern, und sie umklammerte den Griff etwas fester, bevor sie sorgsam den Sand von einem Gegenstand entfernte, der wie eine große, mit Messing beschlagene Kiste aussah. Als ein Schatten auf ihren Fund fiel, schob sie ihren breitrandigen Strohhut aus der Stirn und hob den Kopf.
»Wie blass Sie sind, Caitlin...« Nur wenige Schritte entfernt stand Geoffrey St. Anthony am Strand und musterte sie beunruhigt. Nach den langen Tagen unter der Sonne war sein Haar noch heller geworden, und mit seinem gebräunten Gesicht wirkte er älter und attraktiver. »Sie sollten nicht so hart arbeiten. Seit einiger Zeit fühlen Sie sich nicht gut. Das weiß ich, denn ich habe mit Maruba gesprochen. Sie erzählte mir, in den letzten Wochen hätten Sie sich mehrmals übergeben.«
Maruba hieß die junge Farbige, die sie als Gehilfin für Hester Wilmot, die englische Köchin, eingestellt hatten.
»Unsinn, ich bin nicht krank«, protestierte Cait, obwohl sich just in diesem Moment ihr Magen umdrehte. »Wahrscheinlich habe ich irgendwas Verdorbenes gegessen. Hier draußen in der Wildnis passiert das manchmal. Sorgen Sie sich nicht, in ein paar Tagen wird’s mir wieder besser gehen.«
»Hat Ihr Vater bemerkt, wie elend Sie sich fühlen? Wohl kaum. Jeden Abend fragt er nur, wie viel Sand umgegraben wurde und welche Schätze wir finden konnten.«
»Mein Vater hat alle
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