Tanz um Mitternacht
interessieren. Diese Erkenntnis tat ihr in tiefster Seele weh und verdüsterte ihre ohnehin schon trübe Stimmung.
»Wie ich sehe, fängst du sehr zeitig zu arbeiten an.« Rands Stimme riss sie aus ihren Gedanken und erinnerte sie erneut an ihre grässliche äußere Erscheinung.
»Ja. Zweifellos findest du das ungewöhnlich. Da fällt mir ein - welche Aufgaben hat mein Vater dir für deinen kurzen Abenteuerurlaub zugewiesen?«
Er lächelte freudlos. »Findest du, ich dürfte meiner zarten Konstitution keine anstrengenden Aktivitäten zumuten?«
»Das habe ich nicht gesagt, aber - ja, davon bin ich überzeugt.«
»Und wieso? Sicher nicht wegen meiner mangelnden Ausdauer im Bett. Nach meiner Ansicht habe ich dir eher das Gegenteil bewiesen.«
Cait öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Warum musterte er sie so prüfend ? War ihr rotes Haar unter der Tropensonne etwas heller geworden? Unbehaglich räusperte sie sich. »Als Gentleman solltest du unsere gemeinsame Vergangenheit nicht erwähnen. Und so habe ich’s auch gar nicht gemeint. Ich wollte dich nur darauf hinweisen, dass du nicht an Entbehrungen gewöhnt bist. Auf dieser Insel führen wir ein sehr einsames Leben, und wir halten nichts von modischer Kleidung.« Unwillkürlich blickte sie auf ihren schlichten braunen Rock und die staubigen Stiefel hinab.
Als sie Rands Hand an ihrer Wange spürte, schaute sie verwirrt zu ihm auf. »Ich habe dir einmal versichert, du würdest immer hinreißend aussehen - ganz egal, was du trägst. Und so denke ich auch jetzt.«
»Bitte...« Unglücklich wandte sie sich ab. »So darfst du nicht reden. Jetzt nicht mehr...«
»Warum nicht? Willst du dich nicht an unsere Liebesstunden erinnern?« Sie gab ihm keine Antwort, und seine Augen verengten sich. »Oder fürchtest du deinen teuren Verlobten zu kränken, wenn du solche Gedanken hegst? Verzeih mir, aber das ist meine geringste Sorge.«
»Da ich Geoffrey heiraten werde, solltest du nicht...«
»Weiß er Bescheid über uns, Caitlin? Kann er sich vorstellen, wie intim wir waren, wie wir einander berührten?«
In ihre Wangen stieg brennende Röte, und ihr Herz schlug viel zu schnell. »Er weiß - dass wir eine sehr enge Beziehung hatten. Sicher wäre es unfair, ihm das zu verschweigen.«
»Und du bist immer fair, nicht wahr, Caitlin?«
Auch diese Frage blieb unbeantwortet. Ihm gegenüber war sie unfair. Verbissen kämpfte sie mit den Tränen, ihre Unterlippe begann verräterisch zu zittern. »Jetzt muss ich gehen. Einige Leute auf dieser Insel haben viel zu tun.«
Schweigend schaute er ihr nach. Auf dem ganzen Weg zum Strand spürte sie seinen durchdringenden Blick im Rücken.
Geoffrey St. Anthony sah den Duke und dessen Kammerdiener neben Sir Monty Walpole stehen, der lächelnd zur Kenntnis nahm, was Beldon sagte. O Gott, wie er den Bastard hasste! Nicht nur wegen seiner Arroganz - auch wegen der Schwierigkeiten, in die er Caitlin gebracht hatte. Als Sir Monty davonging, straffte Geoffrey die Schultern und eilte zu Beldon. »Wie ich sehe, sind Sie immer noch da«, lenkte er die Aufmerksamkeit des Dukes auf sich. »Eigentlich dachte ich, eine Nacht, die Sie nicht in Ihrem weichen Federbett
verbringen, würde Ihnen reichen. Aber wie auch immer - Sie müssen wohl oder übel auf der Insel ausharren, bis die Moroto zurückkehrt.«
Langsam zog Beldon die Brauen hoch. »Wissen Sie, St. Anthony - eines Tages werden Sie den Mund zu weit aufreißen und eine Faust zwischen die Zähne bekommen.«
Geoffrey erbleichte. Bedauerlicherweise genoss Beldon | den Ruf eines ausgezeichneten Boxers. Und so sehr er den Mann auch verachtete, würde er sich keinesfalls auf einen Kampf einlassen.
»Sind Sie aus einem bestimmten Grund zu mir gekommen?«, fragte der Duke. »Oder wollten Sie mich nur charmant begrüßen?«
»Wenn Sie Ihr Hilfsangebot ernst gemeint haben - da drüben wartet ein besonders hartes Stück Arbeit. Eine heikle Aufgabe. Deshalb halten wir die Eingeborenen davon fern. Ich kann Ihnen zeigen, was...«
»Da sind Sie ja, Beldon, mein Junge! Ich habe mich schon gefragt, wo Sie stecken!« Erfreut schlenderte der Professor heran, an der Seite des Barons, der dem Duke zunickte. Phillip Rutherfords Blick wirkte aufrichtig, obwohl Geoffrey bereits festgestellt hatte, dass sich der Mann in Beldons Nähe unbehaglich zu fühlen schien. Andererseits wusste der Bastard fast alle Leute einzuschüchtern.
»Tut mir Leid«, wandte sich der Duke an den Professor. »Ich wollte mich
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