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Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
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»er hat nicht viele Haare.«
    Â»Das werde ich natürlich verhindern«, entgegnet Daniel gelassen. »Ich habe das recherchiert. Das Abschneiden bringt nichts.«
    Â»Lukas kriegt schon noch den Kopf rasiert«, sagt Lingling beharrlich, aber lächelnd. »Bald.«
    Und Daniel schmunzelt nur: »Armer Kerl.«
    Daniel nennt das »die chinesische Methode«. Anfangs habe er ja versucht, Dinge nach deutscher Manier zu klären, auszudiskutieren, zu einem Ergebnis zu kommen, Regeln aufzustellen. »Aber das hat nicht funktioniert.« Jetzt macht er es wie die Chinesen: Alles erst mal auf sich zukommen lassen, verhandeln, nachverhandeln, noch mal verhandeln. »Da wird nichts endgültig geklärt, auch bei den Haaren nicht. Bis sie halt eines Tages ab sind – oder eben nicht.« Gelernt hat Daniel das unter anderem auf dem chinesischen Arbeitsmarkt. Denn auch während seiner drei Jahre in Shanghai versuchte er anfangs, klare Absprachen zu treffen. Die wurden aber selten eingehalten. »Dann habe ich es auf chinesische Art versucht: Vage Absprachen getroffen und es dann so gemacht, wie ich es für richtig hielt.« Diese Gelassenheit kommt ihm jetzt zugute. Etwa, wenn er sich am Wochenende Dinge vornimmt und sich dann doch wieder alle Pläne ändern. »Es kommt immer anders, als wir es Samstagmorgen absprechen«, sagt Daniel. »Meiner Frau fällt immer etwas ein, auf das sie dann spontan Lust hat.«
    Dass er heute überhaupt mit Lingling verheiratet ist, daran dürfte seine Gelassenheit nicht ganz unschuldig sein. Bei chinesischen Schwiegereltern braucht man die nämlich dringend. Denn in der Theorie funktionieren die Dinge in China folgendermaßen: Als Tochter hat man vor allem die Aufgabe, sich in Schule und Studium sehr hervorzutun, um anschließend einen gut verdienenden Mann zu finden und für den Rest des Lebens bestens versorgt zu sein. Ein Mann mit Status sollte das sein. Bevorzugte Qualitätsmerkmale sind dabei Berufe wie Anwalt, Banker oder Arzt sowie eine eigene Wohnung. Gern auch zwei Wohnungen, so kann eine von der zukünftigen Frau bezogen werden. Denn selbstverständlich hat man in China keinen Sex vor der Ehe. Jedenfalls nicht, wenn man der Generation von Lingling angehört und aus einer ländlichen Gegend stammt. Im Jahr 2006 gaben laut einer Umfrage 90 Prozent der chinesischen Landbevölkerung an, vor der Ehe keine sexuellen Kontakte zu haben. Man hält Händchen, was automatisch bedeutet, dass man zusammen ist, und selbstverständlich zahlt bei sämtlichen Verabredungen der Mann. Nach der Hochzeit gilt es dann, pflichtbewusst einen Sohn auf die Welt zu bringen.
    Eine Menge Ansprüche also, bei denen ein deutscher Mann erst einmal schlucken muss.
    Zum Glück hat Daniel auch hier seine bewährte Methode angewendet: Er hat sich alles angehört, über manches gelächelt – und dann sein eigenes Ding gemacht. Außerdem sagt er: »Auch jede deutsche Familie hat ja ihre eigene Kultur – nur sind die nicht darauf vorbereitet, dass es kulturelle Unterschiede gibt. Uns war schon klar, dass wir uns anpassen müssen. Vielleicht läuft es deshalb so gut.«
    Sein Kennenlernen mit Lingling ist jetzt acht Jahre her. Damals beendet er in Shanghai gerade sein Studium. Dort hingekommen ist er, weil er raus wollte aus Deutschland, irgendwohin, wo es spannend ist, und gern auch wärmer. Die ersten Wochen sind jedoch frustrierend: Er teilt sich in einem Studentenwohnheim mit einem Koreaner ein kleines Zimmer und auch den Schreibtisch, als Dusche fungieren in den Waschräumen Rohre, die aus der Wand kommen, und statt Toiletten findet er Löcher im Boden vor. Der Professor, bei dem er seine Diplomarbeit schreiben soll, scheint nicht auf ihn vorbereitet. Und die Chinesen sind zwar höflich, machen aber nicht den Eindruck, wirklich an ihm interessiert zu sein. Daniel fühlt sich schlecht, und er weiß: So etwas nennt man einen Kulturschock. Er wechselt also in ein Einzelzimmer, hängt Fotos von Familie und Freunden auf, trifft sich mit anderen internationalen Studenten – und von da an geht es ihm besser. Zum Vokabelpauken geht er nun immer öfter zur sogenannten »Chinese Corner«, wo sich viele Ausländer treffen. Dort sitzt meist auch Lingling, um anderen beim Sprachenlernen zu helfen. Ihm gefällt die zarte Chinesin, die ihm gerade mal bis zur Brust reicht. Daniel ist mit seinen

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