Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers
den Hexer niemals bestehen. Abgesehen davon bin ich für ihn verantwortlich – ich habe es meinem Vater versprochen.« Sie wandte sich wieder Iegi zu. »Könnt Ihr uns helfen?«
Der Prinz erhob sich ebenfalls. »Ich weiß es nicht. Ich würde Euch gerne helfen, aber ich fürchte, ich werde zunächst bei meinem Vater vorsprechen müssen. Und unter seinen Ratgebern sitzen eine Menge Zauderer, denen die Belange der Flachländer in der Tat nichts bedeuten und die sich am liebsten auf ewig hier oben in den Bergen verstecken würden.«
Sein Tonfall ließ sie aufhorchen. »Ihr stimmt nicht mit ihnen überein?« Auril war ein wenig überrascht. Sie hatte noch nicht viel über die Taijirin in Erfahrung bringen können, doch alles, was sie bisher gesehen hatte, deutete darauf hin, dass sie praktisch keinerlei Umgang mit den anderen Völkern pflegten.
»Nein«, gestand Iegi. »Ich denke – wie viele der Jüngeren von uns auch –, dass alle rechtschaffenen Völker dieser Welt irgendwie einander verbunden sein sollten. Ihr mögt es wissen oder nicht, aber die kläglichen Reste Eurer einst freien Reiche des Westens planen bereits seit geraumer Zeit, sich erneut gegen den Hexer zur Wehr zu setzen.«
»Ich weiß es. Mein Vater ist ein treuer Ratgeber des Hochkönigs von Albernia, Jeorhel, und ich diene beiden seit Jahr und Tag als Auge und Ohr in der Welt. In den letzten Wochen sind die Dinge in Bewegung geraten. Die unglaubliche Queste Tareans ist nur ein unvorhergesehener, seltsamer Auswuchs in einem weitläufigen Rankenwerk an heimlichen Vorbereitungen.«
»Nun, eine dieser Vorbereitungen beinhaltete die Aufnahme von Gesprächen zwischen den Menschen, den Alben und meinem Volk. Die Rebellen gegen die Tyrannei des Hexers suchten uns als ihre Verbündeten zu gewinnen, doch mein Vater verweigerte den Euren unter dem Einfluss seiner Berater jedwede Hilfe. Ich denke, es war falsch, und möglicherweise zwingt es Eure Leute zu einer Verzweiflungstat, deren Folgen auch für uns unabsehbar sind.« Iegi zuckte ergeben mit den Schultern. »Aber liegt es in meiner Macht, den Lauf der Dinge zu verändern? Ich wüsste nicht wie. Hoffen wir also, dass es zumindest in meiner Macht liegt, Euch ein paar Greifen und eine kleine Eskorte zu gewähren, die Euch zu Calvas’ Festung bringen und Euch die Wiedervereinigung mit Euren Gefährten erlauben.« Er trat zur Tür hinaus und entfaltete die Schwingen. »Ich komme später wieder vorbei.«
»Ich erwarte Eure Rückkehr«, erwiderte Auril, und innerlich fügte sie grimmig hinzu: Wo soll ich auch hingehen? Man konnte es drehen und wenden, wie man wollte. Ohne die Hilfe der Taijirin saß sie in Airianis fest.
Iegi befand sich bereits in der Luft, als ihr Karno einfiel: »Verzeiht, Prinz Iegi!«, rief sie ihm nach. »Wisst Ihr vielleicht, was mit meinem Gefährten Karnodrim Silbereisen geschehen ist?«
»Ich glaube, Nirwin wollte ihm ein paar Fragen stellen«, rief der junge Vogelmensch im Wegfliegen. »Ich werde nach ihm schauen und ihn zu Euch zurückbringen lassen.«
»Habt Dank!«, konnte sie ihm noch nachrufen, dann hatten ihn seine kraftvollen Flügelschläge außer Hörweite getragen.
Den halben Tag über wartete Auril auf Iegi, und mit jeder Stunde, die verstrich, kamen ihr die zwei Hütten, die man ihnen als Bleibe überlassen hatte, mehr wie luftige Käfige vor. Augenscheinlich wiesen sie zwar keine Gitterstäbe auf, aber aufgrund ihrer Lage am Steilhang hätte es schon eines geübten Kletterers bedurft, um ihnen zu entrinnen.
Moosbeere hatte sich bereits wieder beruhigt und schlafen gelegt, als Auril nach dem Gespräch mit dem Vogelmenschen in Karnodrims Hütte zurückkehrte, um nach ihr zu sehen, und auch der Sette bot ihr keine Zerstreuung, denn er blieb in den Tiefen der Stadt verschollen. Entweder hatte er sich bei der Befragung durch die Taijirin um Kopf und Kragen geredet, oder – und das hielt die Albin für viel wahrscheinlicher – er war so fasziniert von der Lebensweise der Geflügelten, dass er seine Gefährtin einstweilen völlig vergessen hatte.
Gegen Nachmittag tauchte auf einmal ein berittener Vogelmensch vor ihrer Tür auf, stieg vom Reittier und stellte sich ihr vor: »Mein Name ist Liftrai. Ich bin einer der Greifenmeister von Airianis. Prinz Iegi schickt mich. Er möchte, dass Ihr Euch im Umgang mit einem Greifen vertraut macht, denn wenn es für Euch einen Weg von hier fort geben soll, so auf dem Rücken eines solchen. Das waren seine Worte. Seid Ihr
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