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Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Titel: Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies , Bernd
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zurückgeschlagen hatten. Doch damals hatten Wilfert, Ilrod und zahlreiche Soldaten an seiner Seite gestanden und ihm den Rücken freigehalten. Er hatte sich auch schon in lebensgefährlichen Situationen wiedergefunden, etwa an dem Tag, als sich sein Pferd beim Ausreiten im Wald vor einer Astviper erschreckte und durchging, als er nach einem Nickerchen in einem lichterloh brennenden Heuschober aufwachte oder während des besagten Übergriffs der Wölfe, doch noch nie hatte er sich dermaßen hilflos gefühlt wie jetzt. Er. Allein. Gegen fünf Grawls.
    Der Anführer des Wolfling-Rudels – es musste der Anführer sein, denn er war größer als die anderen und trug eine grausige Knochenkette als Schmuck um den kräftigen Hals, die bei jedem hüpfenden Schritt seiner sehnigen, krummen Beine auf den Lederharnisch trommelte, wie Finger auf eine hölzerne Tischplatte – gab ein kehliges Grollen von sich. »Was haben wir uns denn hier eingefangen? Noch eine Nackthaut.«
    Tarean riss überrascht die Augen auf, als er das animalische Geräusch als schwer verständliche, aber doch eindeutig menschliche Worte erkannte. »Ihr … ihr sprecht unsere Sprache?«
    Der Wolfling zog die Lefzen hoch, entblößte gelbe Fänge und verzog das behaarte Gesicht in der grotesken Imitation eines menschlichen Grinsens. »Wir hatten genug Zeit, sie von unseren Sklaven zu lernen.«
    Trotz der brenzligen Situation, in der er sich befand, kam sich der Junge wie ein dummer Bauerntölpel vor. Natürlich verstanden und sprachen die Bestien die Mundart der Länder des Westens – sie regierten diese bereits seit seiner Geburt.
    »Was habt ihr mit den Soldaten gemacht?«
    Der Grawl mit der Knochenkette leckte sich über die Schnauze. »Was macht ein Wolf mit dem Lamm, Nackthaut?«
    Tarean schluckte und wappnete sich gegen das erneute Aufsteigen der grausigen Bilder vor seinem inneren Auge.
    »Er frisst es.« In den eisblauen Augen des Wolfsmenschen lag pure Bosheit, als seine Gefolgsleute in heiseres Gelächter ausbrachen.
    Der herablassende Hohn brach den Bann, mit dem die Angst Tarean belegt hatte, und unvermittelt fauchte Zorn durch seinen ganzen Körper. »Ihr Bestien!« Der Junge handelte, ohne nachzudenken, und überraschte damit sowohl sich selbst als auch die Grawls. Mit einem wütenden Satz sprang er vor – Wer zaghaft kämpft, erlangt die Kontrolle nie … – und schwang sein Schwert nach dem Kopf seines Gegenübers. Es fühlte sich an wie vor zwei Tagen auf dem Burghof, nur diesmal war es bitterer Ernst.
    Der Wolfling riss seine schartige, doch ungemein stabil aussehende Klinge hoch und parierte im letzten Moment Tareans Vorstoß. Dabei stieß er ein wütendes Knurren aus und drängte nach vorne. »Ah, ein Kämpfer. Sehr schön. So ein kleiner Kampf macht Hunger auf Nachtisch.«
    »Spotte nur, du Mistvieh«, presste Tarean zwischen den Zähnen hervor, während er die Klinge in einem abwärts gerichteten Halbkreis gegen den Unterleib des Wolflings führte. Dieser parierte mit einer Hand und versetzte dem Jungen dann mit der anderen, klauenbewehrten Pranke einen kraftvollen Schwinger vor die Brust, der ihn zurücktaumeln ließ. Mit heftigen Schlägen drosch er auf Tarean ein, der diese nur mit knapper Not abzuwehren vermochte. Trotzdem verlor er immer mehr an Boden und wurde langsam, aber unerbittlich dem Abgrund in seinem Rücken entgegengetrieben – und die vier Freunde von Knochenkette hatten noch nicht einmal in den Kampf eingegriffen. Stattdessen standen sie da und feuerten ihren Anführer an. Der lachte bellend. »Na, kleiner Mensch? Immer noch ein Großmaul?«
    Das kannst du besser! , hörte Tarean Ilrods Stimme in seinem Kopf. Dein Talent ist dir in die Wiege gelegt worden.
    »Witzig«, brummte der Junge, und es war nicht ganz klar, ob er seinem Lehrer oder dem Grawl antwortete. Er täuschte einen tiefen Schlag an, riss die Klinge dann im letzten Augenblick nach oben und traf den Wolfling tatsächlich am rechten Oberarm. Während der Grawl schmerzerfüllt aufkeuchte, gelang es dem Jungen endlich, sich von der Bestie zu lösen.
    Rasch drehte er sich zur Seite, zog sich ein paar Schritte zurück und nahm, die Klinge waagerecht erhoben und die Spitze auf sein Gegenüber gerichtet, erneut Kampfstellung ein. Schweiß stand ihm auf der Stirn, und sein Brustkorb hob und senkte sich unter schweren Atemzügen, während er seinen Gegner einschätzte. Tief in seinem Inneren wusste Tarean, dass sich seine Lage um keinen Deut verbessert hatte.

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