Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen
polternd stürzte Tarean in die Halle des Haupthauses, in der die Gefährten schliefen.
Haffta war sofort hellwach und auf den Beinen. Fenrir folgte ihr auf dem Fuß. Iegi und Bromm brauchten etwas länger, um aus dem Reich der Träume ins Hier und Jetzt zurückzufinden. Doch nachdem Auril sie kräftig geschüttelt hatte, erwachten auch in dem Taijirinprinzen und dem Werbären die Lebensgeister.
»Wie viele sind es, und von wo kommen sie?«, fragte Fenrir, während er seine Waffen anlegte und dann in Richtung Tür eilte, um die gehörnten Pferde zu satteln.
»Wir können es nicht genau sagen«, erwiderte Tarean, der sein Bündel und seine Tasche schnappte und dem Nondurier nach draußen folgte. »Vielleicht drei Dutzend. Sie nähern sich von Nordosten.«
Der rothäutige Krieger verzog das Gesicht. »Dann sind sie wirklich wegen uns hier. Wir müssen uns beeilen, damit wir nicht in diesen Mauern eingeschlossen werden, wie die Wolfsfrau es befürchtet hat.«
Der Aufruf zur Eile wäre nicht nötig gewesen, denn die anderen packten bereits, so schnell es ging, das wenige Hab und Gut, das sie auf dieser Reise mit sich führten, zusammen und gesellten sich zu dem Jungen und dem Nondurier. Haffta hetzte die Stiege zum Wehr hinauf und behielt die Kazzach im Auge, derweil Bromm sich an dem schweren Riegel des verschlossenen Tores zu schaffen machte. Die übrigen kümmerten sich um ihre Reittiere.
»Iegi!«, rief Tarean.
Dieser blickte kurz von seiner Arbeit auf.
»Du weißt, was zu tun ist: Sollte es zum Schlimmsten kommen, verschwindest du durch die Luft. Kesrondaias Herz darf auf keinen Fall in die Hände des Feindes geraten.« Er warf dem Vogelmenschen die Tasche mit dem Wegfinder und dem Sternkristall zu. Sie mochten Rivalen im Streit um Auril sein, doch Iegi war noch immer sein Freund und ein verlässlicher Kämpfer.
»Ich werde es nicht zulassen«, versprach der Prinz.
»Sie sind nur noch eine halbe Meile entfernt«, hechelte die Grawlfrau, als sie sich ihren Begleitern wieder anschloss.
»Nah genug«, erklärte Fenrir und ließ die Zügel schnalzen. Das dunkelgraue Pferd machte einen Satz nach vorne und preschte dann auf das Tor zu, dessen linken Flügel Bromm mit schwellenden Nackenmuskeln gerade aufzog. Iegi und Auril wollten ihm soeben folgen, als Tarean sich erschrocken umblickte.
»Wo ist Moosbeere?«, rief er.
»Hier bin ich«, zwitscherte es aus dem Dachgebälk eines gegenüberliegenden Schuppens, und im nächsten Augenblick huschte das Irrlicht an seine Seite. »Was ist los? Reiten wir weiter?«
»So schnell es geht«, antwortete der Junge und ließ sein Pferd losgaloppieren. »Die Kazzach sind da.«
»Schade, schade«, piepste seine winzige Gefährtin mit bekümmertem Gesicht. »Es wäre mir fast gelungen, Frieden zwischen den zwei Braunrückenkäfern zu stiften, die sich unter dem Stalldach gestritten haben.«
Auril und ich hätten auch nur noch ein paar Sätze gebraucht, um einander entweder zu vergeben oder uns völlig zu zerstreiten, dachte Tarean. Vielleicht war es ganz gut gewesen, dass sie in diesem Moment unterbrochen worden waren.
Zu siebt stürmten sie aus dem Tor der Wachfeste heraus, nur um überrascht festzustellen, dass sich von Südwesten eine weitere Gruppe von vielleicht zehn Kazzach über die Steppe genähert hatte. Die katzenhaften Krieger in ihren grauen Beinkleidern aus Brull-Leder waren, die Speere achtsam vor sich in die Höhe gereckt, lautlos näher geschlichen und bis auf beinahe zwanzig Schritt an das Tor herangekommen. Umso mehr wurden sie von dem plötzlichen Ausbruch der Gefährten überrumpelt. Ihr Fell sträubte sich, und sie verfielen in Fauchen und Kreischen, als die gehörnten Pferde heranpreschten. Im nächsten Augenblick stoben sie auseinander, um nicht unter den donnernden Hufen der mächtigen Reittiere zermalmt zu werden.
Einer der Krieger nahm Maß, um vom Straßenrand aus einen Speer nach ihnen zu schleudern. Er kam allerdings nicht mehr dazu, denn im nächsten Moment fiel Bromm mit wutentbranntem Röhren über ihn her und beförderte ihn mit einem Prankenschlag, der einen jungen Baum gefällt hätte, in die Ruinen der Schmiedewerkstatt vor den Toren der Wachfeste. Ein zweiter Kazzach, der den leichtsinnigen Drang verspürt hatte, seinen Bruder zu rächen, leistete ihm umgehend Gesellschaft.
Auf der anderen Seite der Mauer erhob sich aus drei Dutzend Kehlen ein wildes Geschrei, das in die Schreckenslaute der Kazzach einstimmte, die ihnen den Weg hatten
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