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Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen

Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen

Titel: Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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sich angewöhnt hatte, auf einem roh zusammengezimmerten Schaukelstuhl in der Wohnstube direkt neben der Feuerstelle zu nächtigen.
    Eine unerklärliche Unruhe erfüllte Tarean, so als geschehe in diesem Augenblick etwas, von dem er wissen müsse – aber er konnte den Gedanken nicht greifen. Lautlos glitt er von seiner Schlafstätte und blickte sich in dem kleinen Raum um. Silbernes Mondlicht fiel durch das offene Fenster am Fußende der Pritsche und erhellte das Innere gerade so weit, dass sich die wenigen Möbel – ein Kleiderschrank, eine Waschgelegenheit, ein Holzbrett an der Wand, auf dem allerlei aus dem Ruinenfeld geborgene Fundstücke lagen – als schattenhafte Silhouetten vor den von Steinmenschenhand verschmolzenen Felsblöcken abzeichneten, aus denen das Haus des Setten erbaut worden war.
    Einem unerklärlichen Drang folgend, trat Tarean an das schmale, nach Osten weisende Loch in der Wand und spähte hindurch. Von vereinzelten Wolkenbänken abgesehen, die träge von Norden nach Süden zogen, war der Nachthimmel sternklar, und ein großer, voller Mond hing als bleiches Rund hoch über den dunklen Gipfeln der Grauen Berge.
    Darunter erhoben sich stumm die gewaltigen Umrisse der Ruine von At Arthanoc. Gegen die helle Hochebene konnte Tarean gut die Hügelkämme der einstigen Schutzwälle erkennen, die scharfgratigen Überreste früherer Türme und Gebäude, und ganz zur Linken, im Schutze der steil aufragenden Klippe, an deren Flanke die Burg gelegen hatte, erhob sich der kraterähnliche Trümmerberg des Hexerturms.
    Eine kleine, schimmernde Gestalt bewegte sich über die leere Ebene auf die Ruinenlandschaft zu.
    »Moosbeere?« Ungläubig beugte sich der Junge vor. Es war ohne Zweifel seine golden leuchtende Gefährtin, die alleine und in völliger Missachtung aller Warnungen Janosthins mitten in der Nacht auf At Arthanoc zulief. Und es schien in der Tat so, als laufe sie über den felsigen Boden, denn Moosbeere war nicht das winzige strahlende Irrlicht, als das sie sich der Welt zeigte, sondern hatte die Gestalt der geheimnisvollen, elfenhaften Frau angenommen, in der sie Tarean bereits in zwei anderen Nächten seit ihrer ersten Begegnung gegenübergetreten war – ohne später erklären zu können oder zu wollen, was es mit dieser ungewöhnlichen Verwandlung auf sich gehabt hatte. Hatte sie alle Vorsicht fahren lassen? Nein, ich träume , rief sich Tarean ins Gedächtnis.
    Im gleichen Moment wurde ihm klar, dass er Moosbeere folgen musste. Sie leuchtete wie ein Signalfeuer in dunkler Nacht, das dem verirrten Wanderer den Weg weist. Und so wie der Wanderer sich zum Licht dieses Feuers hingezogen fühlt, so verspürte der Junge den unwiderstehlichen Drang, dem Irrlicht nachzugehen. Leise schlüpfte er in seine Stiefel, gürtete die Schwertscheide um, in der Esdurial ruhte, und verließ das Zimmer.
    In der Wohnstube empfing ihn Janosthins Schnarchen. Der Sette saß halb zusammengesunken in seinem Schaukelstuhl. Auf dem Boden zur Rechten stand ein leerer Krug Bier, links neben ihm lehnte der Runenhammer an der Wand neben der Feuerstelle. Die noch munter glimmende Glut verbreitete behagliche Wärme, und eine einzelne Kerze, die in einem metallenen Kerzenständer auf dem Tisch brannte, tauchte den Raum in gelbliches Dämmerlicht.
    Auf Zehenspitzen schlich Tarean an der Wand entlang zur Eingangstür, öffnete diese vorsichtig und schlüpfte dann nach draußen. Wäre er wachen Verstandes gewesen, hätte der Junge den Hüter von At Arthanoc gewiss geweckt, schließlich grenzte es an Wahnsinn, im Stockfinsteren und ohne Ortskenntnis in den Ruinen der Burg umherzustolpern. Doch im Traum erschien es Tarean nicht nur richtig, sondern geradezu zwingend, dass Janosthin nichts von Moosbeeres und seinem heimlichen Ausflug mitbekam.
    Draußen vor der Hütte, einem niedrigen, leicht windschiefen Steinbau auf einer Hügelkuppe, von der aus man die gesamte Ebene vor und um At Arthanoc gut überblicken konnte, umfing Tarean kühle Nachtluft, die ihn daran erinnerte, dass er weder seinen Lederharnisch, noch seinen Mantel übergezogen hatte. Doch den kurzen Gedanken, zurückzukehren und die Kleidungsstücke zu holen, verwarf er im selben Moment wieder, als er sah, dass Moosbeere die düstere Ruinenlandschaft schon beinahe erreicht hatte und aus seinem Blickfeld zu entschwinden drohte.
    Rasch eilte er den flachen Hang hinab und dem einsamen Schein des Irrlichts hinterher. Ohne auf seine Umgebung zu achten, stolperte er über

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