Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen
zugerichtet, mein Junge.«
Tarean wandte den Kopf und gewahrte den Neuankömmling jetzt zum ersten Mal mit vollem Bewusstsein. Es handelte sich um einen Setten, wie Karnodrim einer gewesen war. Er reichte dem Jungen kaum bis zur Schulter, doch an Masse übertraf er ihn leicht um das Doppelte. An den Füßen trug er Stulpenstiefel, dazu grobe Lederbeinkleider und eine Lederschürze, die seine muskulösen Oberarme frei ließ. Sein dichtes, langes Haar hatte die Farbe reifer Kastanien, ebenso sein kurzer Bart. In der Linken hielt er einen langstieligen Hammer mit einem schweren Metallkopf, in den überraschenderweise Runen von genau der Art eingelassen waren, wie sie sich auch auf der Schneide von Esdurial befanden.
»Na, kannst du aus eigener Kraft stehen?«, fragte der Mann mit rauer Freundlichkeit.
Tarean prüfte vorsichtig seinen Stand, dann nickte er. »Ja, danke.«
Im nächsten Augenblick tauchte Moosbeere an seiner Seite auf. »Tarean! Du lebst noch!«
»Ja, so scheint es.« Der Junge versuchte zu lächeln, aber es wirkte angesichts der Schmerzen, die ihn am ganzen Körper plagten, etwas gezwungen. »Das habe ich diesem Mann zu verdanken.« Er wandte sich an den Setten. »Darf ich fragen, wer Ihr seid?«
Der Fremde schwang seinen Hammer von der Schulter, stellte ihn mit dem Kopf auf den Boden und lehnte sich auf den Stiel. »Mein Name ist Janosthin Tiefenerz. Ich bin der Hüter dieser Stätte. Ich sah euch schon von ferne nahen und wollte nachschauen, wer sich an diesen verfluchten Ort verirrt haben könnte. Und wie ich sehe, traf ich keinen Moment zu früh ein.«
»Keineswegs«, erwiderte Tarean. »Jeder Moment später hätte mir Sorge bereitet. Ich danke Euch für Eure Hilfe.« Er humpelte zu einem nahen Steinquader, zögerte unwillkürlich für einen Herzschlag und ließ sich dann darauf nieder, um seinen Lederharnisch abzuschnallen und die Wunden zu begutachten.
Der Sette folgte ihm und machte dabei eine wegwerfende Handbewegung. »Kein Grund zum Dank. Ich habe nur getan, weswegen ich hier lebe: den Schutzkreis vor frechem Ungeziefer bewahrt.«
»Was waren das für hungrige Abscheulichkeiten?«, erkundigte sich der Junge, während er die Schnallen löste und umständlich die Rüstung abstreifte.
»Steinfexe. Lästige kleine Mistkerle. Vor allem, wenn man keinen Hammer wie den meinen besitzt.« Janosthin lachte grimmig. »Denn wie dir sicher aufgefallen ist, bestehen diese Kobolde überwiegend aus Stein. Was sie aber nicht davon abhält, Mensch und Tier anzugreifen und sich einen ordentlichen Happen zu gönnen.«
»Das habe ich gemerkt.« Tarean biss die Zähne zusammen, als er seinen blutigen Hemdsärmel von einer Bisswunde löste. »Wärt Ihr so nett und würdet mir meine Tasche bringen, die auf dem Rücken des Greifen festgeschnallt ist? Darin befinden sich Wasser, etwas Blutmoos und ein Heilamulett.«
»Nicht nötig«, bemerkte der Hüter. »Da ist er schon.«
Tarean wandte den Kopf und sah Ro’ik näher trotten. Der Greif blutete an der linken Flanke, beide Vorderbeine wiesen Kratzer und Bissspuren auf, und die Spitze seines linken Flügels hatte einige Federn gelassen. »Oh, Ro’ik.« Der Junge erhob sich, trat auf das geschundene Vogelpferd zu und streichelte seinen Hals. »Wie geht es dir?«
Der Greif krächzte unwillig und wackelte mit dem Kopf.
Janosthin gesellte sich zu ihnen und begutachtete die Wunden, die von den Zähnen und Klauen der Steinfexe herrührten. »So wie ich das sehe, sind es keine schlimmen Verletzungen. Unangenehm, gewiss schmerzhaft, aber er wird es überstehen. Das Gute an Steinfexen ist, dass sie keine Krankheiten übertragen. Lass dich mal von einem Grawl so beißen, und du gehst an irgendeiner Hundeseuche ein, so sicher wie der Blitz den Stein spaltet.«
Tarean öffnete seine Tasche und holte seinen Trinkschlauch und das wenige, was er an nichtmagischen Heilmitteln mit sich führte, hervor. Unbeholfen begann er damit, seine Wunden zu säubern.
»Lass mich das machen, Junge«, mischte sich der Sette ein und nahm ihm das feuchte Tuch aus der Hand. »Und währenddessen verrätst du mir vielleicht, wie du heißt und was du hier draußen suchst.«
Für einen Augenblick fragte sich Tarean, ob er dem Hüter des … Schutzkreises? … trauen konnte. Doch dann fiel sein Blick auf den runenverzierten Hammer, mit dem ihm dieser das Leben gerettet hatte. Nur die Steinmenschen und ihre Verbündeten verwendeten diese machterfüllten Zeichen. Möglicherweise war er also
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