Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen
schnell antwortest. Ich fürchtete schon, die ganze Nacht auf dich warten zu müssen.«
»Dein Ruf erreichte mich im richtigen Moment«, erwiderte die Albin nur.
»Es ist lange her.« Tarean hatte die Stimme zu einem Flüstern gesenkt, fast so, als wolle er nicht, dass andere Anwesende seine Worte mithörten. »Es ist schön, dich zu sehen.«
»Ja … das finde ich auch.« Unvermittelt fühlte Auril eine Sehnsucht in sich aufsteigen, wie sie sie schon lange nicht mehr verspürt hatte, nicht einmal, wenn sie über Tarean, Moosbeere und Iegi nachgedacht hatte. »Wo bist du?«, versuchte sie das Gefühl rasch zu überspielen. »Das sieht mir nicht nach Airianis aus.«
Der Junge schüttelte den Kopf. Auril bemerkte, dass er die Haare nun etwas länger trug, nicht mehr ganz so knabenhaft kurz. »Nein, dort sind wir nicht mehr, und das ist auch der Grund, weshalb ich mich bei dir melde. Wir sind nach At Arthanoc zurückgekehrt.«
»Was?«, entfuhr es der Albin entgeistert.
»Hör mir zu, und ich versuche, es dir in kurzen Worten zu erklären. Ihr müsst uns treffen, Bromm und du. Es haben sich unglaubliche Dinge ereignet.« Tarean wirkte in der Tat ungewöhnlich aufgeregt.
»Warte«, bat Auril. Sie hob den Kopf und rief in die Finsternis: »Bromm?!«
»Direkt um die nächste Ecke«, brummte der Werbär und trat aus dem Schatten der Bäume zu ihrer Linken.
Die Albin zuckte zusammen. »He, hast du mich etwa belauscht?«
Ihr Gefährte schüttelte den massigen Schädel. »Nein, bewacht«, verbesserte er. »Ich habe schon geahnt, dass du keinen Blick mehr für deine Umgebung haben würdest, sobald ihr miteinander sprecht. Und da das an lebensgefährlichen Leichtsinn grenzt, solange man den Alten Wald im Nacken hat, dachte ich mir, dass ich mich lieber nicht allzu weit entferne. Und nicht zu Unrecht, oder?« Er grinste selbstzufrieden.
Auril bedachte den Werbären mit einem säuerlichen Blick, dann wandte sie sich wieder Tarean zu. »Also schön, du hast unsere Neugierde geweckt. Erzähl.«
Mehr als bereitwillig kam der Junge der Aufforderung nach.
Als der Morgen graute, brachen sie gemeinsam von Janosthins Hütte auf. Mit Erleichterung hatte Tarean nach dem Aufstehen festgestellt, dass sowohl das Schimmern seines Hemdsärmels als auch seines rechten Arms über Nacht sichtlich nachgelassen hatte. Und dank Kinrains sanfter Heilmagie schmerzte auch die Brandwunde, die er durch den violetten Blitzschlag des Hexers auf der Brust davongetragen hatte, kaum noch, sodass er das Amulett an Iegi weiterreichte, damit dieser seine Wunde versorgen konnte.
Der Vogelmensch hatte unterdessen den Runenhammer des Setten wieder gegen seine eigene Waffe eingetauscht, den exotisch wirkenden Kampfstab mit der keulenartigen Verdickung am unteren Ende und der Doppelklinge am oberen. Raisils Waffe aber, die Calvas auf seiner Flucht nicht mitgenommen hatte, ließen sie in Janosthins Hütte zurück.
Tarean hatte mit Auril und Bromm verabredet, dass man sich in zwölf bis vierzehn Tagen am Fuße des Bruchs, bei Steilklipp, treffen wolle. Die Albin hatte versichert, dass sie das ohne Schwierigkeiten schaffen würden. Der Junge war, was sie selbst betraf, nicht ganz so voller Zuversicht, auch wenn Janosthin beteuert hatte, dass die Strecke in dieser Zeit gut zu bewältigen war. »Immerhin seid ihr nicht zu Fuß unterwegs, sondern vermögt alle zu fliegen«, hatte er sehr richtig festgestellt.
Womit auch die eine offene Frage beantwortet worden war, die noch in Tareans Geist herumgespukt war. »Du wirst uns also nicht nach Süden begleiten?«
Und in der Tat hatte der Sette den Kopf geschüttelt. »Nein. Ich bringe euch noch bis zu einem Ort etwa zwei Tagesreisen von hier, an dem ihr die Steinernen treffen könnt. Dann kehre ich zurück. Irgendjemand muss ja auf Kesrondaia aufpassen – jetzt, da Calvas wieder unter den Lebenden weilt, mehr denn je.«
Das hatte Tarean eingeleuchtet, obschon er den Verlust des kampfstarken Setten und seines Runenhammers bedauerte.
So lange Janosthin mit ihnen unterwegs war, hieß es, sich auf Schusters Rappen fortzubewegen. Dabei stellte sich schon bald heraus, dass nicht nur Iegis weiche Stiefel für lange Wanderungen durch felsiges Gebiet völlig ungeeignet waren. Auch die mangelnde Erfahrung des Taijirin mit langen Fußmärschen machte sich nach ein paar Stunden bemerkbar.
»Verzeiht mir, Erdgebundene«, erklärte der Vogelmensch schließlich. »Aber diese Quälerei werde ich mir nicht länger antun. Ich
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