Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen
und Taijirin im Blutrausch getötet. Oder frag sie doch mal, wie viele Setten ihr gestern zum Opfer gefallen sind. Sie ist schnell und heimtückisch und weiß sicher mit ihren Waffen umzugehen.«
Nachdenklich blickte Tarean ins Feuer, und er spürte, wie sich seine Zweifel verstärkten. Hatte er sich von Hafftas Geschichte, die der seinen zumindest insoweit glich, als dass sie beide geliebte Freunde und Verwandte durch Calvas verloren hatten, zu leichtfertigem Vertrauen verführen lassen? War die Grawlfrau in diesem Augenblick unterwegs, um ihresgleichen um sich zu scharen und die Jungen anzugreifen, in der Hoffnung, ihre Köpfe dem Hexenmeister später als Geschenk darbieten zu können? Es war wirklich deutlich schwerer zu erkennen, was der Wahrheit entsprach und was purem Verfolgungswahn geschuldet war, wenn man aufhörte, die Welt schlichtweg in Gut und Böse zu unterteilen. »Unschuldig ist sie sicher nicht, da stimme ich dir zu«, gestand er nach einer Weile des Schweigens ein. »Aber uns hat sie nichts getan.«
»Das heißt, du willst warten, bis sie einem von uns die Kehle durchgeschnitten hat, bevor der andere sie mit gutem Gewissen töten darf?«
»Nein! Natürlich nicht. Aber was soll dieser ganze Streit? Ich bringe sie jedenfalls nicht um. Wenn du unbedingt gegen sie kämpfen willst, kann ich dich vermutlich nicht davon abhalten. Aber ich würde dich bitten, davon abzusehen.« Tarean rieb sich erschöpft die Schläfen. »Lass uns einfach die Augen offen halten und vorsichtig sein, in Ordnung?«
»Tut mir einen Gefallen«, erklang unvermittelt eine raue Stimme in ihrem Nacken. Die beiden Jungen wirbelten überrascht und erschrocken herum und sahen, dass sich Haffta lautlos von hinten an sie herangeschlichen hatte. Drohend ragte die Wolflingfrau über ihnen in der Dunkelheit auf. »Wenn ihr mich töten wollt, so bringt es sofort hinter euch. Ansonsten hört auf, ständig davon zu reden.« Mit diesen Worten ließ sie eine erlegte Wildziege zwischen ihnen fallen, drehte sich um und machte Anstalten, wieder im Wald zu verschwinden.
»Haffta, warte«, rief Tarean und sprang auf. Er eilte ihr nach und legte eine Hand auf ihre nackte Schulter. Ihr dunkles Fell fühlte sich fest und drahtig an, wie das der beiden riesigen Jagdhunde, die dem Wildhüter von Dornhall gehört hatten. Er spürte, wie sich ihre Muskeln unter seinen Fingern anspannten. »Es war unangemessen von uns, hinter deinem Rücken über dich zu urteilen. Es tut mir leid.«
Er ging um sie herum und blickte ihr in die eisblauen Augen. Noch immer pochte ihm in der unmittelbaren Nähe der Wolflingfrau das Herz bis zum Hals. Auch wenn sie geschwächt sein mochte und viele kleinere Verletzungen ihren Körper übersäten, gab er sich keinen Illusionen hin, wer aus einem unbewaffneten Zweikampf als Sieger hervorgehen würde. Wenn Haffta es wollte, konnte sie ihm auf der Stelle mit ihren kräftigen Armen das Rückgrat brechen und mit ihrem Furcht einflößenden Gebiss die Kehle herausreißen, bevor er auch nur imstande war, ihr mehr als ein paar oberflächliche Prellungen zuzufügen. Er schluckte und räusperte sich dann. »Komm wieder ans Feuer. Wir wollen die Ziege braten, die du gefangen hast. Einverstanden?«
Haffta funkelte ihn einen Augenblick mit unergründlichem Gesichtsausdruck an, dann nickte sie knapp. »Ja, braten wir die Ziege«, grollte sie leise.
Ohne ein weiteres Wort trat die Grawlfrau ans Lagerfeuer zurück. Sie bedachte den Taijirinprinz mit einem kühlen Blick, als sie die Ziege aufnahm, sich auf der anderen Seite der knisternden Flammen hinsetzte und sich daranmachte, mit ihrem großen und erschreckend scharfen Messer das Tier zu zerlegen.
Kurze Zeit später brieten mehrere Stücke Fleisch, an Stöcken aufgespießt, über der heißen Glut, und Tarean, der sich schon auf ein weiteres Mahl aus Brot und Hartwurst eingestellt hatte, lief bei dem Anblick das Wasser im Mund zusammen. Er sah, dass Haffta in einen Beutel an ihrem Gürtel griff, drei Ledersäckchen hervorholte und nach kurzem Ermessen eine Prise dunkelgrauen Pulvers aus einem von ihnen über das Gebratene streute. »Was ist das?«, fragte er.
»Gewürze«, gab die Wolfskriegerin zurück. »Um diesem Happen etwas Geschmack zu geben.« Als sie den überraschten Blick des Jungen bemerkte, lachte sie bellend auf. »Lass mich raten: Du dachtest, wir Wolflinge würden unser Fleisch am liebsten roh und blutig fressen.«
Der Junge räusperte sich verlegen. »So
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