Tarzan 01 - Tarzan bei den Affen
deshalb näherte sie sich dem Ort, von wo der Kampfeslärm hergedrungen war, besonders wachsam und schließlich ganz langsam. Mit größter Vorsicht arbeitete sie sich durch die untersten Zweige und spähte scharf in die vom Mondlicht gesprenkelte Finsternis, ob sie Anzeichen von den Kämpfern entdeckte.
Kurz danach stieß sie auf sie. Beide lagen auf einer kleinen, hell vom Mond beschienenen Lichtung – der kleine Tarzan übel zugerichtet und blutig, und daneben ein riesiger männlicher Gorilla, mausetot.
Mit einem unterdrückten Schrei sank sie neben Tarzan zu Boden, nahm den armen, blutbedeckten Jungen in die Arme, drückte ihn an sich und forschte nach einem Lebenszeichen. Kaum hörbar vernahm sie den schwachen Schlag seines kleinen Herzens.
Behutsam trug sie ihn durch den dunkelblauen Dschungel zum Lagerplatz ihres Volkes, saß viele Tage und Nächte bei ihm, umsorgte ihn, brachte ihm Nahrung und Wasser und verscheuchte Fliegen und andere Insekten von den schweren Wunden.
Das arme Wesen hatte keine Ahnung von Medizin oder Chirurgie. Sie konnte die Wunden nur lecken, hielt sie dadurch sauber und ermöglichte es der Natur, ihr Werk schneller zu verrichten.
Tarzan wollte zuerst nichts essen, sondern wälzte sich im wilden Fieberwahn hin und her. Er verlangte immer nur nach Wasser, und sie brachte ihm welches auf die einzige Art und Weise, die sie kannte – in ihrem Mund.
Keine menschliche Mutter hätte diesem kleinen, elternlosen Findelkind, das das Schicksal ihr überantwortet hatte, mehr uneigennützige Hingabe und Selbstaufopferung entgegenbringen können als dieses arme, wilde Tier.
Schließlich ließ das Fieber nach, und der Junge genas langsam. Kein Wort der Klage kam über seine zusammengepreßten Lippen, obwohl seine Wunden maßlos schmerzen mußten.
An einer Stelle der Brust lagen die Rippen bloß, drei waren unter den mächtigen Schlägen des Gorillas gebrochen. Ein Arm war von den riesigen Fangzähnen fast zerrissen worden, und am Hals fehlte ein großes Stück Fleisch, so daß die Schlagader deutlich zu sehen war. Die furchtbaren Kiefer hatten sie wie durch ein Wunder verfehlt.
Er ertrug die Schmerzen still und mit der Gelassenheit der Tiere, die ihn aufgezogen hatten, hielt sich lieber abseits von den anderen und lag zusammengerollt im hohen Gras, als daß er sein Elend vor ihnen zur Schau gestellt hätte.
Er freute sich nur, wenn Kala bei ihm war, aber jetzt, da es ihm besser ging, blieb sie auf der Suche nach Nahrung oft länger weg, denn das ihm ergebene Tier hatte in der Zeit, als es ihm schlecht ging, selbst nicht genug gefressen, um bei Kräften zu bleiben, und war kaum mehr ein Schatten seines früheren Selbsts.
Das Licht der Erkenntnis
Nach einer Zeit, die dem kleinen Leidenden wie eine Ewigkeit vorkam, war er endlich wieder imstande, umherzugehen, und von da an machte seine Genesung so schnelle Fortschritte, daß er einen Monat später stark und tatkräftig wie immer war.
Während er genas, hatte er im Geist viele Male den Kampf mit dem Gorilla nachvollzogen, und sein erster Gedanke war, die erstaunliche kleine Waffe wiederzubeschaffen, die ihn aus einem hoffnungslos unterlegenen Schwächling zum Überwinder des mächtigen Dschungelherrschers gemacht hatte.
Auch war er erpicht, zur Hütte zurückzukehren, um deren wundersames Innnere weiter zu erkunden.
Also brach er eines Morgens allein zu seinen Nachforschungen auf. Nach einigem Suchen entdeckte er die kahlgefressenen Knochen seines damaligen Widersachers und dicht daneben, teilweise unter gefallenen Blättern verborgen, das Messer, nun rostrot, weil es der Feuchtigkeit des Bodens ausgesetzt war, und schwarz vom angetrockneten Blut des Gorillas.
Diese Veränderung der vorher hellen und blinkenden Oberfläche mißfiel ihm, dennoch war es noch immer eine wirksame Waffe, und er beabsichtigte, sie zu seinem Vorteil zu nutzen, wann immer sich Gelegenheit dazu gab. So nahm er sich vor, nicht länger vor den wilden Angriffen des alten Tublat davonzulaufen.
Einen Moment später stand er vorm Haus. Nach kurzer Zeit hatte er die Verriegelung geöffnet und trat ein. Zuerst bemühte er sich, deren Mechanismus zu ergründen, und zwar bei geöffneter Tür, so daß er herausfinden konnte, wie sie verriegelt wurde, und was er tun mußte, damit sie den Eintritt freigab.
Da entdeckte er, daß er sie von innen schließen und verriegeln konnte, und tat dies, so daß er seine Nachforschungen fortsetzen konnte, ohne von
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