Tarzan 02 - Tarzans Rückkehr
Fenster und sprang auf die Straße, während Tarzan das Mädchen in seine Arme nahm und so hinabglitt, wie er es schon oft im Urwald mit einer Last getan hatte. Ein kleiner Angstschrei entrang sich ihren Lippen, aber Tarzan landete mit einer kaum wahrnehmbaren Erschütterung und setzte sie behutsam auf die Erde.
Sie hielt sich für einen Moment an ihm fest.
»Wie stark M’sieur ist und wie flink«, sagte sie. »Nicht einmal el adrea, der schwarze Löwe, vermag das.«
»Ich würde Ihren el adrea gern einmal kennenlernen, ich habe schon so viel von ihm gehört«, erklärte Tarzan.
»Wenn sie zu dem Lager meines Vaters kommen, werden Sie ihn sehen«, antwortete sie. »Er lebt in einem Ausläufer des Gebirges und kommt nachts oft aus seiner Höhle, um in das Lager einzufallen. Mit einem einzigen Schlag seiner mächtigen Pranke kann er den Schädel eines Bullen zertrümmern, und wehe dem verspäteten Wanderer, der in der Nacht draußen auf el adrea trifft.«
Sie erreichten das Hotel ohne weitere Zwischenfälle. Der verschlafene Wirt protestierte wortreich dagegen, vor dem Morgen nach Kadour ben Saden suchen zu lassen, doch ein Goldstück ließ ihm die Sache in einem anderen Licht erscheinen, so daß sich einige Minuten später ein Diener auf den Weg machte und die weniger volkstümlichen Gasthäuser ablief, da anzunehmen war, daß ein Wüstenscheich eher dort angemessene Gesellschaft finden würde. Tarzan hatte es für notwendig erachtet, den Vater des Mädchens noch in der Nacht ausfindig zu machen, da er befürchtete, dieser könnte seine Heimreise in den frühen Morgenstunden antreten, so daß sie ihn dann nicht mehr antreffen würden.
Sie hatten vielleicht eine halbe Stunde gewartet, als der Bote mit Kadour ben Saden zurückkehrte. Der alte Scheich betrat den Raum mit einem fragenden Ausdruck auf dem würdevollen Gesicht.
»Monsieur hat mir die Ehre erwiesen, mich zu –« begann er, dann fiel sein Blick auf das Mädchen. Mit ausgestreckten Armen ging er durchs Zimmer auf sie zu. »Mein Kind!« rief er. »Allah ist gnädig!« Tränen trübten den Blick des tapferen alten Kriegers.
Nachdem er die Geschichte von ihrer Entführung und letztendlichen Befreiung gehört hatte, breitete er die Arme aus.
»Alles, was Kadour ben Saden besitzt, gehört auch Ihnen, sogar er selbst«, sagte er schlicht. Tarzan aber wußte, daß das keine leeren Worte waren.
Obwohl es für drei von ihnen einen Ritt fast ohne vorherigen Schlaf bedeutete, hielt man es für das beste, gleich früh am Morgen aufzubrechen und die Strecke nach Bou Saada möglichst an einem Tag zu bewältigen. Den Männern würde die Reise vergleichsweise leicht fallen, doch für das Mädchen versprach sie ermüdend zu werden.
Dennoch war sie diejenige, die am meisten auf baldigen Aufbruch drängte, denn sie konnte es kaum erwarten, wieder bei ihrer Familie und ihren Freunden zu sein, von denen sie zwei Jahre getrennt gewesen war.
Als man Tarzan weckte, kam es ihm vor, als hätte er seine Augen gar nicht geschlossen. Binnen einer Stunde befand sich die Gruppe auf dem Weg nach Süden Richtung Bou Saada. Eine Zeitlang war die Straße in leidlichem Zustand, und sie kamen schnell voran, dann war ringsum plötzlich nur noch Sandwüste, in der die Pferde bei fast jedem Schritt bis zu den Fesseln einsanken. Außer Tarzan, Abdul, dem Scheich und seiner Tochter ritten vier Wüstenbewohner aus dem Stamm des Scheichs mit ihnen, die ihn schon nach Sidi Aissa begleitet hatten. Mit sieben Gewehren bewaffnet, hatten sie wenig Furcht vor einem Angriff bei Tage, und wenn alles gut ging, waren sie vor Anbruch der Dunkelheit in Bou Saada.
Ein frischer Wind hüllte sie in Wüstensand, bis Tarzans Lippen ganz ausgetrocknet und rissig waren. Das Wenige, was er von der Umgebung sehen konnten, war alles andere als verlockend – eine endlose Weite unwirtlichen Landes, das sich in kahlen Hügeln wellte, hier und da bewachsen mit Büscheln dürren Gestrüpps. Weit im Süden erhoben sich die verschwommenen Umrisse des Atlasgebirges. Wie sehr unterscheidet sich das doch von dem prächtigen Afrika meiner Kindheit, dachte Tarzan.
Abdul war ständig auf der Hut und und hielt scharf nach allen Seiten Ausschau. Auf dem Gipfel jedes Hügels, den sie erklommen, wendete er sein Pferd und suchte das Land bis zum Horizont sorgfältig ab. Seine Mühe zahlte sich schließlich aus.
»Seht dort!« rief er. »Uns folgen sechs Reiter.«
»Das sind ohne Zweifel Ihre Freunde von gestern abend,
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