Tarzan 02 - Tarzans Rückkehr
flüsterte: »Schnell, M’sieur; hier entlang. Folgen Sie mir!«
»Komm, Abdul«, sagte Tarzan leise zu dem Jungen, »es kann uns woanders kaum schlechter ergehen als hier.«
Die Frau führte sie die schmale Treppe hinauf, die vor der Tür zu ihrer Behausung endete. Tarzan ging dicht hinter ihr. Er sah die Gold- und Silberreifen an ihren bloßen Armen, die Bänder aus Goldmünzen, die von ihrem Haarschmuck herabhingen, und die prächtigen Farben ihres Kleides. Er wußte, daß sie eine Tänzerin war, und erkannte in ihr das Mädchen, das ihn etwas früher am Abend gewarnt hatte.
Als sie oben auf der Treppe angelangt waren, konnte er hören, wie die ergrimmte Menge den Hof absuchte.
»Bald werden sie hierher kommen«, flüsterte das Mädchen. »Sie dürfen Sie nicht finden, denn wenn Sie auch mit der Kraft vieler Männer kämpfen, werden sie Sie am Ende töten. Beeilen Sie sich, Sie können sich aus einem entlegeneren Fenster meines Zimmers auf die Straße hinablassen. Ehe man entdeckt, daß Sie nicht mehr im Hof des Gebäudes sind, befinden Sie sich in Ihrem Hotel und in Sicherheit.«
Noch während sie das sagte, hatten einige Männer schon die Treppe erreicht, an deren Ende sie jetzt standen. Einer der Suchenden rief kurz. Man hatte sie entdeckt. Schnell kam die Horde zur Treppe gestürmt. Der vorderste stürzte hastig die Stufen hoch, aber als er oben war, durchbohrte ihn ein Schwert.
Das hatte er nicht erwartet – der Gejagte war vorher unbewaffnet gewesen.
Mit einem Schrei taumelte der Mann zurück und fiel auf die Nachfolgenden. Wie Kegel purzelten sie die Treppe hinunter. Das alte, baufällige Gerüst konnte der Belastung durch die vielen Menschen und die Erschütterung nicht mehr standhalten. Mit Knarren und Bersten brach es unter den Angreifern zusammen. Tarzan, Abdul und das Mädchen blieben oben auf der schwankenden Plattform.
»Kommen Sie!« rief die Tänzerin. »Sie können uns über die andere Treppe durchs Nebenzimmer erreichen. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
Als sie gerade den Raum betraten, hörte Abdul einen der Männer unten auf dem Hof den anderen zurufen, sie sollten schnell auf die Straße laufen, um ihnen den Fluchtweg auf dieser Seite abzuschneiden.
»Jetzt sind wir verloren«, sagte das Mädchen leise.
»Wir?« fragte Tarzan.
»Ja, M’sieur, sie werden auch mich töten«, erwiderte sie. »Habe ich Ihnen nicht geholfen?«
Das ließ die Sache in einem anderen Licht erscheinen. Tarzan hatte eher seine Freude an dem Tumult und der Aufregung gehabt. Nicht eine Minute hatte er daran gedacht, daß Abdul oder das Mädchen Schaden erleiden könnten, wenn ja, dann höchstens durch Zufall. Er war auch nur zurückgewichen, um selbst nicht getötet zu werden, und gedachte, erst dann die Flucht anzutreten, wenn sichtbar war, daß er sonst rettungslos verloren war.
Wäre er allein gewesen, so wäre er mitten in die dichtgedrängte Menge gesprungen, hätte in der Art und Weise von Numa, der Löwin, drauflosgeschlagen und die Angreifer derart überrumpelt, daß ein Entkommen einfach gewesen wäre. Nun mußte er auch an diese zwei treuen Freunde denken.
Er trat ans Fenster, von wo aus man die Straße überschauen konnte. In der nächsten Minute würde es unten von Feinden wimmeln. Auch konnte er schon hören, wie mehrere die Treppe zur nächsten Wohnung heraufkamen, gleich würden sie an der Nebentür sein. Er stellte den Fuß auf den Sims und lehnte sich hinaus, schaute aber nicht nach unten. In Reichweite über ihm befand sich das flache Dach des Gebäudes. Er rief das Mädchen zu sich. Als sie neben ihm stand, umfaßte er sie und hob sie auf seine Schulter.
»Warte, bis ich von oben nach dir greife«, sagte er zu Abdul. »In der Zwischenzeit räume alles, was sich im Zimmer befindet, vor die Tür – es wird sie lange genug aufhalten.« Dann betrat er mit dem Mädchen auf der Schulter den Sims des schmalen Fensters. »Halte dich fest«, mahnte er. Einen Moment später hatte er das Dach mit der Leichtigkeit und Gewandtheit eines Affen erklommen. Er setzte das Mädchen ab, lehnte sich weit über den Rand des Daches und rief leise nach Abdul. Der Junge kam ans Fenster.
»Deine Hand!« flüsterte Tarzan. Die Männer im Nebenraum hämmerten an die Tür. Mit jähem Krachen barst sie in tausend Splitter, und im gleichen Moment fühlte sich Abdul leicht wie eine Feder zum Dach hochgehoben. Keine Minute zu früh, denn als die Männer in das Zimmer stürmten, das die drei gerade verlassen
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