Tarzan 02 - Tarzans Rückkehr
unbehelligt in seine Hütte und lag einige Minuten später zusammengerollt auf den modrigen Überresten des einstigen Grasbettes. So leicht streifte Jean C. Tarzan die dünne Haut seiner künstlichen Vornehmheit ab und sank glücklich und zufrieden in den tiefen Schlaf des wilden Tieres, das bis zum Übermaß gefressen hatte. Nur das ›Ja‹ einer Frau hätte ihn für immer an ein anderes Leben binden können und ihm den Gedanken an sein wildes Dschungeldasein abstoßend erscheinen lassen.
Tarzan schlief bis zum späten Vormittag, da er von den Mühen und Anstrengungen der langen Nacht und des Tages auf dem Ozean sowie dem Vorstoß in den Dschungel ermüdet war, der Muskeln beansprucht hatte, die er seit fast zwei Jahren kaum genutzt hatte. Nach dem Erwachen lief er zum Trinken an den Bach. Dann stürzte er sich ins Wasser und schwamm etwa eine Viertelstunde. Danach kehrte er in seine Hütte zurück und labte sich zum Frühstück an Hortas Fleisch. Den Rest des Kadavers vergrub er in der weichen Erde unweit der Hütte, um etwas zum Abendessen zu haben.
Ein weiteres Mal nahm er sein Seil und verschwand im Dschungel. Diesmal hatte er es auf höherstehende Beute abgesehen, auf einen Menschen – obwohl er, hätte man ihn nach seiner Meinung gefragt, ein Dutzend andere Dschungelbewohner genannt hätte, die für ihn weitaus höher standen. Heute suchte er nach Waffen. Er fragte sich, ob die Frauen und Kinder in Mbongas Dorf geblieben waren, nachdem eine Abteilung des französischen Kreuzers als Rache für d’Arnots vermeintlichen Tod alle Krieger hingerichtet hatte. Er hoffte sehr, jemanden anzutreffen, da er nicht wußte, wo er sonst nach Waffen suchen konnte, falls es dieses Dorf nicht mehr gab.
Der Affenmensch durchquerte schnell den Wald und erreichte gegen Mittag das Dorf, jedoch mußte er zu seiner Enttäuschung feststellen, daß der Dschungel die Bananenfelder überwuchert hatte und die Strohhütten verfallen waren. Auch war keine Menschenseele zu sehen. Eine halbe Stunde kletterte er in den Ruinen herum, weil er hoffte, eine vergessene Waffe zu finden, jedoch blieb seine Suche ohne Erfolg, und so machte er sich erneut auf den Weg stromaufwärts in südöstlicher Richtung. Er wußte, daß er in der Nähe von frischem Wasser höchstwahrscheinlich auf eine andere Siedlung stoßen würde.
Während seiner Suche jagte er, wie er es von Kala gelernt und danach mit seinem Affenvolk so oft getan hatte. Er drehte vermoderte Baumstämme um und suchte nach leckerem Ungeziefer, oder er kletterte hoch in die Bäume, um Vogelnester auszurauben, oder machte sich flink wie eine Katze über ein winziges Nagetier her. Es gab noch andere Dinge, die er aß, aber je allgemeiner dieser Bericht über seine Speisekarte gehalten wird, desto besser – Tarzan war wieder ein Affe, derselbe wilde und brutale Menschenaffe, zu dem Kala ihn gemacht hatte und der er während der ersten zwanzig Lebensjahre gewesen war.
Gelegentlich mußte er lächeln, wenn er an seine Freunde dachte, die in diesem Moment friedlich und blitzsauber in ihrem erlesenen Pariser Club saßen – genau wie er noch vor wenigen Monaten –, und dann blieb er wie versteinert stehen, als habe ein leichter Lufthauch seinem geschärften Geruchssinn die Witterung neuer Beute oder eines schrecklichen Feindes zugetragen.
In dieser Nacht schlief er weit im Landesinneren fern von seiner Hütte in der Astgabel eines riesigen Baumes, dessen Wipfel hundert Meter über dem Erdboden hin und her wogte. Er hatte wieder nach Herzenslust gegessen – diesmal vom Fleisch Baras, des Rehes, das seiner schnellen Schlinge zum Opfer gefallen war.
Früh am nächsten Morgen setzte er seine Reise entlang des Flußlaufes fort. Drei Tage suchte er, bis er in einen Teil des Dschungels gelangte, wo er nie zuvor gewesen war. An etwas höher gelegenen Stellen war der Wald dünner, und Tarzan konnte durch die Baumwipfel in weiter Entfernung die Höhenzüge eines mächtigen Gebirges erkennen, vor dem sich eine Ebene ausbreitete. In diesem offenen Gelände gab es anderes Wild – zahlreiche Antilopen, riesige Zebraherden. Tarzan war entzückt – er würde sehr lange in dieser Gegend bleiben.
Am Morgen des vierten Tages nahm seine Nase überraschend eine schwache Witterung auf. Es war der Geruch eines Menschen, der jedoch noch weit entfernt war. Große Freude erfüllte Tarzan. Jeder seiner Sinne war hellwach, als er leise und behend mit dem Wind durch die Bäume seiner Beute nacheilte. Bald hatte er
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