Tarzan 02 - Tarzans Rückkehr
sanken, wo ihnen der Schlummer wirre Träume und eine kurze Erholung von der nackten und unbarmherzigen Wirklichkeit bescherte.
Die Seeleute hatten sich von dem grimmigen, nagenden Hunger verleiten lassen, ihre Ledergürtel, Schuhe und die Schweißbänder der Mützen zu essen, obwohl Clayton und Monsieur Thuran nach Kräften versucht hatten, sie davon abzubringen, da dies ihr Leiden nur noch verschlimmern würde.
Ausgezehrt und ohne Hoffnung lagen die Schiffbrüchigen mit ausgetrockneten Lippen und geschwollenen Zungen in der mitleidslosen Tropensonne und begannen, den Tod herbeizusehnen. Die Strapazen der ersten Tage hatten die drei Passagieren, die nichts gegessen hatten, ein wenig abgestumpft, aber die Seeleute befanden sich in einem schlimmen Zustand, da ihre schwachen und geschrumpften Mägen mit den Lederstücken zu kämpfen hatten. Tompkins erlag seinen Qualen als erster. Genau eine Woche nach dem Untergang der Lady Alice starb er unter entsetzlichen Krämpfen.
Stundenlang grinste sein entstelltes Gesicht die Insassen des kleinen Bootes vom Heck her an, bis Jane Porter den fürchterlichen Anblick nicht länger ertragen konnte.
»Kannst du den Toten nicht über Bord werfen, William?« fragte sie.
Clayton erhob sich und taumelte auf den Leichnam zu. Die beiden anderen Matrosen bedachten ihn mit bösen Blicken. Vergeblich versuchte er, die Leiche über den Bootsrand zu hieven, doch seine Kräfte reichten nicht aus.
»Helfen Sie mir, bitte«, bat er Wilson, der ihm am nächsten lag.
»Für was woll’n Se ‘n rauswerfen?« fragte dieser mürrisch.
»Weil wir das tun müssen, bevor wir zu schwach dafür sind«, erwiderte Clayton. »Morgen wird er grauenvoll aussehen, nach einem Tag in dieser sengenden Hitze.«
»Laß’n Se ‘n besser drinne«, brummte Wilson. »Vielleicht is’ er vorher noch zu was nütze.«
Langsam wurde Clayton sich des Sinnes dieser Worte bewußt, er begriff, warum der Mann sich der Leiche nicht entledigen wollte.
»Großer Gott!« flüstert er entsetzt. »Sie wollen –«
»Na un’?« knurrte Wilson. »Schließlich müssen wir weiterleben. Der is tot«, fügte er hinzu und wies mit dem Daumen auf den Leichnam. »Was kümmert’s ihn?«
Clayton wandte sich nun an den Russen. »Kommen Sie her, Thuran. Sonst wird sich hier noch etwas Schlimmeres abspielen als der Tod, wenn wir die Leiche nicht vor der Dunkelheit loswerden.«
Wilson taumelte hoch, um das zu verhindern, aber als Spider Clayton und Thuran zu Hilfe kam, gab er auf und blickte dem Toten hungrig nach, als die drei Männer ihn schließlich unter Aufbietung all ihrer Kräfte über Bord gekippt hatten.
Den restlichen Tag starrte Wilson Clayton mit Augen an, in denen der Wahnsinn loderte. Gegen Abend, als die Sonne im Meer versank, begann er, in sich hineinzukichern und zu brabbeln, aber seine Augen blieben auf Clayton fixiert.
Auch im Finstern spürte Clayton diesen schrecklichen Blick. Er bemühte sich, die Augen offen zu behalten, war aber so erschöpft, daß er kaum gegen den Schlaf ankämpfen konnte. Nachdem er dies scheinbar unendlich lange getan hatte, sank er mit dem Kopf auf eine Ruderbank und schlief ein. Er wußte nicht, wie lange er ohne Bewußtsein gewesen war – auf einmal schreckte ihn ein schlurfendes Geräusch in seiner Nähe auf. Der Mond war aufgegangen, und als er die Augen öffnete, sah er Wilson, dem die geschwollene Zunge aus dem offenen Mund ragte, vorsichtig auf sich zukriechen.
Das leise Geräusch hatte auch Jane Porter geweckt, die bei dem fürchterlichen Anblick schrill aufschrie. Im gleichen Moment torkelte der Seemann nach vorn und fiel über Clayton her. Wie ein wildes Tier suchten seine Zähne die Kehle seines Opfers, aber Clayton, so schwach er auch war, fand noch genügend Kraft, um den Wahnsinnigen von sich fernzuhalten.
Bei Janes Schrei erwachten Monsieur Thuran und Spider. Als sie sahen, was vor sich ging, kamen sie Clayton kriechend zu Hilfe.
Mit vereinter Kraft bezwangen sie Wilson und schleuderten ihn auf die Bootsplanken. Einige Minuten lag er schwatzend und kichernd, dann raffte er sich taumelnd auf und sprang, bevor jemand ihn daran hindern konnte, mit einem entsetzlichen Schrei über Bord.
Nach der ungeheuren Anspannung sanken die übriggebliebenen zitternd und entkräftet zurück. Spider brach zusammen und weinte, Jane Porter betete, Clayton fluchte leise vor sich hin, Monsieur Thuran hielt den Kopf in den Händen und dachte nach. Das Ergebnis seiner Überlegungen fand
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