Tarzan 02 - Tarzans Rückkehr
sein Vorgänger den Namen des Stammes als seinen eigenen annahm.
Immer schneller wurden die Schritte der Tänzer, immer lauter ihre wilden und unartikulierten Schreie. Die Frauen erhoben sich und fielen einstimmig in den Lärm ein, sie sangen aus voller Kehle. Der Anblick der wild zuckenden Speere und der Tänzer, die sich bückten und mit den Schilden auf den festgetretenen Boden schlugen, erweckte den Eindruck, als lebten sie in der tiefsten Urzeit, als die Menschheit sich vor unzähligen Jahrhunderten gerade erst zu entwickeln begann.
Als die Erregung zunahm, sprang der Affenmensch auf und beteiligte sich an der wilden Zeremonie. Umringt von glänzenden schwarzen Körpern, sprang und brüllte er und schwang seinen schweren Speer in dem selben Rausch, der seine Stammesbrüder erfaßt hatte. Die letzte Spur seiner zivilisierten Erziehung war verschwunden – er war nun voll und ganz ein Eingeborener, schwelgte in der Freiheit des unbezähmbaren, wilden und geliebten Lebens und war diesen schwarzen Ureinwohnern ganz und gar ein König.
Wenn Olga de Coude ihn jetzt hätte sehen können! Ob sie in ihm wohl den gutgekleideten, zurückhaltenden, jungen Mann wiedererkannt hätte, dessen feine Gesichtszüge und untadelige Manieren sie vor einigen kurzen Monaten so bezaubert hatten? Und Jane Porter? Würde sie diesen wilden Anführer noch lieben, der halbbekleidet inmitten seiner nackten, wilden Untertanen tanzte? Und d’Arnot! Könnte er glauben, daß dies derselbe Mann war, den er in ein halbes Dutzend erlesener Clubs in Paris eingeführt hatte? Was würden die anderen Mitglieder des Oberhauses wohl sagen, wenn jemand auf diesen tanzenden Riesen weisen und sagen würde:
»Dies, meine Herren, ist John Clayton, Lord Greystoke!«
So wurde Tarzan von den Affen zu einem richtigen König unter den Menschen – langsam, aber sicher folgte er dem Entwicklungsweg seiner Vorfahren, denn hatte er nicht ganz unten begonnen?
Todeslotterie
Jane Porter erwachte am Morgen nach dem Schiffbruch der Lady Alice als erste. Die anderen schliefen auf den Ruderbänken oder lagen in unbequemer Haltung auf dem Boden des Rettungsbootes.
Als die junge Frau sah, daß sie von den anderen Booten getrennt worden waren, bekam sie große Angst. Das Gefühl äußerster Verlassenheit und Hilflosigkeit angesichts des unendlichen, menschenleeren Ozeans bedrückte sie, so daß sie von Anfang an ohne jede Hoffnung in die Zukunft blickte. Sie war überzeugt, daß sie verloren waren und keine Aussicht auf Rettung hatten.
Da wurde Clayton wach. Er brauchte einige Minuten, bis er zu sich kam und sich bewußt wurde, wo er war, und welches Unglück sich in der vergangenen Nacht zugetragen hatte. Schließlich fiel sein wirrer Blick auf die junge Frau.
»Jane!« rief er. »Gott sei Dank, wir sind zusammen!«
»Sieh nur«, sagte sie tonlos und wies gleichgültig auf den Horizont. »Wir sind ganz allein.«
Clayton suchte das Meer in allen Richtungen ab.
»Wo sind sie nur?« rief er. »Sie können nicht gesunken sein, denn es war kein Seegang, und sie waren alle in den Booten, als die Jacht unterging, das habe ich doch gesehen.«
Er weckte die anderen und berichtete, was los war.
»Das ist gut, daß die Boote sich verteilt haben, Sir«, sagt einer der Matrosen. »Alle sind mit Proviant versehen, so daß sie nicht aufeinander angewiesen sind, und bei Sturm könnten sie einander sowieso nicht helfen, aber wenn sie über den Ozean verstreut sind, ist die Chance größer, daß wenigstens eins aufgefischt wird, und dann beginnt sofort die Suche nach den anderen. Wären wir beieinander, gäbe es nur eine Hoffnung auf Rettung, aber so sind es vier.«
Sie erkannten die Logik dieser Worte und schöpften wieder Mut, jedoch war ihre Freude von kurzer Dauer, denn als sie sich entschieden hatten, ständig Ostkurs zu fahren, mußten sie feststellen, daß die Seeleute beim Rudern eingeschlafen waren und die beiden einzigen Ruder des Bootes in die See hatten gleiten lassen, und nun waren sie nirgendwo mehr zu sehen.
Die Matrosen begannen, sich zu streiten und gegenseitig zu beschuldigen, und es wäre fast zur Prügelei gekommen, hätte Clayton sie nicht beruhigt, wobei Monsieur Thuran einen Augenblick später mit der häßlichen Bemerkung, wie dumm doch alle Engländer und besonders die englischen Seeleute seien, fast einen neuen Zwist heraufbeschworen hätte.
»Kommt, kommt, Leute«, sagte einer der Männer, Tompkins, der sich bisher nicht an dem Gezänk
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