Tarzan 02 - Tarzans Rückkehr
schwach und zitternd an den Bootsrand. Sie fühlte sich schlecht und wie benommen. Wenn Spider jetzt nicht die Münze von 1875 zog, ging die ganze schreckliche Prozedur weiter.
Der Matrose hatte bereits seine Hand unter dem Jackett. Große Schweißperlen bedeckten seine Stirn. Er zitterte wie bei einem Anfall von Schüttelfrost und fluchte laut, da er der letzte war und seine Überlebenschancen nur noch drei zu eins standen, während das Verhältnis bei Monsieur Thuran fünf zu eins und bei Clayton vier zu eins gewesen war.
Der Russe wartete geduldig und trieb den Mann nicht an, da er wußte, daß er selbst außer Gefahr war, gleichgültig, ob das tödliche Geldstück nun gezogen wurde oder nicht. Als der Matrose seine Hand wieder hervorholte und die Münze betrachtete, sank er ohnmächtig zu Boden. Clayton und Monsieur Thuran beeilten sich, das Geldstück zu prüfen, das dem Mann entglitten war und neben ihm lag. Es stammte nicht aus dem Jahr 1875, doch vor lauter Angst hatte ihn dieses Ergebnis ebenso mitgenommen, als hätte er Pech gehabt.
Nun ging das Ganze jedoch weiter. Wieder zog der Russe eine harmlose Münze. Jane Porter schloß die Augen, als Clayton mit der Hand unter das Jackett fuhr. Spider neigte sich mit schreckgeweiteten Augen darüber, denn jetzt entschied sich sein Schicksal. Was immer diese Hand zutage förderte, ihn würde das Gegenteil erwarten.
Dann zog William Cecil Clayton, Lord Greystoke, die Hand unter dem Jackett hervor und ballte die Faust, damit niemand die Münze sah. Er blickte Jane Porter an und wagte nicht, die Hand zu öffnen.
»Los!« zischte Spider. »Mein Gott, zeig her.«
Clayton öffnete die Faust. Spider erkannte als erster das Datum, und bevor irgend jemand wußte, was er vorhatte, sprang er auf und schwang sich über den Bootsrand, um für immer in den grünen Tiefen zu verschwinden – Claytons Münze stammte nicht aus dem Jahr 1875.
Die Anspannung hatte alle anderen derart erschöpft, daß sie den Rest des Tages halb bewußtlos lagen und auch in den nächsten Tagen nicht wieder darauf zurückkamen. Es war eine entsetzliche Zeit, in der sie immer schwächer und verzweifelter wurden. Schließlich kam Monsieur Thuran zu Clayton gekrochen.
»Wir müssen noch einmal losen, bevor wir sogar zum Essen zu schwach sind«, flüsterte er.
Clayton war völlig apathisch. Jane Porter hatte seit drei Tagen nicht mehr gesprochen. Er wußte, daß sie im Sterben lag. So entsetzlich der Gedanke auch war, er hoffte, daß sein oder Thurans Opfer ihr neue Kraft verleihen konnte, und so stimmte er dem Vorschlag des Russen sofort zu.
Sie wendeten dasselbe Verfahren wie vorher an, es konnte aber nur ein Ergebnis geben – Clayton zog die Münze von 1875.
»Wann soll es sein?« fragte er Thuran.
Der Russe hatte bereits sein Taschenmesser hervorgezogen und mühte sich ab, es zu öffnen.
»Jetzt«, murmelte er und weidete sich begierig am Anblick des Engländers.
»Können Sie nicht warten, bis es dunkel ist?« fragte Clayton. »Miss Porter soll es nicht sehen. Wir wollten heiraten, wissen Sie.«
Auf Monsieur Thurans Gesicht malte sich Enttäuschung aus.
»Nun gut«, erwiderte er zögernd. »Bis dahin ist es nicht mehr lange. Ich habe viele Tage gewartet, da kann ich es noch die paar Stunden tun.«
»Vielen Dank, mein Freund«, sagte Clayton leise. »Ich werde mich jetzt neben sie legen und bei ihr bleiben, bis es soweit ist, denn ich wäre gern eine oder zwei Stunden mit ihr zusammen, bevor ich sterbe.«
Als Clayton bei der jungen Frau anlangte, war sie ohnmächtig – er wußte, daß sie im Sterben lag, und war froh, daß sie nichts ahnte und die abscheuliche Tragödie nicht miterleben mußte, die sich bald abspielen würde. Er nahm ihre Hand und führte sie an seine rissigen, geschwollenen Lippen. Lange Zeit lag er so und liebkoste das abgemagerte, klauenähnliche Etwas, das einst die schöne, weiße Hand der jungen, hübschen Dame aus Baltimore gewesen war.
Ehe er es sich versah, war es dunkel, aber eine Stimme aus der Nacht ließ ihn zu sich kommen. Der Russe rief ihn zu seiner Hinrichtung.
»Ich komme schon, Monsieur Thuran«, beeilte er sich zu antworten. Dreimal versuchte er, sich auf Hände und Knie zu erheben, um dem Tod entgegenzukriechen, aber die wenigen Stunden, die er dort gelegen hatte, hatten ihm weitere Kraft geraubt, so daß er sich jetzt nicht zu Thuran begeben konnte.
»Sie werden zu mir kommen müssen, Monsieur«, rief er schwach. »Ich habe nicht genügend
Weitere Kostenlose Bücher