Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
Aufarbeitung verwandtschaftlicher Zusammenhänge in der Artenvielfalt. Wissenschaft von der Rekonstruktion stammesgeschichtlicher Entfaltung.
Systematik: Erstellen einer hierarchischen Ordnung der Lebewesen in geschachtelten Taxa.
Taxon: Ordnungseinheit aus einer Art oder mehreren Arten in einem System.
Taxonomie: Beschreiben und Ordnen der Artenvielfalt nach bestimmten Gesichtspunkten.
Klassifikation: Ein mit linnaeischen Rängen versehenes System.
Nomenklatur: Namentliche Benennung der Taxa nach festgelegten Regeln.
Typus: Namensträger für ein Taxon. Für eine Art: wissenschaftliches beschriebenes und in einer Sammlung hinterlegtes Exemplar. Für eine Gattung: eine eingeschlossene Art. Für Taxa von höherem Rang: ein eingeschlossenes rangniedrigeres Taxon, von dessen Name der des übergeordneten abzuleiten ist.
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8.2 Die Methode der Phylogenetischen Systematik
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Dass das System der Organismen „natürlich“ zu sein hat (das heißt eine Realität außerhalb des menschlichen Geistes widerspiegeln muss), ist spätestens seit Linnaeus’ Zeiten unstrittig. Seit dem 19. Jahrhundert ist auch allgemein akzeptiert, dass das natürliche System durch die Folge der Artspaltungen in der Evolution entstanden ist. Eine gangbare Methode zur Aufdeckung der natürlichen Beziehungen aber wurde erst mit dem Prinzip der „Suche nach der Schwestergruppe “ in der Phylogenetischen Systematik entwickelt. „Verwandtschaft“ wird hier strikt genealogisch aufgefasst, d. h. von“Formverwandtschaft“ und ähnlichen Vorstellungen abgegrenzt. Hypothesen über Schwestergruppen-Beziehungen zwischen je zwei Taxa werden begründet durch den Nachweis, dass die fraglichen Taxa Merkmale besitzen, die als evolutive Neuerwerbungen ihres letzten gemeinsamen Vorfahren (der Stammart) interpretiert werden können. In Frage kommen homologe Merkmale, die sich durch Anwendung des Sparsamkeits-( Parsimonie -)Prinzips als wahrscheinliche Synapomorphien erweisen werden.
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Nach der von Charles Darwin (1809–1882) begründeten Evolutionstheorie entstanden die Arten im Zuge vieler Artspaltungen. Willi Hennig (1913–1976) war der Erste, der forderte, dass ein System diese stammesgeschichtlichen Artspaltungen widerspiegeln müsse, er forderte ein phylogenetisches System aus monophyletischen Taxa.
Man bezeichnet Taxa als monophyletisch , wenn darin alle Nachkommen – und nur diese – einer Stammart enthalten sind (z. B. Mammalia, Aves). Monophyletische Taxa oder Monophyla (Einzahl Monophylum) können also objektiv durch die Angabe der letzten gemeinsamen Stammart abgegrenzt werden. Zwei Monophyla, die aus einer nur ihnen gemeinsamen Stammart hervorgingen, werden als Schwestergruppen bezeichnet. Taxa, die ausschließlich Nachkommen einer Stammart enthalten, aber nicht alle Nachkommen, werden paraphyletisch genannt. Alle Reptilien z. B. lassen sich auf eine gemeinsame Stammform zurückführen, aber die Nachkommen Säugetiere und Vögel werden als eigene Taxa abgegrenzt; die Reptilien sind also ein paraphyletisches Taxon. Ein Taxon, das Nachkommen mehrerer nicht nahe verwandter Stammarten umfasst, heißt polyphyletisch , z. B. Würmer, Algen. Polyphyletische Taxa entsprechen nicht dem Anliegen einer phylogenetischen Systematik, sie werden aufgelöst, sobald man sich über die verwandtschaftlichen Beziehungen im Klaren ist (Abb. 8. 1 ).
Abb. 8. 1 Ziel der Phylogenetik ist die Ermittlung von Schwestergruppenbeziehungen zwischen monophyletischen Taxa. Ein monophyletisches Taxon lässt sich auf eine gemeinsame Stammart zurückführen und enthält alle Nachkommen dieser Stammart. Mitglieder einer monophyletischen Gruppe können am Besitz gemeinsamer, im Vergleich zur Schwestergruppe abgeleiteter (das heißt veränderter), Merkmale erkannt werden. Paraphyletische Taxa lassen sich zwar auch auf eine einzige Stammart zurückführen, enthalten aber nicht alle Abkommen dieser Stammart; die begründenden Merkmale sind relativ ursprünglich und kommen auch in anderen Taxa vor. Polyphyletische Gruppen enthalten Nachkommen nicht näher verwandter Stammarten und sind auf konvergente Merkmale gegründet.
Hennig entwickelte eine Methode der phylogenetischen Systematik, mit der sich Stammbäume aufstellen lassen, bei denen jedes Taxon eine monophyletische Verwandtschaftsgruppe darstellt. Dabei zog er aus Merkmalsverteilungen logische Rückschlüsse auf die vorausgegangenen Artspaltungen. Hennig ging stetsvon der Aufspaltung einer Stammart in zwei
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