Tascosa (German Edition)
Weg,
wie er es ihr sagen würde. Sollte er nach Tascosa gehen? Sollte er jemand
anderes schicken? Vielleicht Randy? Ein Telegramm schicken? Einen Brief
schreiben? Und überhaupt, was würde er sagen? Als die Sonne aufging, hatte er
endlich einen Entschluss gefasst. Er ging zu den Baracken zurück.
"Hast du Papier? fragte er Randy.
"Ich muss einen Brief schreiben."
"Klar. Hier." Randy gab ihm Papier
und Stift und ging dann weg, damit Nate allein sein konnte.
Als er den Brief fertig hatte und ihn in den
Postsack gesteckt hatte, wusste er doch, dass er nicht wirklich gesagt hatte,
was er meinte. Aber mit McLeod auf der Bildfläche dachte er, es wäre besser,
erst mal die Lage zu testen. Wenn sie erst mal wüsste, dass er lebt, war er
sicher, dass sie sofort zu ihm gerannt käme. Seine Arme sehnten sich danach,
sie wieder zu halten. Es gab so viel, was er ihr sagen wollte.
* * *
Als Brian Nate's Brief gelesen hatte,
schwenkte er ihn in der Luft. "Du solltest nicht so schockiert sein. Nicht
in deinem Zustand."
"Geht mir schon besser." Amanda lächelte
über seinen besorgten Blick. "Darf ich ihn bitte zu Ende lesen?"
Er gab ihn ihr widerstrebend und sah ihr zu,
wie sie ihn langsam las. Als sie fertig war, gab sie ihn wie betäubt zurück.
"Könntest du dich bitte drum kümmern? Ich … ich weiß nicht, was ich ihm
sagen soll."
"Natürlich. Mach dir darum keine
Sorgen." Er steckte den Brief in seine Tasche und sagte: "Ich hab
heut Spätnachmittag in der Stadt einiges zu erledigen. Wart nicht mit dem
Abendessen auf mich."
"In Ordnung." Amanda sah ihm nach und
setzte sich ans Fenster um nachzudenken. Ihr Herz schlug wild bis zum Hals, ihr
Kopf drehte sich. Nate lebt! Lieber Gott im Himmel! Er lebt! Wie kann er von
dem Baby wissen? Und von meiner Heirat? Es dauerte ein Moment, bis sie an
ihren Brief an Randy dachte, und Gewissensbisse überkamen sie. Was hab ich
nur getan? Was soll Nate von mir denken? Tränen stiegen zwischen den
Wimpern auf und rollten die Backen runter, Tränen der Freude und auch der
Angst. Was war das für ein grausamer Scherz?
* * *
Brian war froh, dass er den Brief für sie
beantworten sollte. Es zeugte von ihrem Vertrauen zu ihm, aber sein Herz war
erfüllt von kalter Wut und plötzlicher, bitterer Eifersucht. Nate war jetzt
seit Monaten tot. Wieso hat er so lange gebraucht, um zu den Lebenden
zurückzukehren? Warum konnte er nicht einfach tot bleiben? An Brian's
Horizont einer glänzenden Zukunft erschienen plötzlich gefährliche
Gewitterwolken.
Den ganzen Tag arbeitete er besessen und
versuchte etwas von seiner Wut und auch, wenn er es ehrlich eingestand, seiner
Angst loszuwerden. Dennoch half es nichts. Sogar dass er mit bloßem Oberkörper
zusammen mit seinen Arbeitern die Zäune reparierte, brachte ihm keine
Ablenkung. Mit jedem Hammerschlag wuchs sein Zorn.
* * *
Als Amanda an diesem Abend zu Bett gehen
wollte, blieb sie vor ihrer Kommode stehen und hob den Deckel von ihrem
Schmuckkasten. Sie betrachtete den Inhalt für einen langen Augenblick und
fasste dann einen Entschluss. Sie wickelte Nate's Ring aus, schob ihn auf eine
Kette und legte sie sich um den Hals, unter die Kleider, ganz nah am Herzen.
* * *
Lieber Mr. Bradford, Meine Frau und ich
haben uns gefreut zu hören, dass Sie diese traumatische Prüfung Gottes überlebt
haben. Ich hoffe, Sie sind wieder genesen und erfreuen sich bester Gesundheit.
Danke für Ihre Glückwünsche zu unserer Vermählung. Ich kann Ihnen sagen, dass
kein Mann mit seiner Frau glücklicher sein kann als ich es bin.
Auch ich möchte Sie um einen Gefallen
bitten. Bitte schreiben Sie in Zukunft nicht mehr an Mrs. McLeod. Es regt sie
gewaltig auf und ich muss mich um ihr Wohlbefinden und das des ungeborenen
Kindes sorgen.
Ich verstehe Ihr Interesse an dem Kind und
werde Sie über die Geburt informieren.
Mit
besten Grüßen,
Brian
McLeod
Nate las den Brief zweimal durch und warf ihn
erbittert ins Feuer. Das war's dann wohl. Sie würde ihm noch nicht mal mehr
schreiben — was er ihr auch nicht vorwerfen konnte. Er hatte eine Menge
wiedergutzumachen.
* * *
Zwei Tage nachdem Brian an Nate geschrieben
hatte, fand er im Postsack einen an Nate adressierten Brief, der Amanda's
Handschrift trug. Er riss ihn mit grimmigem Blick auf.
Mein liebster Nate,
Du kannst dir meine Freude nicht
vorstellen, als ich herausgefunden hab, dass du lebst! Ich hatte einen solchen
Schock, als ich deinen Brief gelesen hab,
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