Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)
außer Sichtweite bleiben soll, tritt sie schon hinter einer der Säulen hervor und genau in die Schusslinie hinein. Sie hält etwas hinter ihrem Rücken verborgen und macht große Augen. »Ich habe das Ding hier«, sagt sie mit hoher, deutlicher Stimme. »Tun Sie Tate nichts.«
Brayton streckt die Hand aus. »Dann gib her.«
»Fangen Sie.«
Christina wirft die Gatorade-Flasche hoch in die Luft. Unter dem Druck der chemischen Reaktion, die in ihrem Inneren vonstattengeht, schwillt die Flasche wie ein Ballon an und erreicht die Größe eines Fußballs, als sie über uns schwebt. Brayton folgt ihr mit dem Blick, er blinzelt, als er sie in den schräg fallenden Sonnenstrahlen des Spätnachmittags aus den Augen verliert. Ich ducke mich und hechte zu Christina hinüber. Gerade noch rechtzeitig ziehe ich sie mit mir hinter die nächste Säule, wo ich ihren Kopf gegen meine Brust drücke – genau in dem Moment, in dem die Flasche direkt über Braytons Kopf explodiert.
Mir klingeln die Ohren, als ich Brayton schreien höre, während die Golfhemden-Gang das Feuer eröffnet. Christina wimmert und drückt sich gegen den Beton. Ihre Muskeln sind angespannt, von ihrer Angst einzementiert. Sie ist wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Und ich kann ihr keinen Vorwurf machen. Das ist schon das zweite Mal, dass heute auf sie geschossen wird, und irgendwann ist es einfach zu viel.
Ich versuche noch zu entscheiden, ob ich sie mitschleife, rechne mir aus, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass wir in der halben Sekunde, die wir brauchen würden, um von einer Säule zur nächsten zu rennen, durchlöchert werden, als ich das Kreischen von Reifen höre. Ich spähe um den Betonpfeiler herum und entdecke einen schwarzen Kleinbus, der auf der Zufahrtsstraße scharf abbremst, genau zwischen uns und der Golfhemden-Gang. Die Beifahrertür klappt auf, genauso wie mein Mund.
Es ist meine Mom.
»Steigt ein!«, ruft sie, als Braytons Männer wieder anfangen zu schießen.
Halb trage ich Christina zu dem Wagen, der an der Fahrerseite von mehreren Kugeln getroffen wird. Aber sie gehen nicht durch. Weder durch das Glas noch durch das Metall.
Es ist kugelsicher.
»Mach die Tür zu, Tate. Und schnall dich an«, sagt meine Mutter ruhig.
Ich tue, was sie sagt, und schnalle auch Christina an, die wie gebannt auf Brayton starrt, der seine Pistole erhebt und schießt – direkt auf ihr Gesicht, auch wenn ich weiß, dass er es durch die dunkel getönten Scheiben nicht sehen kann. Mit einem lauten Knall prallt die Kugel von dem Glas ab und sie schreit auf, zu Tode erschrocken.
Das werde ich ihm eines Tages heimzahlen.
Zwei aus der Golfhemden-Gang landen auf der Motorhaube. Meine Mutter lässt den Motor aufheulen und wir jagen vorwärts. Doch die beiden halten sich fest. Ich sehe etwas Rotes im Rückspiegel aufblitzen und werfe einen Blick nach hinten. »Mom, die Polizei …«
»Aussitzen.«
Sie klappt einen kleinen Plastikstreifen am Armaturenbrett auf und drückt mit dem Finger auf den dahinter versteckten Knopf. Das Ergebnis tritt umgehend ein. Die zwei Gangster in den Golfhemden pressen sich die Hände auf die Ohren und meine Mutter reißt das Lenkrad nach links, dann nach rechts und wirft sie beide ab. Ich starre sie an, als wir vorbeirasen, auf das Blut, das zwischen ihren Fingern hervorschießt.
»Das hat mir dein Vater vor ein paar Jahren installiert«, sagt sie. »Hochleistungsschallwellen, um das Gleichgewicht zu stören und das Trommelfell zu ruinieren. Sie werden nicht in der Lage sein, uns zu verfolgen.«
Ich starre aus dem Rückfenster und sehe, dass die Cops ihre Fahrt verlangsamen und in der Nähe der Tigerstatuen anhalten, wo Brayton und ein paar seiner Lakaien auf den Stufen und auf dem Rasen verstreut sind. Meine Mom beschleunigt gleichmäßig und jagt dann um eine Ecke. Ihr Blick huscht zum Rückspiegel. »Alles klar bei dir?«
Sie sieht nicht mich an. Sie sieht Christina an.
»Ja«, sagt Christina mit schwacher Stimme. Sie hat die Arme so um ihren Körper geschlungen, dass es mir wehtut.
Meine Mom biegt in die nächste von Bäumen gesäumte Straße ein, eine zweispurige Fahrbahn mit Schildern, die darauf hinweisen, dass wir uns in der Nähe eines Staatsparks befinden. Das ist nicht der Weg zu ihrem Haus. »Tate, bitte klär mich mal auf. Wo ist dein Vater?«
Ich kann ihr das jetzt nicht sagen. Ich starre aus dem Fenster. »Wo fahren wir hin?«
»In ein sicheres Haus.«
»Eines, das Black Box gehört?«
Sie lacht
Weitere Kostenlose Bücher