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Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)

Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)

Titel: Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jury , S.E. Fine
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hab sowieso keine Ahnung, was ich sagen soll.
    Wir sind jetzt etwa fünf Autolängen von dem Cop entfernt. Der Verkehr drängt sich auf eine Spur. Wir müssen uns einfädeln. Ich hoffe wirklich, dass der Cop den Narben an der Seite unseres Wagens keine allzu große Beachtung schenkt. Vielleicht denkt er, wir sind in einen Hagelschauer geraten. Wenn nicht, sind wir geliefert. Ich winde den Rucksack aus Christinas Griff, schiebe ihn auf den Boden und stopfe ihn unter den Beifahrersitz.
    »Hier«, sagt Christina und reicht meiner Mutter den Autoadapter für ihren iPod. Meine Mom sieht sie komisch an, nimmt ihn aber dann und stöpselt ihn ein. Dann tippt Christina auf ihrem iPod herum und ein paar Sekunden später ertönen die lebhaften Klänge ihrer nach Kirschen schmeckenden Popmusik.
    »Wir sollten es vielleicht vermeiden, wie Flüchtlinge auszusehen.« Mutig klopft sie meiner Mom auf die Schulter. »Singen Sie mit, Frau Dr. Archer.«
    »Oh, im Moment bin ich nicht Frau Dr. Archer«, sagt meine Mutter und greift in ihre Tasche. »Ich bin Andrea Parande, wohnhaft in Garden City.« Sie zieht einen Führerschein hervor. Meine Mom war offenbar auf diese Eventualität vorbereitet.
    »Wenn der Polizist fragt, sagt ihr einfach, ihr habt eure Pässe nicht dabei.« Sie zieht eine Augenbraue hoch. »Ich denke, dein Name sollte …«
    »Will«, schlage ich vor. »Lasst uns mal nicht durchdrehen.«
    »Und ich bin Miranda Hopkins«, erklärt Christina, während sie über den kompletten Sitz rutscht. Sie legt mir einen Arm um die Schultern und verwuschelt meine Haare, nur um sie beiläufig über den Schnitt an meiner Augenbraue zu legen. »Entspann dich, Will. Du siehst aus, als würdest du gleich explodieren«, flüstert sie. Dann singt sie mir sanft ins Ohr, und die gehauchten Wörter sorgen dafür, dass es mir kalt den Rücken hinunterläuft. Es fühlt sich an, als sei es ewig her, dass sie mich so berührt hat, obwohl es bloß vierundzwanzig Stunden waren. Ein Ruck durch mein Nervensystem. Ein guter.
    Ich werfe einen Blick nach vorn und lache, trotz allem. Meine Mom nickt im Takt der Musik und trommelt mit den Fingern auf dem Lenkrad herum. Sie lässt das Fenster auf der Fahrerseite hinunter, als gäbe es nichts auf der Welt, was sie bedrückt. Christina kuschelt ihr Gesicht an meinen Hals und verbirgt es so vor dem Cop. Ich neige den Kopf und atme sie ein; obwohl ich weiß, dass sie eine Show abzieht, bin ich bereit, alles zu nehmen, was sie mir jetzt gibt. Und das muss ich auch, um mein Gesicht zu verstecken, während ich flehe, dass wir nicht verhaftet werden. Ich lege einen Arm um Christina und verknote ihre Finger mit meinen, wobei ich sie dicht an mich heranziehe, während der Minivan sich zentimeterweise vorwärtsbewegt.
    Und dann sind wir an der Reihe. Langsam rollen wir an dem Cop vorbei. Meine Mutter sieht ihn direkt an und hält ihren Ausweis hoch, für den Fall, dass er einen Blick darauf werfen will. Christina hat ihr Gesicht an meinem Hals vergraben. Meine Hand ist in ihrem Haar, hält sie dort fest, und mein Blut verwandelt sich in ein strömendes Durcheinander von widersprüchlichen Signalen, stufenförmigen Fluten von Endorphinen und Adrenalin, Cortisol und Dopamin.
    Der Cop wirft durch Moms geöffnetes Fenster einen Blick auf uns. Ich kann bis unter die Krempe seines Hutes schauen. Ich kann seine Augen sehen.
    Sie sind auf Christina gerichtet. Dann hebt er den Blick, schaut von ihr zu mir und feixt. Er nickt mir kaum merklich zu und winkt uns durch.
    Meine Fresse.
    Plötzlich löst sich alles in mir, ich hebe Christinas Kinn an und küsse sie, feste, fester, als ich sollte, weil ich keine Idee habe, was ich sonst mit der Energie anfangen soll, die sich in der letzten halben Stunde in mir angestaut hat. Sie macht mit, als bräuchte sie es genauso, als würde sie mich aus demselben Grund benutzen.
    Doch dann weichen wir gleichzeitig zurück, weil wir irgendwie beide wissen, dass es da noch Dinge zu klären gilt, die nicht mit einem Kuss aus der Welt zu schaffen sind. Christina sieht mich entschuldigend an und küsst mich auf die Wange, bevor sie wieder den Sitz entlangrutscht. Ich werfe einen Blick in den Rückspiegel und sehe, dass Moms Blick mit einer Intensität auf der Straße haftet, die mir verrät, dass sie die ganze Sache beobachtet hat. Ich wische mir über die Lippen und wünsche mir, ich hätte an ihre Anwesenheit gedacht, bevor ich meiner Freundin die Zunge in den Mund gesteckt habe.
    Mom

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