Tatort Doppelbett
knutschten ein bißchen, und er küßte mich wieder und ich — na ja, ich ging dann ziemlich scharf ran. Er kam auch ganz schön in Fahrt und hätte ruhig weitergehen können, aber das tat er nicht. Er war so verdammt nett, ließ mich einfach los und startete den Wagen.«
»Und dann?«
»Nun, ich — Sie wissen ja, wie das ist, oder vielleicht wissen Sie's auch nicht, aber ich war ein bißchen...«
»Enttäuscht?«
Sie überlegte. »Nein, nicht direkt enttäuscht, aber eigentlich hatte ich das Stoppzeichen geben wollen, und daß er's gab, wurmte mich. Offengestanden, Donald, mir war so was noch nie passiert. Es war genau umgekehrt wie sonst. Aber dann, als er losfuhr und plötzlich in die Zufahrt zum Motel einbog, da wurde mir seine Absicht klar, und irgendwie mochte ich es, daß er mein Einverständnis als gegeben voraussetzte. Sein Vorgehen war so überlegen, so selbstsicher.
Sehen Sie, Donald, es gibt Fragen, die ein Mädchen in gewissen Situationen haßt. Beispielsweise die Frage, ob es in einem Motel absteigen möchte, wobei sich alles Weitere von selbst versteht. Und noch eins: Ich kann's nicht leiden, wenn man mich begrapscht.«
»Aber seine Masche gefiel Ihnen, wie?«
»Nun ja, ich sagte mir: >Sieh an, der kennt sich aus, der hat Erfahrung, bei dem bist du in guten Händen.< Außerdem war ich einsam und ungebunden. Warum also nicht? Folglich sagte ich keinen Mucks.«
»Und dann?«
»Dann fragte er sehr höflich, ob ich so nett wäre, uns einzutragen.«
»Was Sie auch taten?«
»Ja. Ich ging ins Empfangsbüro, trug uns ein und sagte, wir wären von San Franzisko herübergefahren und sehr müde, dabei kam es mir so vor, als guckte mich der Angestellte prüfend an. Irgendwo hatte ich mal den Namen Carleton Blewett gehört und mir gemerkt, und weil ich wußte, daß mein Begleiter Carleton hieß, trug ich uns als Mr. und Mrs. Carleton Blewett aus San Franzisko ein. Dann gingen wir zum Bungalow, und der Boy wollte unser Gepäck aus dem Wagen holen, aber Carleton sagte ihm, das würde er später selbst machen. Natürlich hat der Boy kein Wort davon geglaubt. Ich könnte wetten, daß er auf der Stelle zum Empfang zurückgewetzt ist und dort gemeldet hat, daß wir kein Gepäck hätten.«
»Wie ging's weiter?«
»Sobald wir in der Kabine waren, brachte Carleton eine Flasche Whisky zum Vorschein, und das war ein Fehler. Zum Essen hatte ich Champagner getrunken. Für guten Champagner hab' ich eine Schwäche, und ich mag auch alles, was damit zusammenhängt — das gedämpfte Licht, Romantik, einen kleinen Flirt, na, Sie wissen schon.«
»Aber der Whisky ging Ihnen gegen den Strich?«
»Ja.«
»Tranken Sie keinen?«
»Doch, aber ganz wenig. Carleton telefonierte um Gläser und Eis, und der Mann, der alles brachte, war kein Boy. Ich glaube nicht, daß Carleton etwas merkte, aber mir fiel es sofort auf.«
»Kein Boy?«
»Nein, es war der Hausdetektiv.«
»Was geschah?«
»Na, er nahm uns unter die Lupe und verschwand wieder. Ehrlich gesagt, ich rechnete fest damit, daß jeden Moment das Telefon läuten und man uns höflich an die Luft setzen würde, weil wir kein Gepäck dabei hatten. Und deshalb trödelte ich noch eine Weile herum. Ich ging ins Bad und kämmte mich, und Carleton machte zwei Drinks zurecht, und weil ich nur einen Schluck trank, kippte er zuerst seinen und dann meinen. Als er sein Glas wieder vollgoß, wurde mir plötzlich klar, daß der Whisky ihm nach dem Champagner nicht gut bekam. Sein Gesicht wirkte mit einemmal so aufgedunsen und fleckig und — also, ich weiß selbst nicht recht warum, aber der Bursche gefiel mir nicht mehr.«
»Und?«
»Dann fing er an mich zu tätscheln, und das gab mir den Rest. Vorher hatte er etwas Weltmännisches gehabt, und wenn er das beibehalten hätte, wäre alles okay gewesen. Aber jetzt benahm er sich plötzlich plump und gewöhnlich und behandelte mich wie die erstbeste Nutte; da langte es mir. Ich griff mir meine Handtasche und machte mich aus dem Staub.«
»Was taten Sie?«
»Telefonierte nach einem Taxi und fuhr nach Haus.«
»Okay, und was werden Sie der Polizei erzählen?«
»Die Wahrheit, soweit es mich betrifft.«
»Und wie steht's mit Carleton Blewett?«
»Sie sind Carleton Blewett. Das ist natürlich nicht Ihr richtiger Name, aber ich werde der Polizei erzählen, daß Sie der Mann sind, mit dem ich am Samstag im Motel war, daß wir Streit bekamen, als Sie zuviel tranken, und daß ich Sie sitzenließ. Später hätten Sie mich dann
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