Tatort Mosel
verständigte er Grabbe, der dem Mann vom LKA zur Hand gehen sollte.
»Möchtest du heute etwas Leckeres zu Mittag essen?« Walde entspannte sich sofort, als er Doris’ Stimme am Telefon hörte.
»Gern.«
»Und auch etwas Gutes trinken?« Sie hatte ihren verführerischen Ton gewählt.
»Jaaah.«
»In einer dreiviertel Stunde bei mir?«
»Ich freue mich.«
Vierzig Minuten später bog Walde von der Christophstraße in den Hof vor dem grauen Gebäude ein, in dem Jo arbeitete. Jo besaß weder einen Wagen noch einen Führerschein. Dennoch verfügte er hier im Hof über einen eigenen Parkplatz. Das Schild Kommissar für Reblausbekämpfung hielt offensichtlich Unbefugte ab. Von Zeit zu Zeit stand ein Dienstwagen für Jo bereit, mit dem er sich chauffieren ließ. Marie, seine Frau, parkte ihren 2-CV-Kastenwagen hier, wenn sie etwas in der Nähe zu erledigen hatte. Heute war der Platz frei. Walde beeilte sich beim Verlassen des Hofs, bevor er von Jo gesehen wurde.
Doris trug ein geblümtes Sommerkleid.
»Neu?«, fragte Walde zur Begrüßung und gab ihr einen Kuss. »Steht dir gut!«
Ihr Parfüm wurde vom Duft nach Dampfnudeln überlagert.
»Gefällt es dir?«
»Hmh, vielleicht ein wenig zu lang«, bemerkte er.
»Zu Hause ein halber Meter zu lang und draußen ein Meter zu kurz, stimmt’s?«
Sie hatte den Tisch auf dem kleinen Balkon gedeckt, der windgeschützt in der Sonne lag.
»Ich hab mit Leo gesprochen, er ist einverstanden. Beim Anwalt war ich auch schon, die Scheidung läuft.«
»Und wie fühlst du dich?«
»So, als würde ich von einer Last befreit, als könne etwas Neues beginnen.«
»Eine neue Last?«, fragte Walde.
»Wer weiß?« Sie verschwand in der Küche.
Es gab Dampfnudeln mit Weinsauce, Waldes absolutes Leibgericht. Die Dampfnudeln schmeckten phantastisch. Zu seinem Bedauern musste er sich nach der dritten Portion dem begrenzten Volumen seines Magens fügen.
Ihren Espresso tranken sie friedlich nebeneinander auf der Holzbank sitzend zu den Klängen von DePhazz, die dezent durch die offene Tür des Wohnzimmers drangen.
»Und, hat’s geschmeckt?«
»Das hast du ja wohl gesehen! Ich platze gleich.«
»So gut wie bei deiner Mutter?«
»Besser!« Er küsste ihren Hals. »Fast so gut wie bei Tante Martha.«
»Wie bitte?«
»Aber die hatte nicht so schöne Beine wie du.«
»Musst du heute nicht mehr arbeiten?«
»Wie wär’s mit einer Nachspeise?«
»Was wünscht der Herr?«
»Was ganz Süßes.«
»Vegetarisch?«
»Nein, es kann ruhig etwas Fleisch dran sein.«
»He, wo hast du denn deine Hand? Wir sind hier auf dem Balkon, wo jeder hingucken kann.«
»Dann gehen wir halt rein.«
»Spülen?«
»Das können wir nach dem Dessert erledigen«, hauchte er ihr so nah ins Ohr, dass sie schauderte.
*
Über Walter Hirschner, Niko Haupenberg und Roland Kurz zogen dicke Rauchschwaden in Richtung der Deckenlüftung, die die übrigen Gäste im Le coq rouge vor dem Geruch der teuren Havannas bewahrte.
Die drei Männer hatten noch kein Essen bestellt. Sie tranken Kaffee.
Haupenberg räusperte sich und sagte, an seinen wichtigsten Klienten gewandt: »Ich habe Schorsch im Polizeipräsidium abholen müssen und mit diesem Kommissar Bock gesprochen …«
»Ich auch«, sagte Kurz und trank auf einen Zug seine Tasse leer.
»Ich habe gleich einen Termin mit dem Mann«, sagte Hirschner, der bisher geschwiegen hatte.
»Dann scheint die Kripo das ähnlich zu sehen wie ich.« Haupenberg stippte Asche von seiner Zigarre. »Wir waren fünf im Vorstand des Aktivkreises , wir alle haben den gleichen Brief erhalten und jetzt sind zwei tot.« Haupenberg blickte seine beiden Gesprächspartner nacheinander mit ernster Miene an. »Dem brauche ich wohl nichts mehr hinzuzufügen.«
»Aber was haben wir denn getan?«, fragte Kurz im Tonfall eines Kindes, das sich ungerecht behandelt fühlt.
»Das ist nicht relevant. Fakt ist, dass wir uns schützen müssen.« Niko Haupenberg legte seine Zigarre in den Ascher. »Und komm mir jetzt nicht mit der Polizei, die auf uns aufpassen soll«, sagte er zu Kurz gewandt. »Ich bin wirklich kein Angsthase, aber ich werde mich ab sofort auf die neue Situation einstellen. Ich habe alle Termine für die nächsten Tage abgesagt. Ansonsten werde ich den Umstand nutzen, dass mein Penthouse mit allem ausgestattet ist, was ich zum Arbeiten brauche.« Haupenberg senkte die Stimme. »Außerdem bin ich für den Notfall gewappnet.« Er nahm die Zigarre wieder aus dem
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