Tatort Mosel
Aschenbecher. Sie war erloschen. »Im Ernst, ich habe eine Knarre, offiziell, mit Waffenbesitzkarte, versteht sich, nicht nur den Säbel, den ich beim Bankett in der Burg getragen habe, zu dem du ja leider nicht kommen konntest, Walter.«
Kurz war immer noch mit sich selbst beschäftigt: »Was soll ich machen, ich kann mich nicht zu Hause einigeln, ich bin viel zu Kunden unterwegs, da gibt es etliche Möglichkeiten, mir aufzulauern und …«
»… hau ab, mach Urlaub, von mir aus last minute.« Haupenberg lachte. »Bevor dir hier dein letztes Stündlein schlägt. Obwohl meine Trauer nicht sehr groß wäre …«
»… ich habe keinen Einfluss auf unsere Redaktion. Tut mir Leid, was da geschrieben wurde. Das schadet auch dem Aktivkreis.« Kurz machte ein leidendes Gesicht.
Haupenberg wurde laut: »Dass ich nicht lache, in meinem Job spielt Vertrauen die allergrößte Rolle, und wenn in der Zeitung steht, dass ich Kundengelder veruntreut haben soll, kann ich einpacken.«
»Es wurde kein Name genannt«, warf Kurz ein.
»Welcher Trierer Wirtschaftsberater und Anwalt fährt einen Maybach und wohnt in einem Penthouse aus Glas? Das ist wirklich schwer zu erraten, wer hinter dem H. in eurer Zeitung steckt.« Haupenberg zog wieder an der kalten Zigarre.
Kurz wurde nun ebenfalls lauter: »Sag mal, seit Wochen weiß die halbe Stadt, dass du wegen Veruntreuung und Unterschlagung vor Gericht musst. Du prügelst den falschen Hund. Die Zeitung ist nicht daran schuld, dass du deine Kunden verlierst.«
»Schöne Freunde, ich dachte, der Aktivkreis wäre dazu da, dass man sich gegenseitig unter die Arme greift.« Haupenberg schaute zu Hirschner. »Walter, dich einmal ausgenommen.«
»Niko, tut mir Leid«, Hirschner klang vollkommen emotionslos. »Ich bin ebenfalls gezwungen, bevor die Sache nicht vom Tisch ist, unsere Zusammenarbeit ruhen zu lassen.«
»Das muss ich mir nicht bieten lassen, auch nicht von dir. Gerade nicht von dir …« Haupenberg stand auf. Dabei schlug sein Stuhl mit einem Knall nach hinten auf den Parkettboden. Die Gäste an den anderen Tischen, die sich bisher trotz des laut vernehmlichen Gesprächs nichts hatten anmerken lassen, hoben nun ihre Köpfe und schauten mit unverhohlener Neugier herüber.
*
Unter Waldes Scheibenwischer klemmte ein Zettel:
Vorladung wegen Überschreitens der höchstzulässigen Parkzeit
Es wird um mündliche Stellungnahme gebeten. Persönliches Erscheinen ist erforderlich.
Kommissar für die Bekämpfung von Rebläusen und
Parkplatzschmarotzern
Walde nahm den Zettel und stopfte ihn ins Handschuhfach. Es war spät geworden. Zu allem Übel geriet er auf der Römerbrücke in einen Stau, der sich weiter durch die ganze Aachener Straße zog. Endlich löste er sich aus dem zähen Geschiebe und gelangte in die steil bergauf führende Römerstraße.
Kaum vorstellbar, dass vor zweitausend Jahren über diese schmale Straße der gesamte Verkehr von Trier in Richtung Norden lief. Es brachte nichts, auf den letzten Metern Gas zu geben. Er war mehr als eine halbe Stunde zu spät dran. Oben kam ihm im Engpass zwischen den hohen Mauern ein Bus entgegen. Wohl oder übel musste er über hundert Meter zurücksetzen, bis der Bus mit holländischem Kennzeichen an seinem Wagen vorbeikam.
Beim zweiten Anlauf kam Walde unbehelligt durch den Engpass und hätte um ein Haar die Einfahrt verpasst. Die Beschreibung der Mitarbeiterin, mit der er den Termin für das Treffen mit Hirschner vereinbart hatte, war exakt gewesen. In der Kurve bog Walde in eine schmale Zufahrt ein. Zwischen hohen Mauern steuerte er auf ein dickes Stahltor zu, das mit schmiedeeisernen Verzierungen versehen war.
In einer Wagenlänge Abstand zum Tor stand eine Säule, die sehr der Aluminiumstele vor Fellrichs Büro ähnelte. Jetzt fiel Walde ein, woran sie ihn erinnert hatte. Ähnliche Geräte standen in den Auffahrten zu den McDrive-Stationen von McDonalds.
Walde ließ die Scheibe herunter und hielt an der Säule an. Cheeseburger, mittlere Pommes mit Ketchup und eine Cola oder doch lieber ein Gemüsemac? Er geriet in einen Zustand, in dem er für Sekunden zwischen Halbschlaf und Tagtraum pendelte.
»Herr Bock?«
»Ja?« Er schaute in die Kamera, die von schräg links oben auf den Wagen gerichtet war.
»Kommen Sie bitte herein.«
Beide Flügel des Tores schwangen auf und gaben den Blick frei auf einen asphaltierten Weg. Walde war überrascht, wie lange er durch einen Park mit gestutztem Rasen und alten Bäumen
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