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Tatort Mosel

Tatort Mosel

Titel: Tatort Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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drehte mitten auf der Straße und fuhr gegen die Einbahnstraße zurück. Als sie bei Rot aus der Karl-Marx-Straße die vierspurige Uferstraße kreuzte und mit vollem Risiko auf die Römerbrücke schoss, sah Walde von links den Sattelschlepper volle Kanne auf die grüne Ampel zujagen. Vielleicht hatte der Lkw-Fahrer kurz vorher drei Sekunden verloren, um sich eine Zigarette anzuzünden, sonst würde er jetzt ein deformiertes Blechknäuel vor sich herschieben, das einmal ein BMW -Roadster war.
    Walde las das Dossier, das Ströbele über Hirschner angelegt hatte. Er hatte keine Zeit, sich die anderen anzusehen. Aber dieser Ströbele musste besessen sein, wenn er zu einer derart akribischen Recherche in der Lage war.
     
    Wenige Zentimeter hinter dem Wagen ihrer Kollegen kamen sie zum Stehen. Die beiden standen vor dem Tor. Ein starker Scheinwerfer strahlte hoch oben vom Mauersims der Einfahrt das Tor an.
    »Nichts, es reagiert niemand, ich glaube, die Klingel ist abgestellt«, sagte einer der beiden Männer, die Walde nicht kannte.
    »Habt ihr schon drinnen angerufen?«, fragte Walde.
    Der andere nickte: »Keine Reaktion.«
    »Versucht es weiter und ruft Verstärkung mit Gerät, um über die Mauer zu kommen.« Walde betrachtete das Metalltor, das mindestens drei Meter hoch war. Oben schloss es mit einer Reihe nicht sehr einladender Zacken ab.
    »Könnte mir bitte jemand eine Räuberleiter halten.«
    »Hast du eine Waffe?«, fragte Gabi.
    Einer der Polizisten hatte sich mit dem Rücken ans Tor gelehnt, die Hände ineinander verschränkt und die Knie leicht gebeugt. Walde stieg hinauf, stützte sich an den Schultern des Polizisten ab, bevor er nach oben fasste, während ihn der Kollege ächzend nach oben hob. Walde bekam die Kante des Tores zu fassen. Er spürte die befürchteten scharfen Zacken nicht, aber das Metall war nass. Seine Schuhe würden an dem glatten Tor keinen Halt finden, um die Beine hoch zu hangeln.
    »Darf ich auf Ihre Schultern?«, fragte er zum Kollegen hinunter.
    »Okay.«
    Walde tastete, bis er eine Position gefunden hatte, in der er sein volles Gewicht auf die Schulter des Mannes verlagern konnte. Gleichzeitig stemmte der Kollege von unten mit den Händen seinen Fuß in die Höhe.
    Walde verschnaufte. Dann schwang er sich seitwärts nach oben. Sein linker Fuß kam über das Tor. Er hangelte sich weiter, bis er die Zacken in der Kniekehle spürte. Für einen Moment schoss ihm durch den Kopf, dass er jetzt noch zurück konnte. Schließlich setzte er zum Schwung an. Die Spitzen taten weniger weh, als er erwartet hatte. Dafür schlug er auf der anderen Seite mit seiner ganzer Körperlänge gegen das Tor. Er hatte nicht den Mut gehabt loszulassen. Seine Knie und Hüften klatschten brutal gegen das Metalltor. Er löste seine Hände und landete einen Meter tiefer hart auf dem Pflaster.
    Um ihn herum war es dunkel. Noch dunkler als vorhin in Ströbeles Krankenzimmer. Walde horchte. Über ihm raschelte es. War es der Wind oder ein Tier in den Bäumen? Er wartete, bis seine Augen sich von dem hellen Scheinwerferlicht erholt hatten.
    »Alles klar?«, wurde leise von der anderen Seite gefragt. »Okay!«, gab Walde noch leiser zurück. Dabei klopfte er leicht ans Tor.
    Bei den ersten Schritten spürte Walde, dass er keine Verletzungen davongetragen hatte. Alle seine Sinne waren aufs Äußerste sensibilisiert. Er trat weich auf, stets die dunkle Umgebung im Auge behaltend, die Arme angewinkelt, die Muskeln angespannt. Ein Wagen stand mitten auf dem Weg. Von den Ausmaßen her musste es Hirschners Mercedes sein. Gab es keine Garage? Der Weg ging in feinen Kies über. Keine sehr dicke Schicht, denn darunter war fester Untergrund zu spüren. Walde wich dem Kies aus und ging nun neben dem Weg her. Ein höllischer Schmerz durchzuckte sein Schienbein. Er war gegen etwas gestoßen. Walde blieb stehen und rieb sich sein lädiertes Bein. Erst dann tastete er nach dem Hindernis. Es musste eine Lampe sein, die den Weg beleuchten sollte.
    Das Haus nahm seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Wie ein Gespensterschloss hob es sich gegen den sternenlosen Nachthimmel und das fahle gelbliche Licht der Dunstglocke über der Stadt ab.
    Gebückt schlich er auf den dunklen Klotz zu. Am Aufgang zur Terrasse lag etwas. Walde spürte, wie sein Herz zu klopfen begann. Er bückte sich noch tiefer herunter und schlich langsam darauf zu. Immer wieder schaute er sich um. Das Blut rauschte in seinen Ohren. Es war ein gekrümmter Körper. Walde

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