Tatort Oktoberfest (German Edition)
Fernseher. Ein Musikkanal läuft und verbreitet eher Lärm als Musik. „So, Ludwig, jetzt bitte ich dich, das hier zu unterschreiben. Wie schon gesagt, sicher wird dich mein Kollege, der Hauptkommissar Wimmer, noch persönlich dazu befragen. Aber du brauchst keine Angst deswegen zu haben. Ich gehe dann“, sagt er und erhebt sich. „Tut mir leid.“
„Musst du ins Präsidium?“
„Nicht gleich, ich möchte noch einen Stecker für das Smartphone besorgen und noch etwas prüfen.“
„Ick hab nen Stecker, der passt“, meldet sich Ludwig.
„Ja? Dann …“
Ludwig schwingt sich aus dem Sessel und trottet in sein Zimmer. Kurz darauf kommt er mit einem Stecker wieder. „Hier.“
Di Flavio nimmt das Handy vorsichtig mit einem Taschentuch hoch, sucht eine Steckdose und schließt es an.
„Kann ich noch einen Espresso bei dir bestellen?“ meint er lächelnd zu Julia.
„Sì, Commissario“, erwidert sie ebenfalls lächelnd und verschwindet in der Küche. Er hört die Kaffeemaschine den Kaffee mahlen und Julia mit Geschirr klappern. „Hast du was von Enno gehört? Ich habe vor zwei Tagen mit Ulla telefoniert, sie war nicht sicher, wann sie kommen. Sie waren am Lago Trasimeno.“ Sie stellt die Tasse vor ihm ab.
„Ich wusste gar nicht, dass Enno …“
„Ach so, er hat Urlaub, und da Ulla nicht gern fliegt, haben sie beschlossen, zusammen mit dem Wohnmobil, das irgendjemandem aus Ennos Bekanntschaft gehört, langsam bis München hochzuzockeln. Ulla ist so froh, dass sie Enno mal eine Weile für sich hat. Verständlich.“
„Kenn ick die Ulla, Tante Julia?“
„Noch nicht, Ludwig, aber die Traudl ist ihre Cousine, die kennst du ja. Ulla hat auch einen Sohn, ein paar Jahre älter als du.“
„Und Enno, wer ist Enno?“
„Enno ist ein Kollege von Tino hier, er arbeitet, sagen wir mal als eine Art Undercover.“
„Geil, vielleicht werde ich auch Undercover-Agent. Da verdient man sicher gut, oder?“
„Na ja, ich weiß nicht. Insgesamt zahlt die Polizei nicht so sonderlich gut …“
„Na dann nich, ick will nen Job, bei dem ick Kohle mache. Die Weiber stehen auf Knete.“
Di Flavio lacht. Julia bemüht sich, ernst zu schauen.
„Als Brautechniker, wie viel verdient man da?“
„Oh, du meinst wie Luigi, würde dir so ein Job gefallen?“
„Ja, schon. Schade, dass man mir keinen Hubschrauber geschickt hat, damit hätte ich Eindruck schinden können.“
„Hubschrauber?“ Julia und di Flavio schauen Ludwig verblüfft an.
„Na ja, der Luigi meinte, wenn etwas nicht hinhaut, dann holen sie ihn mit einem Hubschrauber. Weil der Wirt sonst so viel Kohle verliert.“
„Ah ja.“ Der Wirt war in diesem Fall ganz sicher nicht die Zielperson. Erst der Lichtausfall, dann die Bierzuführung. Wer wollte Claudia schaden und sie aus dem Rennen werfen? Interessante Frage. „Hast du jemanden gesehen, der an dem Schlauch manipuliert hat?“
„Nee, ick war ja eingesperrt in det Kabuff mit dem Gas. Beinahe wäre ick alle gewesen, aber dann hamse mich noch gefunden.“
„Was? Um Gottes willen, davon weiß ich ja gar nichts.“
„Na ja, ick hätte da eben nich sein sollen, war meine eigene Schuld.“
Julia ist blass um die Nase geworden. Di Flavio nimmt ihre Hand in seine. „Reg dich nicht auf, Julia, ist ja noch mal gutgegangen.“
Sein telefonino brummt in der Hosentasche. „Entschuldigt mich bitte.“ Erica? Nein, Wimmer. Er geht in den Korridor. „Ja, di Flavio, was gibt es?“
„Wir suchen dich schon, wo treibst du dich eigentlich rum?“
Irgendetwas am Tonfall stört ihn, vielleicht dieses eingeschobene ‚eigentlich‘. „Worum geht’s, Hans? Habt ihr den Mörder von Luigi gefunden und braucht mich beim Verhör?“ fragt er betont sachlich, um sein Unbehagen nicht durchschimmern zu lassen.
„Wann kannst du in der Ettstraße sein? In Heimstettens Wohnung bist du ja offensichtlich nicht.“
„Warte, ich bin … in zwei Stunden bin ich bei euch.“
Im Schlafzimmer prüft di Flavio, ob Luigis Smartphone inzwischen genügend aufgeladen ist. Zum Glück erinnert er sich, dass Luigi bei ihrem letzten Telefonat spöttisch bemerkte, wie einfach seine PIN-Nummer zu knacken sei, weil sich zwei Zahlen wiederholen und sie ihm nannte. „Dann solltest du sie umgehend ändern“, hatte di Flavio noch gescherzt. „Mach ich, wenn ich Zeit habe.“ Anscheinend hatte Luigi keine Zeit mehr gehabt. Er liest die ein- und ausgegangenen SMS und schreibt die Anrufe auf, bevor er Enno anruft. „Geh
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