Tatort Oktoberfest (German Edition)
Frühstücksdirektor spielen. Wie schade. Er kaut auf seinem Bleistift herum, zerbricht ihn, während er ab und an: „Ja sicher, Herr Ochshammer“ murmelt und denkt: Eine kleine Schonfrist hast du noch, bis wir den Strick zusammenziehen. Warte ab. Noch ahnst du nicht, dass dir das Wasser bald bis zum Hals steht und deine schöne Firma Insolvenz anmelden muss, wenn du nicht …
Sein Grinsen wird breiter, während er zuckersüß säuselt: „Natürlich, Herr Ochshammer. Entschuldigen Sie, aber Sie waren doch so beschäftigt mit dem Ausscheidungswettbewerb. Es eilte, und ich dachte, es ist in Ihrem Sinne, dass alle Lieferungen pünktlich rausgehen. Seien Sie dem Cousin Ihrer Frau dankbar, dass er einspringen konnte. Wir sehen uns heute Abend. Ich bin rechtzeitig bei Ihnen. Wir packen das. Der Sieg ist doch so gut wie sicher. Sie können heute die Hände in den Schoß legen. Damit Sie blendend rüberkommen, habe ich nochmals eine neue Ausrüstung bei Herrenloden bestellt, müsste schon bei Ihnen zu Hause angeliefert worden sein. Ich denke, die Sachen werden Ihnen zusagen. Und bitte, vergessen Sie den Termin beim Fernsehen nicht; Sie wissen schon, dieses kurze Feature über Ihr Leben. Der Produktionsleiter hat mein Wort. Seit Ihrer Gegenspielerin der Wind um die Nase weht, geht auch der Sender davon aus, dass Sie das Rennen machen. Sie haben alle hinter sich, Ochshammer. Ich wiederhole mich, wir schaffen das, Ochshammer, und Sie werden der künftige Wiesn-Wirt. Entschuldigen Sie, am besten ich hole Sie in einer halben Stunde ab und fahre Sie zum Sender.“
Zufrieden klappt Kopitzki sein Handy zu, um es dann gleich wieder in die Hand zu nehmen. „Läuft alles wie geplant? Wir können uns keine Fehler erlauben.“ Er steht auf und blickt aus dem Fenster. Am Horizont sieht er die Silhouette des Riesenrades. Es dreht sich langsam und behäbig. Der Himmel leuchtet weiß-blau.
Eine Dreiviertelstunde später schaut Kopitzki Ochshammer nach, der gerade in der Tür zum Fernsehsender verschwindet. Er frohlockt. Für die nächsten zwei bis drei Stunden ist Ochshammer aus dem Weg. Kopitzki reibt sich die Hände. Großer Gott, dieser Typ ist derart hölzern. Ist einfach kein Mann für große Auftritte, hat kein Format, keine Spur von Charisma, zittert wie Espenlaub wie ein Schulbub vor einer wichtigen Klassenarbeit. Viel fehlte nicht, und Ochshammer hätte ihn angefleht, ihm während der gesamten Aufnahmezeit das Händchen zu halten. Er hat Besseres zu tun, das würde nicht in sein Konzept passen. Kopitzki startet seinen BMW, der satte Brummton der starken Maschine erfreut seine Ohren. Das teure Gefährt ist sein erster Meilenstein, Nummer zwei wird in Form von Barem bald sein Konto füllen und Nummer drei? Wird ihm bald gehören. Das Haus am Meer. Seine Zunge fährt genüsslich über die Lippen. Er meint, das Salz auf ihnen zu schmecken. Zum Glück erweist sich der Tod des Brautechnikers Luigi geradezu als Treffer. Alles läuft wesentlich besser, als er es sich ausgemalt hat. Er grinst breit.
Ochshammer gibt sich einen Ruck und strafft seine Schultern. Die letzten Tage haben seinem Selbstbewusstsein Auftrieb gegeben. Zwar war es anfangs nicht einfach, an der Seite dieser schönen Claudia zu kämpfen, aber irgendwie hat er doch stets gewusst, das echt Bayerische hat mehr Bodenhaftung und passt besser zum Oktoberfest als haute cuisine. Trotzdem zittern seine Knie. Der Umgang mit den Fernsehleuten macht ihn nervös und unruhig, ist halt ebenso wenig seine Welt. „Ich bin angemeldet.“
Der Pförtner eilt aus seinem Kabuff, schüttelt ihm die Hand und stammelt: „Aber sicher, Herr Ochshammer. Ich drücke Ihnen die Daumen, Sie gewinnen. Wir voten für Sie.“ Das Wort voten kommt etwas unbeholfen aus seinem Mund. Seine Augen leuchten von der Ehre, den großen Mann zu treffen. Es fehlt nicht viel, und er salutiert. Ein Gefühl des Stolzes erfüllt Ochshammer in diesem Moment und lässt ihn gönnerisch sagen: „Ich zähle auf Sie.“
Er marschiert um einige Zentimeter größer in Richtung Lift. Im dritten Stock erwarten ihn, der Pförtner hat anscheinend seine Ankunft gemeldet, zwei junge Frauen; die eine in weißen Schlangenlederstiefeln bis zum Oberschenkel – ein winziger Streifen Rock bedeckt gerade die Scham –, die andere Lolita präsentiert ihren flachen Bauch wie eine Trophäe. Ihre Jeans hängt unter ihren Beckenknochen, kurz über der Scham, so dass der buschige Pelz bei jeder Bewegung ein Stück weit sichtbar wird.
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