Tatsache Evolution
Flusspferde dar (
Hippopotamus
). Molekularphylogenetische Studien haben, kombiniert mit Fossilfunden, diese Haeckelsche Abstammungshypothese glänzend bestätigt: Die heute Extremitäten-losen Wale sind im Känozoikum (Eozän) aus urtümlichen , vierbeinigen Flusspferd-Verwandten hervorgegangen (Zwischenform
Ambulocetus
, s. Kutschera 2008 a).
Die Rüsseltiere (Ordnung Proboscidea) wurden bei Haeckel (1866) als relativ »weit oben« stehende und daher »hoch entwickelte « Säuger dargestellt, und der Mensch mit Gorilla und Schimpanse »rechts oben« als die »Kronen der Schöpfung« eingezeichnet . Die moderne DNA-Analytik hat Haeckels vermuteten
Homo
-
Gorilla
-
Troglodytes
(Schimpanse)-Verwandtschaftskreis eindeutig belegt (Abb. 9.6 A, B), wobei wir in diesem Zusammenhang über die oben diskutierten Details hinwegsehen wollen (Schimpanse als nächster lebender Verwandter des Menschen).
Führende Evolutionsforscher (z. B. Meyer und Zardoya 2003, Carroll 2006, Donoghue und Benton 2007) haben hervorgehoben , dass molekulare Analysen (DNA-Stammbäume) die aus paläontologischen und morphologisch-anatomischen Befunden abgeleiteten evolutionären Verwandtschaftsverhältnisse verschiedener Organismengruppen
im Prinzip
bestätigt haben, obwohl es in manchen
Details
Diskrepanzen gibt. Diese Differenzen in den Interpretationen »klassischer« und »molekularer « Datensätze (DNA-Sequenzen) liegen in der Natur der wissenschaftlichen Hypothesen- und Theorienbildung begründet . Es werden Modelle rekonstruiert, die im Lichte neuer Erkenntnisse revidier- und erweiterbar sind. Dies soll allerdings nicht bedeuten, dass es nicht auch abgesicherte Erkenntnisse gäbe, die jenseits aller vernünftigen Zweifel zu unserem bleibenden Wissen zählen (z. B. das Erdalter; das Andersartigwerden der Organismen im Verlauf der Jahrmillionen; die Abstammung der Mammalia von Reptil-Säugern usw.).
Fazit: Zwischen den Prinzipien, die Darwin (1859/1872) in Form seiner fünf Theorien formuliert hat, und der modernen »Gen-Forschung«, gibt es keine grundsätzlichen Widersprüche. |285| Das Gegenteil ist der Fall: Darwins Thesen wurden durch molekularbiologische Resultate in allen wesentlichen Punkten bestätigt (Carroll 2006). Der
Tree of Life
, hier in Form einer Koralle veranschaulicht (Abb. 9.3 B), wird daher nahezu ausschließlich auf Grundlage einzelner DNA-Stammbäume erarbeitet . Unsere evolutionäre Geschichte ist in unserem Genom, das wir über unvorstellbar lange Generationen-Abfolgen von unseren Ur-Ahnen, Ahnen und Eltern übernommen haben, niedergeschrieben. Dieses »DNA-Archiv« wird daher zur Rekonstruktion der Verwandtschaftsverhältnisse der Organismen weltweit von Forschergruppen analysiert und irgendwann einmal zur Verwirklichung von »Darwins Traum« führen (Rekonstruktion eines kompletten, gigantischen Stammbaums, der sämtliche rezente Arten der Biosphäre einschließt).
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|286| 10. Das Synade-Modell: Eine integrative Theorie zu den Antriebskräften der Makroevolution
Am 31. Juli 2007, als ich dieses abschließende Kapitel in einer ersten Rohversion entworfen hatte, erhielt ich wieder einmal ein ausführliches »Anti-Kutschera-Schreiben«, in welchem u. a. der populäre Satz »Evolution ist nur eine Theorie« in verschlüsselter Form enthalten war. Nach einer ausführlichen Begründung , warum der Kreationismus in Deutschland
kein
Problem sei, äußerte sich der Autor dieser Anklageschrift, ein Politologe aus Berlin, wie folgt: »Problematisch ist vielmehr der (von Ihnen propagierte) Anti-Kreationismus, der seine quasireligiösen Strukturen nur noch schwer verstecken kann. Zwar steht die Evolutionstheorie auf recht sicherem Fundament; das bezweifeln nur die wenigsten. Doch kann man deshalb behaupten , sie sei eine Tatsache, wie das viele ihrer Befürworter tun? Eine maßlose Behauptung mit Folgen: Erst dieser Dogmatismus nämlich, der Anspruch, dass die Theorie jedweder Diskussion entzogen ist, eröffnet den Raum für kreationistisches Gedankengut und ganz allgemein für alle, die den Absolutheitsanspruch der Evolutionstheorie zurückweisen.«
Wie das in der Einleitung wiedergegebene Zitat (s. S. 15) sind auch diese Ausführungen für einen im Freiland und Labor arbeitenden Biologen unakzeptabel. In Kapitel 2 wurde dargelegt , dass wir seit nahezu 200 Jahren über eine klar umschriebene Methodik des naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinns verfügen, die z. B. in deutschsprachigen Fachbüchern
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